Vor einigen Wochen erreichte uns über mehrere Ecken die Anfrage eines wissenschaftlichen Mitarbeiters des am Exzellencluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ angesiedelten Projektes „Internationale Dissidenz“. Er sei in einem Projekt für Bewegungsforschung involviert und hätte daher gerne einen Kontakt zu uns.
Wir waren von dieser Anfrage doch gelinde gesagt mehr als überrascht. Bereits in unserem Semesterguide vom Winter 2013/14 haben wir auf die konterrevolutionäre Forschung des sogenannten Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ mit einem Text von Peer Heinelt und einer von uns verfassten Einleitung hingewiesen. Die Artikel zeigten anhand von Texten des Clusters auf, dass dort politische Bewegungen und „ Radikalisierungsprozesse“ erforscht werden, um dieses Wissen zur Aufrechterhaltung der kapitalistischen Herrschaftunsordnung einzusetzen.
Auch das Projekt „Internationale Dissidenz“ verheimlicht in seiner Selbstbeschreibung kaum, worum es ihm geht. So heißt es auf der Homepage: „Im Zentrum des Projektverbunds steht die Frage, unter welchen Bedingungen sich Widerspruch zu radikalisieren beginnt und von Opposition zu Dissidenz übergeht.“
Noch deutlicher werden die beiden projektleitenden Professor*innen Deitethoff und Daase in der Beschreibung ihrer eigenen Projekte. Wie Deitelhoff Herrschaftswissen zur Aufstandsbekämpfung generiert, geht deutlich aus der Beschreibung ihres aktuellen Forschungsprojekte hervor:
„Während einige Gruppierungen ihre Ziele innerhalb der institutionalisierten Kanäle politischer Teilhabe verfolgen, verletzen andere bewusst die geltenden Spielregeln politischer Einflussnahme bis hin zur Anwendung von (sporadischer) Gewalt. Die Gründe für diese Unterschiede sind bislang kaum erforscht. Das Teilprojekt vergleicht unterschiedliche Gruppierungen innerhalb der Bewegung, um anhand ihrer Entwicklungen (von Opposition über gewaltlose Dissidenz bis hin zu gewaltsamer Dissidenz und umgekehrt) mögliche Faktoren zu identifizieren, die gesellschaftlichen Protest in die Dissidenz hinein und wieder aus ihr herausführen, sowie um eine Diskussion der gesellschaftlichen Bedeutung dissidenter Bewegungen in zeitgenössischen Demokratien zu ermöglichen.“ (Quelle)
Prof. Christopher Daase forscht etwa dazu, wie sich die Unruhen in den Banlieues oder die Proteste gegen die Austerität in Griechenland oder Spanien zu gewaltsamen Bewegungen entwickeln, mit dem Ziel, „Mechanismen zu identifizieren, die zu einer Umkehr dieses Prozesses führen“.
Es ist davon auszugehen, dass beide nun auch bewusst Leute mit einer linken Biographie am Cluster einstellen, um aufgrund deren Integrität als Linke und ihrer Kontakte in die Bewegung leichter an Wissen über die radikale Linke ranzukommen. Auch wenn die linken Forscher*innen am Cluster einen gewissen Freiraum zur Durchführung ihrer eigenen Forschungsvorhaben bekommen mögen, liegt es aber letztlich nicht in ihrer Hand, zu welchen Zwecken ihre Forschungsergebnisse verwendet werden. Letztlich tragen sie so ihren Teil zu der am Cluster durchgeführten Konterrevolutionsforschung bei. Wir fordern daher alle an diesem Cluster beschäftigten Linken auf, ihre Aktivitäten dort zu beenden. Das klingt radikal, geht es doch um eine Finanzierung des Lebensunterhalts, mit der man sogar seinen eigenen Interessen nachgehen kann. Aber bestimmte Jobs kann man halt als Linke nicht machen. Leute, überlegt euch ernsthaft da zu kündigen!
Wir können nur darüber spekulieren, inwieweit das Cluster mit dieser Forschung in Verbindung mit staatlichen Sicherheitsbehörden steht, wir halten es aber für alles andere als ausgeschlossen. In einem sehr bekannt gewordenen Fall hatte der linksradikale Forscher für „crowd psychology“ John Drury seine Genoss*innen interviewt und seine Ergebnisse dann auch auf Polizei-Konferenzen vorgestellt. (siehe den Offenen Brief der Athener Genoss*innen von TPTG: )
Wir gehen davon aus, dass ähnliche Anfragen in der nächsten Zeit auch an andere linke Strukturen in Frankfurt herangetragen werden. Auch wenn die Leute, die euch anfragen, integre Linke und selbst Aktivistinnen sind, tragt ihr, wenn ihr ihnen Infos liefert, letztlich dazu bei, Herrschaftswissen zu produzieren!
Keine Zusammenarbeit mit Schnüffler*innen, weder mit staatlichen, noch mit
akademischen!
Antifa Kritik & Klassenkampf im November 2016