Atomtransporte über Bremische Häfen erneut sofort stoppen !

Es ist damit zu rechnen, dass das Land Bremen wieder zu einer Drehscheibe im internationalen Atomhandel werden soll.

Am 07.12.2021 hat das Bundesverfassungsgericht das Umschlag- und Exportverbot für
„Kernbrennstoffe“ (angereicherte radioaktive Stoffe, u.a. Brennelemente, angereichertes Uranhexafluorid) über Bremische Häfen im Bremischen Hafenbetriebsgesetz für nichtig erklärt. Bremen soll mit dem Verbot rechtswidrig in die Regelungskompetenz des Bundes eingegriffen haben. 1)

Eine große Menge radioaktiver Transporte erfolgt auch mit nicht angereichertem Uran, wie z.B. nicht angereichertes Uranhexafluorid oder Uranerzkonzentrat / Yellow-Cake.
Diese waren und sind in Bremen und in Hamburg bislang nicht von den jeweiligen Verbotsregelungen betroffen.

Nicht nur über die Häfen werden Atomtransporte durchgeführt. Auch Kernbrennstoffe rollen weiterhin sowohl über Bremer als auch über Hamburger Straßen bzw. Autobahnen.
Viele Kernbrennstofftransporte stehen in im Zusammenhang mit den europäischen Uran-Anreicherungsanlagen, wie z.B. der in Gronau und den Brennelementfabriken z.B. der in Lingen und in Västeras / Schweden.
Beispielsweise wird angereichertes Uranhexafluorid aus europäischen Anreicherungsanlagen im Transit auf dem Straßenweg in die Brennelement-Fabrik in Västeras / Schweden geliefert. – Von dort aus erfolgen im Transit auf der Straße Transporte von Brennelementen u.a. in AKWs nach Frankreich.
Die Uran-Anreicherungsanlage in Gronau (die zweitgrößte der Welt) des Unternehmens Urenco und die Brennelementfabrik in Lingen haben unbefristete Betriebsgenehmigungen und sind von dem sogenannten Atomausstiegsvertrag (nach dem GAU in Fukushima (11.03.2011) beschlossen) nicht betroffen.

Geklagt hatten drei Atom-Konzerne gegen das Umschlag- und Exportverbot in Bremischen Häfen:

die Brennelementfabrik in Lingen (ANF, Advanced Nuclear Fuels GmbH, eine 100-prozentige Tochter der Framatome GmbH),
die Gesellschaft für Nuklear- Service mbH aus Essen (GNS, die u.a. Castor-Behälter entwickelt und herstellt),
sowie ein Atom-Transporteur aus Hanau (NCS, Nuclear Cargo + Service).
In den Jahren bis 2013 gab es in Bremen und auch in Hamburg eine breite Kampagne mit Aktionen, Demonstrationen, Unterschriften-Sammlung und Anfragen an die Bürgerschaft für einen endgültigen Stopp von Atomtransporten durch Bremen, Hamburg und anderswo.
Damals gab es durchschnittlich jeden 4. Tag bzw. 2. Tag einen Atomtransport über die Häfen von Bremen bzw. Hamburg. Bremen und Hamburg waren als internationale Drehscheibe für Atomtransporte bekannt.

Die Politik fürchtete weitere Transport-Einschränkungen, insbesondere für Rüstungsgüter.
Dieser gesellschaftliche Druck wirkte bis ins Parlament. Die Bremer Bürgerschaft untersagte am 25.1.2012 immerhin den Umschlag und Export von „Kernbrennstoffen“ über die Bremischen Häfen.
Im Juni 2013 wurde ein Normenkontrollantrag der CDU gegen das Transport-Verbot von dem Bremer Staatsgerichtshof abgewiesen. Faktisch wurden die Atomtransporte über Bremen danach weitgehend eingestellt.
Die Kampagne in Bremen konnte danach nicht aufrecht erhalten werden. Auch Rüstungstransporte konnten bisher nicht verhindert werden.

In Hamburg erreichte die gesellschaftliche Diskussion 2013 nach dem Brand auf dem
Atomfrachter „Atlantic Carrier“ im Hamburger Hafen neue Qualitäten. 2018 vereinbarten HHLA (Hamburger Hafen und Logistik AG) und Hamburger Senat (Wirtschaftsbehörde) einen freiwilligen Verzicht auf Transporte von „Kernbrennstoffen“ über die Häfen. Die Praxis zeigt aber, dass dennoch, trotz anhaltender Proteste der Anti-Atombewegung, bis heute „Kernbrennstoffe“ (21.08.-26.11.2021: 13 t neue Brennelemente und 18 t angereichertes Uranhexaflorid) transportiert wurden.
Solche Atomtransporte finden aber nicht nur über die Häfen sondern auch über Bahnstrecken und auf Straßen (auch mitten durch Hamburg) statt.

Das ist Ausdruck einer Politik für die kapitalistische Normalität, die die Zerstörung der Lebensgrundlagen auf der Erde weiter rasant schnell vorantreibt.

Dazu gehört auch ganz aktuell die Tatsache, dass die EU-Kommission im Rahmen ihrer NewGreenDeal-Politik die Energieproduktion in Atomkraftwerken und in Gaskraftwerken als nachhaltig klassifizieren und fördern will (sogenannte EU-Taxonomie). Die neue Bundesregierung mit den Grünen lehnt zwar in ihrer Stellungnahme zur EU-Taxonomie ab, Atomkraftwerke als nachhaltig zu bezeichnen, beteiligt sich aber am Greenwashing, indem Gaskraftwerken als Übergangstechnologie als nachhaltig gefördert werden sollen.
Die neue Bundesregierung will den Strom- und Energieverbrauch weiter vorantreiben (Koalitionsvertrag) und schreibt damit global die Zerstörung der Lebensgrundlagen fort.

Mit unserem Widerstand gegen Atomkraftwerke haben wir es inzwischen erreicht, dass alle Atomkraftwerke in Deutschland bis Ende 2022 abgeschaltet werden sollen.
Die Anreicherungsanlage in Gronau und die Brennelementfabrik in Lingen, die für den weltweiten Markt produzieren, sind davon bisher noch nicht betroffen.
Weltweit werden weiterhin Atomkraftwerke betrieben, neue gebaut und auch neue entwickelt. (Der weltweite Atomkraftwerkspark betrug beim Jahreswechsel 2021/2022 436 Reaktoren in 33 Ländern mit einem Anteil an der globalen Stromproduktion von 10% (www.nuklearforum.ch))
Und nicht vergessen, Atomkraft zur Energiegewinnung und zur Bombenproduktion sind zwei untrennbare Seiten einer Medaille.

Unser Kampf – z.B. gegen die Erderhitzung und gegen Destruktivkräfte wie Atomkraft – geht weiter.
Argumente, juristische Prozesse, Demonstrationen, Wahlen alleine genügen nicht, da müssen wir schon selbst Hand anlegen – gemeinsam, international !

Letztendlich werden wir im Kampf um eine menschliche Gesellschaft nur Erfolg haben, wenn wir es schaffen, die kapitalistischen Herrschaftsverhältnisse zu überwinden !

Den Menschen in den Mittelpunkt von Denke und Handeln stellen und nicht die kapitalistische Rationalität !

Meßstelle für Arbeits- und Umweltschutz – Bremen (MAUS e.V., www.MAUS-Bremen.de)
Systemoppositionelle Atomkraft Nein Danke – Hamburg (SAND, https://SAND.blackblogs.org)

1) (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2021/12/Is20211207_2bv1000215.html)
(https://umweltfairaendern.de/2022/01/nach-zehn-jahren-atomtransporte-blockade-bundesverfassungsgericht-hebt-bremer-umschlags-verbot-auf/)