faust-durchs-gitter

Deniz K.: Urteilssprechung, Proteste, Sponti

„Bevor sie mich schuldig sprechen, sprechen sie erst einmal die Polizisten für schuldig die auf die Demonstranten eingeschlagen haben.“ (Deniz K., Young Struggle)

Als erstes wurde am heutigen, vorerst letzten, Schauprozesstag die 26 jährige Polizistin „Frankenberg“ aus Nürnberg in den Zeugenstand gerufen. Während sie zu den Vorfällen am K4 (Übersteigung der Polizeiabsperrungen durch Demonstranten und Pfeffer- und Schlagstockeinsatz der Polizei) nichts sagen konnte, erzählte sie umso mehr über die Konfrontation zwischen Antifaschisten und der Polizei an der Vorderen Sterngasse.

Frau Frankenberg will mit voller Wucht einen Schlag mit einer Fahnenstange gegen ihren Helm wahrgenommen haben. Dabei behauptet sie mit 100 prozentiger Sicherheit unseren Genossen Deniz K. erkannt zu haben. Des Weiteren hielt die junge Polizistin daran fest, gesehen zu haben, wie Deniz einen weiteren ihrer Kollegen ebenfalls mit einer Fahne angegangen sei. Nach den Erzählungen von „Frankenberg“ soll Deniz sogar zwei Fahnen gleichzeitig getragen haben. In jeder Hand eine. Dabei hätte es sich um eine zwei Meter lange, angespitzte, Holzstange und eine weitere Eisenstange (!) gehandelt. Trotz des anscheinend so wuchtigen Schlages blieb die Polizistin unverletzt.
Das der Schlagstockeinsatz gegen die Demonstranten an der Sterngasse durch den Kommandoführer ihrer Einheit angeordnet worden war, war die einzige Wahrheit die wir von dieser Zeugin an diesem Tag zu hören bekommen sollten!
Als nächstes legte unser Freund und Staatsschutzbulle Holzmann wieder das altbekannte Video des Polizeieinsatzes an der vorderen Sterngasse ein. Scheinbar haben wir, und wohl auch Holzmann selber, seine Dummheit fahrlässig unterschätzt. Denn das Video bewies vor allem eines, dass Polizistin Frankenberg am heutigen Tag log das sich die Balken biegen!
Deutlich konnten wir in diesem Video die von ihr beschriebene Szenerie erkennen. Wir sehen die Polizistin wie sie beherzt in eine Gruppe Demonstranten einschlägt. Jedoch lief die Gruppe zu dem Zeitpunkt nicht, wie sie vorher beschwor, auf ihre Einheit los, nein, sie befand sich im „Stillstand“. In der Tat konnten wir auch sehen wie ein Demonstrant mit einer Fahnenstange nach ihr schlug. Jedoch war hier in aller Deutlichkeit zu sehen, dass keines dieser Schläge sie getroffen hat. Erst recht konnten wir keinen wuchtigen Schlag gegen ihren Kopf (bzw. Helm) sehen! Auch konnten wir hier keine zweite Eisenstange in der Hand des Genossen sehen. Weitere Lügen dieser Zeugin, wie z.B. die Behauptung Deniz sei der einzige nicht vermummte Demonstrant bei diesem Vorfall gewesen (deswegen hätte sie ihn später auch so sicher wieder erkannt) wirkten beim Anblick von mindestens zwanzig oder mehr nicht vermummten Personen nicht nur peinlich sondern auch äußerst lächerlich.
Bei der Befragung der Zeugin durch die Anwälte kam wieder einmal heraus das vermeintliche Tatsachen (in dem Fall z.B. die ominöse Eisenstange) nicht bereits im Zeugenbericht, sondern erst in der viel späteren Vernehmung auftauchen. Auch kam wieder einmal ans Tageslicht das die Vernehmungen der Bullen alle gleichzeitig am selben Ort und gemeinsam stattfanden. Und als Krönung des ganzen gab die junge, inzwischen völlig eingeschüchterte, Polizistin zu, dass ihre Aussage nicht von ihr selber geschrieben wurde. Die Zeugin verließ unvereidigt den Gerichtssaal.

Der zweite Zeuge, Polizist und Kommandoführer der USK Einheit Frankenbergs, Josef M. konnte uns leider überhaupt keine neuen Erkenntnisse bringen. Bei den Vorfällen am K4 hätte er selber nichts gesehen, lediglich über Funk hätte er über Angriffe mit Fahnenstangen erfahren. Über die Konfrontation an der vorderen Sterngasse konnte er auch nur sagen dass er keine Fahnen gesehen habe, erst später bei dem Polizeivideo. Die Vernehmung von Josef dauerte nicht lang. Über den Sinn und Unsinn seiner Vorladung wollen wir uns an dieser Stelle keine Gedanken machen.

Im Anschluss zeigte uns Herr Holzmann wieder einmal dass er seine Hausaufgaben völlig motiviert und mit voller Ehrgeiz gemacht hat. Doch leider bewiesen seine „Beweisfotos“ wieder einmal nur eins:
Wer diesen Kerl den Job des Staatsschutzbullen gab muss entweder Humor gehabt haben oder betrunken gewesen sein. Seine ach so tollen Fotos und Videos wurden auch nicht beweislastiger umso öfter er sie uns zeigte und bewiesen bestenfalls die Teilnahme von Deniz an dieser Demonstration.

Nach einer einstündigen Pause verlas Staatsanwältin Ulrike Pauckstadt-Maihold ihr Schlussplädoyer. Dabei stützte sie sich fast ausschließlich auf die Aussagen der Bullen. Trotz mehrfacher Wiederlegung dieser Aussagen durch Videos, Fotos und auch durch widersprüchliche Aussagen der Zeugen. Trotz wiederholter Rechtsbrüche der Bullen z.B. bei deren Vernehmungen.
Auch die Wiedersetzung von Deniz K. gegen eine ED Behandlung sah Staatsanwältin Ulrike Pauckstadt-Maihold als einen Beweis für seine Schuld an und nicht zu vergessen die (Beweis-)fotos und Videos von Holzmann, die im Grunde überhaupt nichts bewiesen haben.
Die Staatsanwältin forderte für die Aktion am K4 (versuchte gefährliche Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Landfriedensbruch) und den Vorfall in der vorderen Sterngasse (versuchter Totschlag und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte) drei Jahre und sechs Monate Haft nach Jugendstrafrecht.

Rechtsanwalt Martin Heiming begann seine Rede mit den Namen Enver Simsek, Abdurrahim Özüdogru und Ismail Yasar. Das sind die drei Namen der durch die NSU ermordeten Opfer aus Nürnberg. Drei Namen von Zehn Menschen die durch ihren Tod uns alle heute bei diesem Prozess zusammen geführt haben. Die Namen der Opfer, der Grund ihrer Ermordung (nämlich alleine die Tatsache dass sie Migranten waren) und das verzagen der Ermittlungsbehörden hatten Menschen wie Deniz K. am 31. März 2012 in Nürnberg auf die Straße gebracht, so der Rechtsanwalt Martin Heiming. Das Verbot der Demoroute durch die Innenstadt war nicht nachvollziehbar, bei drei Morden in Nürnberg. Dieses Verhalten der Stadt Nürnberg und ihrer Polizei bewertete der Anwalt als Provokation! Eine Gefahr der Demonstration auf die öffentliche Sicherheit war niemals gegeben. Die Gefahr ist erst durch das Verbot der Demonstrationsroute entstanden, stellte Heiming richtig fest.
Weiter ging er auf die Tatsachen ein das selbst verletzte Polizisten (bzw. der einzige verletzte Bulle) das Ganze als Körperverletzung bewertet haben. Erst später wurde (von wem auch immer, das wurde bis heute nicht geklärt) nachträglich der Tatvorwurf der Körperverletzung durchgestrichen und mit „versuchter Totschlag“ ersetzt.
Die Polizei, so Rechtsanwalt Heiming, habe hier zielgerichteter und eifriger gearbeitet als bei den NSU Morden. Und dabei auch über diverse rechtliche Rahmen hinaus geschossen.
Lichtbilder von Deniz wurden bereits vor Vernehmungen den Zeugen offen auf einen Schreibtisch gelegt, die Beschreibung des „Täters“ erfolgte erst nach der Festnahme von Deniz, Protokolle wurden im nach hinein verändert usw. usf.
Die Anwälte Martin Heiming und Inigo Schmitt-Reinholtz sahen bei den Vorfällen am K4 Deniz für nicht schuldig. Für die Aktion an der vorderen Sterngasse hielten sie eine Verurteilung wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung zu vier Wochen Dauerarrest und eine sofortige Haftaufhebung für angemessen.

Nach einer weiteren einstündigen Pause verurteilte CSU Richter Dieter Weidlich unseren Genossen Deniz wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Landfriedensbruch.
Die Vorwürfe gegen Deniz am K4 konnten durch die Beweise nicht gehalten werden. Das musste wohl selbst Richter Weidlich eingestehen. Auch wegen des Vorwurfs des versuchten Totschlages konnte Deniz hier nicht verurteilt werden. Lediglich bei den Vorfällen an der vorderen Sterngasse sah es der Richter als erwiesen an das Deniz zumindest nach einem bzw. zwei Polizisten geschlagen habe.

Bei den Vorfällen an der vorderen Sterngasse gab es keinerlei verletzte Polizisten. Das sagen selbst die Bullen! Im Gegensatz dazu aber reihenweise durch Schlagstöcke verletzte Demonstranten.
Das Deniz trotz alledem zu zweieinhalb Jahren Jugendknast verurteilt wurde zeigt uns nur noch einmal wie politisch dieser Prozess geführt wurde.
Deniz wurde nicht, wie der Richter sagt, wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Sondern nur durch die Tatsache dass er als revolutionär in einer revolutionären Organisation Mitglied ist!

Das Schlusswort hatte an diesem Tag aber nicht Richter Weidlich sondern unser Genosse Deniz!
„Bevor sie mich schuldig sprechen, sprechen sie erst einmal die Polizisten für schuldig die auf die Demonstranten eingeschlagen haben.“
Die Freunde, Genossen und Verwandten von Deniz waren sehr aufgebracht nach der Verkündung des Urteils von zweieinhalb Jahren Knast für eine (angeblich) versuchte Körperverletzung. Der völlig überforderte Richter lies durch eine halbe Hundertschaft Bullen den Saal räumen. Dabei kam es zu einer kurzzeitigen Festnahme und mehreren Körperverletzungen durch die Polizei.

Einige Stunden später gab es noch eine spontan Demonstration durch die Nürnberger Innenstadt.

Wir werden in Revision gehen und diesen politischen Prozess weiter mit Deniz führen.

Sie könnt uns schlagen, treten, pfeffern oder auch fest nehmen. Sollen sie uns einsperren, uns von Familie und Freunden trennen…

Ihre Bullen, Richter und Staatsanwälte arbeiten nur für das Geld. Wir aber stehen da für unsere Ideen und Ideale. Wir kennen sie genau und wissen was falsch und was richtig ist. Wir sind bereit dafür alles zu geben. Wir sind bereit zu kämpfen.

Young Struggle Prozessbeobachtung