Unter dem Motto „Gewerkschaftsfreiheit statt Klassenjustiz“ zogen am Samstag rund 300 Personen lautstark durch Berlin-Mitte. Zur Demonstration aufgerufen hat die anarchosyndikalistische Basisgewerkschaft Freie Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union (FAU) Berlin.
Rund 300 Personen folgten am Samstag einem Demonstrationsaufruf der FAU Berlin. Unter gleißender Sonne zog die außerordentlich lautstarke Menge vom Hackeschen Markt via Oranienburger- und Friedrichstraße vor die Französische Botschaft beim Brandenburger Tor und schließlich zum Einkaufscenter „Mall of Berlin“. Die DemonstrantInnen forderten nicht nur die sofortige Zahlung ausstehender Löhne für einen Gastronomie- und sieben Bauarbeiter, sondern protestierte auch gegen den Versuch der Unternehmerseite, die Gewerkschaft mittels einstweiligen Verfügungen und Strafanzeigen gegen AktivistInnen zum Schweigen zu bringen.
Bereits am Hackeschen Markt wurde deutlich, womit die Basisgewerkschaft zu kämpfen hat. Einem dort ansäßigen Restaurant, mit dem die FAU Berlin in einem Lohnkonflikt steht und das deshalb vor Gericht eine einstweilige Verfügung gegen die Gewerkschaft erwirkt hat, ist auch am Samstag überzogene staatliche Fürsorge zugekommen. Die Polizei untersagte der FAU kurzerhand jegliche Reden vor dem und gegen das Restaurant und drohte mit Platzverweisen. Der ehemalige Angestellte des Restaurants hielt die Eröffnungsrede unbeirrt außerhalb der polizeilichen Bannmeile, was ihrer Wirkung keinerlei Abbruch tat.
Laute und internationale Demo
Umso lauter bewegte sich die Demonstration durch Berlin-Mitte, wo verdutzte PassantInnen einen lebhaften Anblick dessen bekamen, was so gerne für tot erklärt wird: Einer sozialrevolutionären Arbeiterbewegung. Reden in englischer und deutscher Sprache, eine Grußbotschaft aus Frankreich, der Aufruf auch in türkischer, arabischer und polnischer Fassung, sowie italienische und griechische Parolen verdeutlichten den internationalen Charakter der anarchosyndikalistischen Bewegung. Besondere Aufmerksamkeit kam der spanischen Gewerkschaft CNT zuteil, gegen die wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt wird. Spontan schlossen sich der Demonstration auch einige Personen aus dem Bündnis „Alle Bleiben“ an, die neulich am „Mahnmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma“ für Bleiberecht protestiert hatten. Unter Beifall verurteilte deren Sprecher die Abschiebungen in angeblich sichere Herkunftsländer.
Solidarität mit der Bewegung gegen das „Loi Travail“
Vor der Französischen Botschaft beim Brandenburger Tor solidarisierten sich die DemonstrantInnen mit der aufständischen Bewegung gegen das neue Arbeitsgesetz, welches der sozialistische Präsident François Hollande in autoritärer Manier durchzusetzen versucht. Die FAU verlas eine Solidaritätserklärung für die Schwestergewerkschaft CNT-F, die unlängst Ziel massiver polizeilicher Repression geworden ist. Erinnert wurde auch an den Antifaschisten und syndikalistischen Gewerkschafter Clément Méric, der vor drei Jahren in Paris von Neonazis ermordet wurde.
„Mall of Shame – Pay the workers!“
Nach rund zweieinhalb Stunden endete der Protestzug vor der Mall of Berlin. Beim Bau dieses fragwürdigen Shoppingcenters wurden mehrere rumänische Bauarbeiter ausgebeutet und um ihren Lohn geprellt. Bis heute kämpft die FAU Berlin juristisch und gewerkschaftlich dafür, dass das elementare Recht, für geleistete Arbeit bezahlt zu werden, nicht bloß ein schönes Versprechen bleibt.