In den letzten Tagen machten neonazistische Netzwerke, die in den Knästen aktiv sind, bundesweit Schlagzeilen. Aus antifaschistischer Sicht handelt es sich hier um einen großen Bluff.
Neonazis im Knast
Selbstverständlich gibt es auch in den Gefängnissen Neonazis, sind doch Knäste Abbild der Gesellschaft. Und kein Nazi gibt seine Gesinnung am Knasttor ab. Da gibt es jene, die ganz offen mit dem Hakenkreuz auf dem Rücken über den Flur spazieren, eine Kette tragen mit einer Münze aus dem Dritten Reich (inklusive Hakenkreuz), Bildern von Hitler an der Zellenwand.
Oder jene, die dann antisemitische und rechtsextreme Parolen an Zellenwände schmieren.
Aktuell ist jedoch fast nur von Gefangenen die Rede, die versucht hätten ein Netzwerk zu schaffen, nur en passant werden auch mal Bedienstete erwähnt, die „vielleicht“ Gesinnungskameraden unterstützen. Die Neonazis können doch nur so frei handeln, weil sie sich in weiten Teilen auf zumindest stillschweigende Solidarität durch Beamte verlassen (können).
Da dulden Beamte antisemitische Schmierereien an Flurwänden und wenn man sie darauf anspricht, reagieren sie pampig ( http://www.freedom-for-thomas.de/thomas/texte/knast/Up43zdPaBD.shtml), Anstaltsjuristen berufen sich zur Rechtfertigung ihrer Ansichten auf Vorgänge des Jahres 1932 ( http://www.freedom-for-thomas.de/thomas/texte/knast/vy7X8B9HBJ.shtml), Anstaltsleiter zitieren die „Boehsen Onkelz“ ( http://www.freedom-for-thomas.de/thomas/texte/knast/OGaK04fJvU.shtml) oder Wärter schließen sich in Motorrad-Clubs zusammen, deren Embleme und Kutten-Aufnäher zumindest eine gewisse Affinität zur rechten Szene nahelegen ( http://www.freedom-for-thomas.de/thomas/texte/knast/OEJWgo8j9q.shtml).
Politische Bewertung der aktuellen Berichte
Der Verdacht, die FDP, insbesondere Jörg HAHN (hessischer Justizminister) versuche hier mit einem billigen Wahlkampfmanöver im Vorfeld des NSU-Prozesses ein paar positive Schlagzeilen zu erzielen, ist nicht von der Hand zu weisen. Denn worüber nun die bundesweite Presse teilweise sehr aufgeregt berichtet, ist in antifaschistischen Kreisen schon seit langem bekannt, nur interessierte sich weder die überregionale Presse dafür, noch die Politik.
Sicher ist nicht jeder FDP- oder CDU-Politiker ein Neonazi, aber wenn man sich die Historie gerade dieser Parteien ansieht, aufgebaut und durchdrungen auch von Altnazis (noch vor wenigen Jahren verstieg sich der damalige CDU- Ministerpräsident Oettinger in einer Trauerrede auf den verstorbenen Nazi-Marinerichter und ehemaligen Ministerpräsidenten Filbinger dazu, Filbinger in die Nähe der Widerständler gegen das Nazi-Reich zu rücken. Dafür wurde Oettinger dann nicht etwa mit Ächtung bestraft, sondern zum EU-Kommissar „befördert“, wo er noch heute in Brüssel tätig ist), kommt man nicht umhin, Parallelen in der Einstellung zu bestimmten „Werten“ festzustellen. Wer dann noch in den Staatsdienst eintritt, zumal in einen Repressionsapparat, dies belegen sozialwissenschaftliche Untersuchungen über die Werteeinstellung entsprechender Beschäftigter, hat mit hoher Wahrscheinlichkeit ein – gelinde gesagt – „wertkonservatives“ Weltbild.
Insofern ist es nicht überraschend, dass nun ein Neonazi-Netzwerk enttarnt wurde – und wenn die mediale Aufmerksamkeit sich verflüchtigt hat, werden sich diese Netzwerke erneut bilden. Denn die Beschäftigten in den Gefängnissen werden die selben sein!
Thomas Meyer-Falk, z. Zt. JVA – Z. 3113, Schönbornstr. 32, D-76646 Bruchsal