Am dritten Prozesstag gegen Gülaferit Ünsal wurden innerhalb und außerhalb des Gerichtes, im Gegensatz zu den ersten zwei Prozesstagen, keine Polizeibeamten zur Verstärkung eingesetzt. Die Sicherheitsverfügung bleibt weiterhin bestehen.
Zu Beginn reichte die Bundesanwaltschaft (BAW) weitere Materialien ein, darunter zwei Lebensläufe (vom 11.4.1998 und vom 6.9.1999) bzw. deren Übersetzungen, welche bei einer Razzia in Belgien gefunden wurden, einen Laptop inkl. Passwort und zwei DVDs.
Nach einer 10 minütigen Pause, in der die neuen Dokumente für die Anwälte kopiert wurden, geht es mit der Verlesung des erst datierten Lebenslaufs weiter. Dieser wird mit dem beigefügten Fragenkatalog vorgetragen und beinhaltet Angaben zu ihrer Herkunft, Bildung, das Verhältnis zu Eltern, Verwandten und anderen bekannten und deren politische Haltung. Zu Ihren Fähigkeiten und Kenntissen in diversen Bereichen, zu Kontakten in der Organisation, ihren Aufgaben und Aktionen, welche sie durchgeführ haben soll. Die Verlesung wird kurz unterbrochen, weil es Probleme beim dolmetschen gibt. Der Richter weist darauf hin, dass nach der Verlesung doch gerne Erkärungen abgegeben werden können.
Da der Verdacht besteht, dass mehrmals der Lebenslauf geändert wurde, beantragt der Anwalt die Computerdatei in dieser Hinsicht auswerten zu lassen.
Nach der Mittagspause geht es um 13.30 Uhr mit der Verlesung des auf den 9.6.1999 datierten Lebenslaufs weiter. Der Anwalt bemängelt die fehlende Genehmigung der belgischen Behörden zur Verwertung vor Gericht. Diese soll nachgereicht werden, da der Richter davon aus geht, dass es okay ist, lässt er das Papier trotzdem verlesen.
Währenddessen bereiten technische Probleme mit Mikrofon und Headset (darüber findet die Kommunikation zwischen Dolmetscher und Gülaferit Ünsal statt) sowie das zu schnelle Verlesen wieder einmal Schwierigkeiten beim Übersetzen. Ünsal merkt dazu an, dass sie das Gefühl hat, der Dolmetscher liest nur den Orginaltext auf türkisch vor, statt wie es sein sollte, das auf deutsch Gesprochene ins Türkische zu übertragen. Um diese Probleme zu klären folgt eine 15 minütige Pause. Es geht mit einem Film weiter. Um diesen richtig sehen zu können setzten sich die Anwälte und auch Ünsal auf die Stühle vor die Richter. In dem Video ist ein Mann zu sehen, der in türkisch eine Erklärung spricht, anschließend sieht man ihn, wie er sich mit Klebeband Sprengstoff um den Bauch herum gefestigt. Dieser Film stammt aus einer Durchsuchung von 2004 in den Niederlanden und wurde am 10.9.2001 aufgenommen. Danach wird eine Übersetzung dessen was der Mann auf dem Video gesagt hat und ein Auswertungsbericht des Kripobeamten Milach zum Video verlesen. Um den Hintergrund der ganzen Geschichte schlüssig zu machen wird vom vorsitzenden Richter eine Erklärung des Pressebüro der DHKC verlesen. Zusammengefasst äussert sich die DHKC in der Erklärung zu einem Anschlag vom 10.9.2001 auf Spezialeinheiten der Polizei. Sie berichten von dem Mann auf dem Video seinem Leben und Kämpfen. Sie begründen den Anschlag allgemein mit der Ungerechtigkeit in dem Staat Türkei der Zusammenarbeit und Abhängigkeiten von IWF und dem US-Imperialismus. Außerdem werden die Morde an den GenossInnen beim Gefängnismassaker und im Todesfasten thematisiert.