Aufruf zur Prozessbeobachtung – Freiheit für Faruk Ereren

Am 6. Mai beginnt das Revisionsverfahren gegen Faruk Ereren vor dem OLG Düsseldorf. Im ersten Prozess wurde er am 27.9.2011 anhand der Aussagen von Semih Genc, der eine Kollaboration mit der türkischen Polizei einging, zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Der beantragten Revision wurde jedoch aufgrund der widersprüchlichen Aussagen von Semih Genc stattgegeben.

Das erste Verfahren
Von Januar 2009 bis Ende September 2011 – also fast 2 3⁄4 Jahre  – dauerte der erste Verfahren gegen Faruk Ereren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf an.
Gegen  Faruk wurde im Laufe des Prozesses zwar der § 129b (Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland)  fallengelassen, aber mit Hilfe von Aussagen, die unter Folter in der Türkei zustande kamen, wurde er zu lebenslanger Haft verurteilt, weil er angeblich die Verantwortung für den Tod zweier Polizisten in Istanbul im Jahre 1993 übernommen haben soll.
Bereits in der Türkei war Faruk für ca. 9 Jahre während des Militärputsches 1980 eingesperrt. Er bekämpfte als radikaler Linker  das türkische Regime. Im Knast wurde er unzählige Male gefoltert. Nach seiner Entlassung flüchtete er aus Angst vor weiterer Verfolgung ins Ausland und wurde 2007 in Hagen  festgenommen.

Verurteilungswille des Gerichts
Von Beginn des Prozesses war der Wille des Gerichts ihn zu verurteilen deutlich spürbar: Er musste während der Prozesse von seinen Anwälten isoliert in einer Plexiglaszelle sitzen, entlastende Zeugen wurden nicht zugelassen, während Folterspezialisten aus der Türkei, sowie Gefolterte aus der Türkei zu Hauptbelastungszeugen gemacht wurden. Bei der Urteilsverhandlung machte der Richter die Anmerkung: ‚Wir haben euch zweimal ein Angebot gemacht, entweder 3 Jahre 9 Monate oder 4 Jahre 6 Monate. Doch ihr habt es nicht angenommen, deswegen habt ihr jetzt kein Recht euch zu beschweren‘.
Weil  der erblindete Zeuge Nuri Eryüskel die Aussage verweigerte, wurde er für 4 Wochen in Beugehaft genommen.
 
Gründe für das Urteil
Im Laufe des ersten Verfahrens wurde der §129 b gegen Faruk fallengelassen.
Der §129b ist der Zwillingsparagraf des §129a. Politische Verfahren werden von bestimmten Sondergerichten geführt, die zum ersten Mal vor 38 Jahren gegen die Gefangenen aus der RAF, Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Jan-Carl Raspe und Ulrike Meinhof eingesetzt wurden.
Neben der 1974 erfolgten Einschränkung des Erklärungsrechts des Gefangenen in der Hauptverhandlung wurde auch das Recht von Verteidiger/innen, Erklärungen abzugeben, beschnitten. (Justiz-)kritische Äußerungen wurden mit  Ehrengerichtsverfahren beantwortet.
So wird dann auch eine politische Prozessführung permanent unterdrückt. Als „Terroristen“ werden viele GegnerInnen des Staates definiert. Zunächst richtet sich dieser Vorwurf nur gegen die RAF, weil – wie die Bundesregierung ganz offen sagt – die RAF so besser als Gruppe verfolgt werden kann, ohne einen EinzeltäterInnennachweis erbringen zu müssen. Mit dem § 129a werden alle Sonderhaftbedingungen und Sonderermittlungen begründet.
In Verfahren nach § 129a und § 129b StGB  kontrolliert ein Richter die Korrespondenz zwischen Verteidiger/innen und Gefangenen. Dieser hält die Post zurück, wenn er der Auffassung ist, sie diene nicht dem Zweck der Verteidigung.
Weiterhin sind diese Staatsschutzgerichte mit besonders ausgewählten und geschulten Richtern ausgestattet, die Verteidigung wird generell benachteiligt, wie z. B durch vorenthaltene Akten, Einschüchterung und Behinderung der Öffentlichkeit durch drakonische Kontrollen. Der Begriff von „Skandalurteil“ greift hier zu kurz, denn das alles ist Ausdruck der Systematik der Klassenjustiz.

Weitere Hintergründe
Die Türkei ist ein wichtiger Partner für das expansive Nato-Bündnis. Die meisten Waffen werden übrigens von der BRD nach dort exportiert, was auch zeigt, dass die BRD deswegen ein eigenes vitales Interesse hat, ihrer Bündnispartnerin dort und hier den Rücken frei zu halten. Von 2000 – 2007 wehrten sich tausende türkische und kurdische Gefangene, sowie ihre Angehörigen draußen im Hungerstreik gegen die Folter „Made in Stammheim“. Dabei kamen 122 Menschen ums Leben.
Schon während des Hungerstreiks verlangte die Türkei von ihren Verbündeten das Verbot der Öffentlichkeitsarbeit von linken anatolischen Kräften in Europa.
Die Auslieferung Faruks in die Türkei ist zwar im Prozess fallengelassen worden, ist aber immer noch nicht vom Tisch.

Solidarität wurde verfolgt
Gegen Medien, die den Prozess kritisch verfolgten, wie das Internetportal „Scharf-links“ und das „Gefangenen Info“ wurden Verfahren eingeleitet, die aber mit Freispruch endeten. ProzessbesucherInnen wurden wegen Rufens einer Parole „Freiheit für Faruk“  im Keller des Gerichtsgebäudes verprügelt und zu 100 Euro Geldstrafe verurteilt…

Faruk kämpft
Trotz drakonischer Isolationsmaßnahmen – Zensur, Besuchsverbote, Post dauerte monatelang, Umschluß mit einem Gefangenen wurde ihm lange trotz Zusage nicht immer gewährt – lehnte er einen Deal mit dem Gericht ab: bei einem Geständnis, „nur 3 Jahre und 9 Monate oder 4 Jahre und 6 Monate“.
Faruk meinte dazu sinngemäß, was er nicht gemacht hat, hat er auch nicht zu gestehen und erklärt in seiner Abschlusserklärung: „Abgesehen davon hat kein Urteil gegenüber der Geschichte Gültigkeit. Bis heute habe ich für UNABHÄNGIGKEIT, DEMOKRATIE UND SOZIALISMUS gekämpft,…. der meine Lebensgrundlage ist….“
Auch hat er sich zu vielen Ereignissen, trotz seiner fehlenden Deutschkenntnisse, solidarisch verhalten: sei es zum 18. März, dem „Tag für die Freiheit der politischen Gefangenen“ oder dem Verfahren gegen das „Gefangenen Info.“

Fazit
Hier in der BRD wurden ca. 20 türkische und kurdische GenossInnen wegen ihrer politischen Arbeit verhaftet und in Isolationshaft gesteckt. Faruk Ereren bezeichnet das umfassende Isolationsprogramm als „Weiße Folter mit dem Ziel, uns zu zermürben“.
All das hat Ähnlichkeit mit den drakonischen Maßnahmen, denen die Gefangenen aus der RAF vor allem in den siebziger und achtziger Jahren ausgesetzt waren. Die Anklagen gegen die anatolischen AktivistInnen basieren häufig auf Foltergeständnissen aus der Türkei. Die länderübergreifende Verfolgung politischer Oppositioneller aus der Türkei dient nicht nur den Interessen des türkischen Staates, sondern sie dient in erster Linie den Interessen der internationalen Zusammenarbeit zwischen der Türkei und den EU-Staaten sowie den USA. Die Türkei ist aufgrund ihrer strategischen Lage ein wichtiger Partner für das expansive NATO-Bündnis.
Das heißt für uns, draußen wie drinnen wird einem nichts geschenkt von den Herrschenden. Leben mit Würde ist folglich nur im solidarischen Kampf gegen diese Verhältnisse möglich! So lange es also Elend, Unterdrückung, Hunger und Kriege gibt, wird diese Auseinandersetzung andauern.

Das Revisionsverfahren
Am Montag, den 6.Mai beginnt dieses Verfahren wieder vor dem OLG Düsseldorf, allerdings vor einem anderen Senat.  Dieses Verfahren ist bis Ende Oktober terminiert.
Faruk erklärte im ersten Prozess: „Welches Urteil ihr auch treffen werdet, ICH HABE KEINEN ZWEIFEL DARAN, DASS MICH DIE GESCHICHTE FREISPRECHEN WIRD.“

Sorgen wir dafür, dass wir uns durchsetzen und Faruk rauskommt.
Besucht deshalb Faruk’s Prozess und stellt Gegenöffentlichkeit z.B. in Form von Veranstaltungen her!
 
Freiheit für Faruk Ereren!

Der erste Prozesstag findet heute am 6. Mai, um 11:00 Uhr vor dem OLG Düsseldorf, Kapellweg 35, 40221 Düsseldorf, statt.
Weitere Verhandlungstage sind außer am 10.05 und 20.05. grundsätzlich immer montags um 11:00 Uhr und freitags um 9:30 Uhr..!

Internationale Plattform gegen Isolation
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