faust-durchs-gitter

Briefe von Tur*tel, Anti-Kohle-Aktivisti, der während der Räumung der neuen Waldbesetzung LAUtonomia am 18.5. inhaftiert wurde

Hallo ihr Lieben,
Hier drinnen ist es überraschenderweise immer noch zum Kotzen.
Ich hab zwar heute den Bücherkatalog bekommen (nach 5 Tagen), kann die Buchbestellung aber erst morgen abgeben. Wenn ich Glück habe bekomme ich die Bücher, noch bevor ich verlegt werde. FUCK OFF! Von den Briefen wurde mir das Scheißverein-Bannerfoto immer noch nicht gegeben.
Ein Blatt & eine Blume wurden weggeworfen – könnte ja Gras sein. Auch den Berliner Straßen- Staub habe ich nicht ganz bekommen (ein Teil wurde übersehn).

 

Über die ineinander gefalteten Blätter hat sich der Briefträger nicht gefreut (ich mich schon); er hat ne ganze Weile gebraucht um sie auseinander zu bekommen. Ich habe mich sehr über die drei Fotos gefreut, die ich heute bekommen habe (until all are free, Mensch mit Kapu im Wald, SoliFoto aus Finnland). Würde mich sehr über mehr Fotos aus Wäldern & Co freuen.

Ich hab leider letzten Sonntag nicht gerafft, dass Sonntag ist und war nicht im Gottesdienst. Ich werde in die Hölle kommen. Hoffentlich klappt es nächsten So. Letzte Chance vor der Verlegung . Gottverdammmt! (es kommt gerade ein Beitrag über Kreationisten) GOTTVERDAMMT! Natürlich stellen sie es so da, als ob es sie nur in Amerika gibt. Ich hasse diese scheiße und will endlich Bücher.
Zum Glück verstehe ich mich ganz gut mit meinem Zellengenossen. Vielleicht wollt ihr den Namen auch auf Gefangenen-Briefschreiblisten setzen, restliche Adresse habt ihr ja.
Ich könnte jetzt noch schreiben wie sehr ich euch, die Wälder, die „Freiheit“, die Diskussionen, die Musik, Veganes Essen und und und vermisse, aber das würde mich nur noch mehr frustrieren.
Verdammt hat nicht funktioniert.
Fühlt euch alle fest gedrückt & geküsst (wenn ihr das wollt).
Grüße von hinter Gittern, Mauern & Stacheldraht,
Tur*tel
P.S: Ich hab schon wieder verloren.

Hallo ihr Lieben,
da ich morgen verlegt werde ist das wohl der letzte Brief den ich aus Görlitz schreibe.
Die letzten Tage & Nächte waren richtig beschissen. Ich habe kaum noch schlafen können. Der Braunkohlearbeiter schnarcht als würde er Wälder fällen, steht um 3 – 4 Uhr auf, führt laut Selbstgespräche und lässt den Massenverdummungskasten laufen.
Es fällt mir gerade sehr schwer, meine Wut zu kanalisieren, aber ich versuche nicht aus den Augen zu verlieren wer hier der wirkliche Feind ist. Das Problem hierbei ist, dass gegen den wirklichen Feind vorzugehen noch mehr Repression bedeutet und es ist so schon beschissen genug.
Ich weiß, dass den Wachteln das klar ist. Die Schikanierungen ihrerseits schüren den Frust aller Gefangenen und wer Tag für Tag in einer Zelle mit anderen Menschen eingeknastet ist, hat seine Mitgefangenen nun mal 24 Std vor der Nase. Durch den Stress der Wachtel verstärkte Frust richtet sich dann verdammt schnell gegen die, die genauso darunter zu leiden haben. Ich rufe mir das immer wieder in den Kopf und versuche es auch anderen klar zu
machen und hoffe, dass ich das auch über den langen Zeitraum den ich nun hier im Knast verbringen musss, halten kann.
Das was wirklich Mut macht und Kraft gibt, ist die viele Solidarität von euch da draußen. Ich will versuchen möglichst allen zurück zu schreiben, aber es kann etwas dauern, bis ich die Kraft dafür aufbringen kann.
In dem Sinne FCK JVA, Wut & Liebe euch allen da draußen. Clumsy lässt grüßen und freut sich über Briefe!
Tur*tel
SQUAT THE WORLD
P.S. Ich hab schon wieder verloren.