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Asbest und Blei in der JVA Tegel unter der Verantwortung von Knast, BIM, Senat und Justizsenator Behrendt

In der JVA Tegel befindet sich Asbest und Blei, welches absolut gesundheitsschädigend und langfristig lebensgefährlich für die Gefangenen ist. Wir beziehen nachfolgende Informationen aus dem „Lichtblick“, eine Zeitung der Gefangenen der JVA Tegel.

In einem Artikel der zweiten Ausgabe diesen Jahres (S. 4-11) werden viele Fragen aufgeworfen, welche die Öffentlichkeit nicht stellt. Leider beziehen wir aber auch einige Informationen aus einer kleinen Anfrage der AfD an die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung. Natürlich wollen wir uns eine Anfrage der AfD nicht zu eigen zu machen, haben uns allerdings dafür entschieden, die Antworten der Senatsverwaltung in unsere Veröffentlichung einzubinden, weil es a.) vordergründig um die Gesundheit der Gefangenen geht und b.) die Antworten eben von der Senatsverwaltung sind und nicht von der AfD.

Diese hat die kleine Anfrage nicht gestellt, weil sie sich für die Gesundheit der Gefangenen interessiert, sondern „weil viele Angestellte und Bedienstete hier AfD‘ler sind, die die Partei schützen will.“, so ein Gefangener der JVA Tegel. Dahingegen wäre Justizsenator Behrendt (Grüne) für die Gesundheit der Gefangen zuständig. Während sich also die AfD offensichtlich um ihre Kameraden Sorgen macht, geht aus der parlamentarischen Anfrage in Verbindung mit internen Dokumenten und dem Artikel des Lichtblicks hervor, dass Senat und damit der Justizsenator der Grünen, Behrendt, Leib und Leben der Menschen, die unter deren politischen Verantwortung weggesperrt werden, riskieren.

Spätestens seit dem am 07.06.19 veröffentlichten internen Schreiben vom 22.02.19 durch den Twitter Account jvategelberlinleaks ist öffentlich bekannt, dass Beprobungen der Teilanstalt (TA) II der JVA Tegel im Dezember 2018 der Wand-, Sockel und Türanstriche „eine Bleihaltigkeit bei den verwendeten Altanstrichen“ ergaben und dass die „Untersuchung von Baustoffen, die Asbestanteile enthalten können, ergab, dass im Kellergeschoss der Teilanstalt II asbesthaltige Rohrisolierungen vorhanden sind.“

Nach M. Gerlach, Senatsverwaltung für Justiz, heißt es in dem Zusammenhang, dass die Erstellung von z.B. Schadstoffgutachten „im Vorfeld der Umsetzung von Baumaßnahmen durch die BIM GmbH“ erfolgt. Dabei würden „die Bereiche untersucht, die in direktem örtlichen Zusammenhang mit der Baumaßnahme stehen. Im Dezember 2018 wurde die JVA Tegel von der BIM GmbH darüber informiert, dass im Rahmen der geplanten Brandschutzsanierung der TA II vorab ein Schadstoffgutachten beauftragt wurde. Bei den Voruntersuchungen wurden Schadstoffe in Farbbeschichtungen und Rohrisolierungen gefunden (hier: bleihaltige Farbe, asbesthaltige Rohrisolierung).“ Diese Antwort ließt sich so, als ob es nur eine Voruntersuchung gegeben hätte, das konkrete Schadstoffgutachten aber noch ausstehen würde.

Offensichtlich wird hier versucht die Realität zu vertuschen. Das konkrete Schadstoffgutachten steht nämlich nicht aus, es ist ist vorhanden! Das Protokoll vom 22.02.19 enthält nämlich nicht alle Fakten über die Schadstoffbelastung in der JVA Tegel, was daran liegt, dass der JVA nicht das komplette Gutachten vorliegt. Dieses wird teilweise von der BIM (Berliner Immobilienmanagement GmbH) zurückgehalten. Die BIM ist als hundertprozentige Tochtergesellschaft des Landes Berlin als deutscher Immobiliendienstleister tätig. Sie arbeitet im Auftrag des Landes Berlin und ist für die Bewertung, Bewirtschaftung, Optimierung, Vermietung und den Verkauf von landeseigenen Immobilien verantwortlich. Die BIM ist auch für Knäste zuständig.

„Ein Schadstoffgutachten für die TA II liegt der JVA Tegel nicht vor. Die BIM teilt hierzu mit, dass die Herausgabe eindeutig im Ermessen der BIM liegt. Auf Nachfrage wurde dieses Gutachten der JVA Tegel nicht übersandt“, so die Antwort der JVA Tegel auf eine Befragung des Lichtblicks.

Es liegen also Ergebnisse vor, welche nicht veröffentlicht werden. Was die JVA Tegel auf jeden Fall weiß ist, dass alle Anstriche, die in den oberen Etagen der TA II (Haftzellen und Büros) auf Bleihaltigkeit untersucht wurden, eine deutlich erhöhten Bleigehalt aufweisen und dass sich im Keller Asbest befindet.

Der Lichtblick merkt dazu an, dass sich bei der beprobten Teilanstalt II mit Sicherheit um keinen Einzellfall handelt, „da die Farben und Rohrummantelungen ja nicht nur für die TA II verwendet worden sind. Diese Materialien sind also in allen 1990 errichteten Gebäuden verwendet worden, was zur Annahme führt, dass von einer identischen Schadstoffbelastung wie in der TA II ausgegangen werden kann“. Somit scheint die Vermutung, dass eine enorme Schadstoffbelastung in der gesamten JVA Tegel sowie JVA Moabit und Plötzensee, nicht weit hergeholt ist.

An dieser Stelle können wir bestätigen, dass das gesamte Gutachten eine besondere Schadstoffbelastung, das heißt Blei in Rohren und Asbest und Blei in Wandfarbe, in der gesamten TA II ergibt. Aber auch in der SothA befindet sich dieser und andere gesundheitsschädliche Stoffe in Bauteilen. Zum Schutz der Quelle können wir leider nicht benennen, woher wir unsere Information haben, allerdings sollte es reichen, 1 und 1 zusammen zu zählen. Wenn Altanstriche der TA II mit Asbest belastet sind und diese Farbe 1990 in der gesamten JVA Tegel, Moabit und Plötzensee genutzt wurde, ist eine Asbestverseuchung in allen Knästen nur logisch.

Weiterhin heißt es in einer Antwort vom Pressesprecher des Justizsenators Sebastian Brux, dass „keine unmittelbare Gefährdungslage“ durch den vorgefundenen Bleigehalt bestehen würde. „Bei der asbesthaltigen Rohrisolierung ist eine Freisetzung lungengängiger Fasern zu unterbinden“, so Brux weiter. Im internen Protokoll ist dazu angemerkt, dass gemäß des aktuellen Sachbestands „ohne geeignete Schutzmaßnahmen keine Stemm-, Bohr, Spachtel, Verputz, Schleif- und andere mechanische Arbeiten durchgeführt werden [dürfen], weil dadurch ggf. bleihaltiger Staub freigesetzt werden könnte“.

Grundsätzlich gehe von Asbest und Blei also erst einmal keine Gefahr für die Gesundheit aus, allerdings nur, soweit entsprechende Bauteile nicht bearbeitet oder beschädigt werden. Aus einen aktuellen Schriftverkehr zwischen vielen Beteiligten der JVA Tegel und der BIM geht aber hervor, dass in der TA II weiterhin gebohrt und geschliffen wird, ohne entsprechende Schutzmaßnahmen zu treffen (siehe Lichtblick).

In der Anfrage der AfD wird außerdem nach Bränden in der JVA Tegel gefragt. Diese belaufen sich seit 2015 auf zwölf. Durch Brände werden Bauteile massiv beschädigt, wodurch bleihaltige Stäube in der Luft freigesetzt werden. Hinzu kommt in der JVA Tegel, dass die Türdichtungen der Zellen durchlässig sind. Auf die Frage, wie dann gewährleistet werden kann, dass bei einem Brand keine giftigen Dämpfe mit Blei- oder Asbestbestandteilen in die Atemluft innerhalb der JVA Tegel geraten können, antwortet die Senatsverwaltung, dass „bei Bränden stets mit dem Freiwerden von Schadstoffen und Atemgiften in den Rauchgasen auszugehen“ ist. In einfachen Worten: in der JVA Tegel fliegt Asbest und Blei massiv in der Luft rum!

Ob dem bald mal etwas entgegensetzt wird? In der kleinen Anfrage antwortet die Senatsverwaltung, dass wohl eine Brandschutzsanierung für die Teilanstalten im März 2018 beauftragt worden sei. Durch einen rbb Bericht vom 15.08.19 ist jetzt aber auch bekannt, dass der Berliner Senat mehrere Bauprojekte, darunter auch die Grundsanierung der JVA Tegel, zwei Jahre später als ursprünglich geplant starten lassen will.

Die Gesundheit der Gefangenen muss dementsprechend noch mindestens zwei Jahre warten. Bis dahin wird weiterhin gebohrt und geschliffen, es noch zahlreiche Brände geben und unter anderem deswegen Asbest und Blei durch die Luft fliegen und die Gesundheit der Gefangenen nachhaltig beeinträchtigen.

Letztlich ist die Aussage in der Anfrage, es „werde dem eingesetzten Personal sowie den Gefangenen der TA II eine betriebsärztliche Untersuchung angeboten“ eine dreiste Lüge. Richtig ist, dass sich Bedienstete untersuchen lassen dürfen, Gefangene wurden aber über die gesundheitsgefährdenden Umstände nie informiert. „Das Gerücht geht hier rum, dass alles Asbestverseucht sind, aber wir haben nie eine offizielle Info bekommen“, so ein Gefangener der JVA Tegel.

Zusammenfassung: Der BIM liegen entsprechende Gutachten vor, welche belegen, dass die JVA Tegel massiv mit Blei und Asbest verseucht ist. Durch das Zurückhalten der Dokumente ist das BIM verantwortlich für die Gesundheitsgefährdung der Gefangenen. Weil es eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des Landes Berlin ist, ist der Senat und damit auch der Justizsenator Dirk Behrendt ebenso verantwortlich. Warum die Gutachten zurückgehalten werden, bleibt zu spekulieren. Vermutlich geht es aber, wie meistens, um Geld – eine Grundsanierung würde dem Senat viel kosten und Geld für Gefangene auszugeben passt nicht in das Konzept einer Stadt, welche nur für Reiche ausgelegt ist.

Dieser Umstand zeigt einmal wieder auf, dass sich Regierungen, egal welche!, nicht für die Belange der Prekarisierten interessieren. Auch unter der Partei „Die Grüne“ bleibt Knast eine staatliche Institution, die Menschen wegsperrt, verwahrt, isoliert, die Gefangenen verkümmern und sterben lässt. Das Schweigen der Öffentlichkeit über die Verhältnisse hinter Gittern ist ebenso verantwortlich dafür, dass Menschen durch Knast regelrecht kaputt gemacht werden oder sogar in den Zellen krepieren.

Wir rufen dazu auf, den Senat, die Berliner Immobilienmangement GmbH und den Justizsenator Dirk Behrendt in die Verantwortung zu nehmen! Behörden, Unternehmen und Senatoren haben Sitze und können dementsprechend besucht werden. Zeigt euch solidarisch mit den Gefangenen indem ihr den Verantwortlichen der Verseuchung zeigt, was ihr von ihnen haltet. Die Gesundheit und das Leben der Gefangenen steht auf dem Spiel – ihre Freiheit ist auch deswegen unabdingbar.

Berliner Immobilienmanagement l Keibelstraße 36 l 10178 Berlin

Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz l Salzburger Str. 21 – 25 l 10825 Berlin

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