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Der 1. Mai in Norddeutschland

Bremerhaven: „Demonstration war gut, Polizei war schlecht“

Unter der Parole „Heraus zum 1. Mai! Gegen Ausnahmezustand und Krise!“ wurde in Bremerhaven am Kampftag des internationalen Proletariats demonstriert. Die Massen sind wütend in der ärmsten Region Deutschlands und sie hielten mit ihrer Wut nicht hinter dem Berg. Die Teilnehmer ließen auf der Demonstration ihren Frust raus, erzählten, dass sie auf der Straße seien, weil sie es satt hätten und den Ausnahmezustand nicht mehr wollten und stattdessen ihre Freiheit wieder zurück haben wollten, weil sie Angst um ihre Existenz haben oder weil sie endlich etwas gegen die tägliche Schikane durch die Polizei machen wollten. Der Aufruf, der im Vorfeld in Bremerhavener Arbeitervierteln verteilt wurde, sprach vielen aus der Seele und trieb sie auf die Straße.

Auch die zahlreichen Redebeiträge spiegelten die Situation der Bremerhavener wider. Sei es die sogenannten Bundesnotbremse, die sich wie alle Corona-Maßnahmen gegen das Volk wendet. Sei es die Militarisierung durch die Verstätigung von Tasern bei der Bremerhavener Polizei. Oder sei es die Schließung der Lloydwerft und die Vernichtung zahlreicher Existenzen, auch allgemein in der Wirtschaftskrise, und die leeren Worte der bürgerlichen Politiker und gelben Gewerkschaften, die angeblich für uns kämpfen würden. Sie waren alle da: Die Kinder und Jugendlichen aus dem Viertel, die endlich ihre Freunde wieder sehen wollen und von der Polizei schikaniert werden, wenn sie es jetzt schon tun. Die junge Frau, die gegen die Polizeigewalt und die Taser kämpfen will. Die Barbesitzerin, deren Existenz gerade bedroht ist und die sich von den bürgerlichen Politikern im Stich gelassen fühlt. Sie alle waren am 1. Mai in Bremerhaven auf der Straße und bejubelten und beklatschten die Redebeiträge.

1. Mai Demonstration 2021 Bremerhaven 5

Die Stimmung war durchweg kämpferisch, die Parolen wie „Glaubt die Lügen der Ausbeuter nicht – die Rebellion ist gerechtfertigt!“ oder „Die BRD ist nicht unser Staat – Alle Macht dem Proletariat!“ schallten laut durch die Straßen des Goetheviertels. Massen, darunter viele Jugendliche, schwangen mit Stolz die rote Fahne mit Hammer und Sichel. Und wer jetzt behaupten möchte, dass sie nicht wussten, dass sie die Fahne des Kommunismus trugen, dem sei gesagt, dass die Massen das sehr wohl tun. Vielleicht sogar besser als so manch selbsternannter Sozialist, oder wie ist es sonst zu erklären, dass ein Mann mit einer Fahne sagte „Die DDR will ich nicht zurück, aber das hier finde ich gut“ während er auf das gelbe Hammer und Sichel zeigte. Im Verlauf der Demonstration erschienen davor und daneben an mehreren Orten Hammer und Sichel Fahnen, die die Demonstrationsroute schmückten.

1. Mai 2021 Bremerhaven Fahne

Immer wieder kamen neue Menschen dazu und schlossen sich der Demonstration an, filmten und fotografierten das Geschehen und betrachteten sich ganz natürlich als ein Teil der Demonstration. Die Polizei war offensichtlich von dieser großen Teilnahme und dieser großen Einheit der Demonstrierenden gnadenlos überfordert. Immer wieder kam es zu kleineren Schikanen am Rande, die Polizei filmte die Demonstration und die Teilnehmenden ab. Als am geplanten Endkundgebungsort die Demonstration weiterlaufen wollte, räumte die Polizei den Weg, nachdem die Massen deutlich machten, dass sie sich nicht aufhalten lassen wollten. So konnte die Demonstration noch einige Meter bis zum Startpunkt weiterlaufen. Aber auch da hörte die Schikane der Polizei nicht auf, u. A. wurde ein Bus, in dem sich Demonstrierende auf den Rückweg machen wollten, bis zum Hauptbahnhof von einem großen Polizeiaufgebot verfolgt. Aber auch hier wussten sich die Menschen vor Ort gegenseitig zu helfen und so machten sich junge und alte Menschen zusammen auf den Rückweg, um sich gegenseitig vor möglichen Angriffen der Polizei zu schützen, auch wenn sie dafür einen Umweg in kauf nehmen mussten.

Was die Stimmung in den proletarischen Vierteln gegenüber der Polizei ist, sei nur soviel gesagt: Sie wurden zu Beginn der Demonstration freundlich von einigen Kindern gefragt, ob man sie mit Eiern bewerfen dürfe. Und ob sie gesehen hätten, wie sie letztes Jahr in Stuttgart auf die Fresse bekommen hätten. Die Sache war für die Massen klar an diesem Tag und lässt sich in der Aussage eines alten migrantischen Mannes zusammenfassen: „Demonstration war gut, Polizei war schlecht.“, was er immer wieder wiederholte, während er die Demonstranten auf ihrem Rückweg begleitete und ihnen auf die Schulter klopfte.

1. Mai Demonstration 2021 Bremerhaven 1

Der diesjährige 1. Mai stand auch in Bremerhaven im Lichte des geplanten Massakers auf die armen Bauern in Rondônia, Brasilien. In einem Redebeitrag wurde die Situation der Genossen geschildert, die Fahnen der revolutionären Bauernorganisation LCP und brasilianischen Volksfrauenbewegung MFP (Movimento Feminino Popular) wurden auf der Demo Seite an Seite getragen. Ein Transparent am Lautsprecherwagen verurteilte die Kriminalisierung des Kampfes um Boden auf deutsch und portugiesisch. Die Demonstranten hörten aufmerksam dem Redebeitrag zu und fragten interessiert nach.

1. Mai Demonstration 2021 Bremerhaven 8

Die Demonstration in Bremerhaven hat eines mehr verdeutlicht: Die Wut der Massen wächst. Sie wollen ihre Wut nicht länger runter schlucken. Es liegt an den Kommunisten hier im Land ihnen zuzurufen „Die Rebellion ist gerechtfertigt“ und sie zu führen. Dafür brauchen wir nötiger als je zuvor die Kommunistische Partei Deutschlands, die es gilt zu rekonstituieren. Dass die Massen das wollen und nach Lösungen suchen für ihre Situation hat sich an diesem Tag mal wieder bewiesen. Das Problem liegt also bei den Kommunisten ihre Pflicht zu erfüllen und nicht bei den Massen. Diese haben auf der Demonstration einen Geschmack davon bekommen, was sie erreichen können, wenn sie sich unter einer Fahne vereinen.

Bremen: Solidarität mit der revolutionären Bauernbewegung in Brasilien

Ein zweites Jahr in Folge kapitulierte der DGB (Deutsche Gewerkschaftsbund) vor seiner traditionellen 1. Mai-Demonstration durch die Bremer Innenstadt. Deswegen führten verschiedene revolutionäre Kräfte aus der BRD und der Türkei auf der gleichen Route wie letztes Jahr eine Demonstration durch. Neben dem Tragen eines Transparent mit der Parole „Ruhm dem internationalen Proletariat! Es lebe der 1. Mai!“, welche eine der Parolen der diesjährigen 1. Mai-Erklärung der maoistischen Parteien und Organisationen ist, wurde die Demonstration genutzt um mit einem weiteren Transparent gegen die Kriminalisierung der revolutionären Bauernbewegung in Brasilien zu protestieren und die internationale Solidaritätskampagne zu unterstützen.

Mit Anlass des 1. Mai erschienen in unterschiedlichen Arbeitervierteln Bremens Hammer und Sichel Fahnen.

Hamburg: Verbote, Treibjagd, Wasserwerfer

In Hamburg wurden nahezu alle linken Demonstrationen schon im Vorhinein verboten. Bereits Anfang der Woche hatte das Hamburger Verwaltungsgericht entschieden, dass keine großen linken Demonstrationen laufen dürften. Als Begründung wurde auf eine Eindämmungsverordnung hingewiesen. Nun ist das Hamburger Verwaltungsgericht auch nicht unbedingt dafür bekannt, dass es den Wünschen der Exekutive widerspricht. Nun ist der Kopf der Exekutive in Hamburg Andy Grote, der mit dem diesjährigen 1. Mai wieder bewiesen hat, was er für ein Hund ist. In guter deutscher Sozialdemokraten-Tradition à là Noske ist auch Grote bereit „der Bluthund“ zu sein. Und dementsprechend verhielt sich auch die Polizei am 1. Mai. Natürlich ließen sich einige Kräfte der revolutionären Bewegung nicht davon abhalten, sich die Straße am 1. Mai zu nehmen. Die Polizei ging gegen diese gerechtfertigten Proteste mit einer ungeheuren Unverhältnismäßigkeit vor, dass man meinen könnte, sie hätten die großen Demonstrationen vermisst, wo sie straffrei schlagen und verhaften konnten, wie sie wollten. Dafür wurde an diesem 1. Mai im gesamten Innenstadtgebiet neben Räumpanzern in Seitenstraßen, Wasserwerfern wegen ein bisschen Pyrotechnik im Schanzenviertel auch eine Pferdestaffel eingesetzt, um Demonstranten durch einen Park auf St. Georg zu jagen. Stundenlang wurden Demonstranten in Kesseln gefangen gehalten, ohne die Möglichkeit auf Toilette zu gehen und erst Recht ohne in der Lage zu sein, ausreichend voneinander Abstand zu halten. Das entblößt nur noch ein weiteres Mal die Lüge vom angeblichen Infektionsschutz, der als Rechtfertigung für die Verbote der Demonstrationen genutzt wurde.

1Mai HH2021 Wasserwerfer

Auch in Hamburg tauchten in mehreren Arbeitervierteln aufgehängte Fahnen auf.

 

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