Kazım Ateş war 33 Jahre lang politischer Gefangener. Nun wurde er freigelassen. „Es ist unsere Aufgabe, dem Versprechen, das wir unserem Volk gegeben haben, gerecht zu werden. Alles andere ist unwichtig“, so Ateş.
Der sechzigjährige Kazım Ateş hat mehr als die Hälfte seines Lebens in türkischen Gefängnissen verbracht. Trotz langer Inhaftierungen setzte er seinen Widerstand nach jeder Entlassung weiter fort. Seine Geschichte ist eine Geschichte des aufrechten Kampfes für Freiheit und Gerechtigkeit und der Inkaufnahme aller daraus resultierenden Konsequenzen.
Ein Leben im Widerstand
Kazım Ateş wurde erstmalig am 27. November 1980 in Êlih (tr. Batman) von der Militärjunta festgenommen und vor dem 7. Militärgerichtshof in Amed (Diyarbakır) 39 Mal zum Tode verurteilt.
Aufgrund seines Alters von 17 Jahren wurde die Strafe auf 24 Jahre Haft reduziert. Er wurde im berüchtigten Foltergefängnis Nr. 5 in Amed inhaftiert, einem der schlimmsten Gefängnisse der Welt. Acht Jahre lang wurde Ateş in Einzelhaft gehalten und von dem berüchtigten Folterer und Sicherheitschef Esat Oktay Yıldıran schwer gefoltert. Im Jahr 1988 wurde Ateş in ein Spezialgefängnis in Eskişehir verlegt, anschließend wurde er nach Aydın gebracht. Ateş wurde erneut vor Gericht gestellt und seine Strafe auf elf Jahre reduziert. 1991 wurde er entlassen.
Im Juni 1993 wurde Ateş in der Ägäis-Region erneut festgenommen und vor dem Staatssicherheitsgericht Izmir wegen „Störung der Einheit und Integrität des Staates“ angeklagt. Ateş wurde wegen „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ zu 18 Jahren Haft verurteilt. Die Strafe wurde später aufgrund einer Gesetzesänderung auf zwölf Jahre reduziert. Ateş saß in Gefängnissen in Bursa, Elbistan und Aydın und wurde 2004 entlassen.
Das nächste Mal wurde Ateş 2007 in Izmir mit der Begründung verhaftet, dass seine Bewährung widerrufen worden sei. Er wurde in das F-Typ-Gefängnis Kırıklar Nr. 1 gebracht. 2009 erklärte der Staatsanwalt, es habe einen Fehler gegeben, und Ateş wurde wieder freigelassen.
Acht Jahre Haft für zweijährige Verurteilung
2015 wurde Ateş in Sason zusammen mit 26 weiteren Personen verhaftet. Das Verfahren wegen „Unterstützung und Beherbergung von Mitgliedern einer Terrororganisation“ zog sich über sieben Jahre hin, in dieser Zeit blieb er in Haft. Ateş wurde zu zwei Jahren und 15 Tagen Haft verurteilt und saß in den Gefängnissen von Nevşehir und Bolu ein. Am 16. Juni hätte Ateş freigelassen werden müssen. Allerdings wurde ihm die Freilassung verweigert, weil er sich weigerte, eine Reuebekundung abzugeben.
„Der Entscheidende ist der Kampf“
Nach seiner Entlassung aus dem F-Typ-Gefängnis von Bolu am Mittwoch wurde Ateş von der Angehörigenorganisation politischer Gefangener in der Marmara-Region (MA TUHAY-DER) mit Blumen empfangen. Er hielt eine kurze Rede, nachdem er das Gefängnis verlassen hatte, und sagte: „Die Hälfte meines Lebens habe ich hier drin verbracht. Es ist unsere Aufgabe, den Kampf mit Entschlossenheit und Beharrlichkeit weiterzuführen. Wir müssen diesen Weg voller Überzeugung und Entschlossenheit bis zur Freiheit und Befreiung fortsetzen.“
Ateş betonte, dass er trotz insgesamt 33 Jahren Haft seine Überzeugung nicht aufgegeben habe. Voller Freude darüber, seine Weggefährt:innen erneut in die Arme schließen zu können, erklärte er: „Es ist unsere Aufgabe, dem Versprechen, das wir unserem Volk gegeben haben, gerecht zu werden. Alles andere ist unwichtig. Der Kampf ist das Entscheidende.“