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Gefährder von links? Erfolg vor Gericht für Stefan Engel

Nur mit strömungsübergreifender Solidarität wird es uns gelingen, weiterhin alle diese Versuche abzuwehren oder ins Leere laufen zu lassen!
Solidarisiert euch!

Im Folgenden:

Nach drei Jahren verkündet das Verwaltungsgericht in Meiningen ein Urteil und Stefan Engel bekommt Recht.
Die Band Grup Yorum
Der Brief der Landespolizeiinspektion Saalfeld und das Urteil
Was ist eigentlich ein „Gefährder“
Wer Gefährder ist, bestimmt die Polizei
Was passiert, wenn eine Person als „Gefährder“ eingestuft wurde?
Fazit
Die Gefährderansprache

Nach drei Jahren verkündet das Verwaltungsgericht in Meiningen ein Urteil und Stefan Engel bekommt Recht.

Die Landespolizeiinspektion Saalfeld hatte ihm im Mai 2018 einen Brief geschrieben.

Darin sei er darauf hingewiesen worden, dass die Polizei alle erforderlichen Maßnahmen gegen Organisatoren, Unterstützer und gegebenenfalls Teilnehmer der Veranstaltung ergreifen werde, um Straftaten zu verhindern.

Die genannte Veranstaltung war das „Rebellische Musikfestival“ 2018 im thüringischen Truckenthal , für das er als einer von 10 Weiteren als Schirmherr fungierte.

Weiter wies die Landespolizeiinspektion darauf hin, dass es eine Straftat darstelle, verbotene Organisationen und ihre Bestandteile direkt oder indirekt zu unterstützen.

Sie meinte damit den geplanten Auftritt der Band Grup Yorum.

Die Band Grup Yorum

Das Musiker_innenkollektiv Grup Yorum ist Jahren immer wieder Ziel staatlicher Repression. 2016 ging das Lied „Zerbrochene Instrumente“ Kırılan Enstrümanlar um die Welt. Die Musiker_innen spielten dabei nach einer Razzia in ihrem Übungsraum auf den Trümmern der von der Polizei zerstörten Instrumente. Kurz darauf wurden acht aus der Gruppe ins Gefängnis geworfen.

Den Musiker_innen wird vom türkischen Staat Mitgliedschaft in der DHKP-C bzw. „Unterstützung“ vorgeworfen. Diese Organisation ist in der Türkei als „terroristisch“ eingestuft. Trotz dieser behaupteten Verbindung hat die Gruppe eine große Anhänger_innenschaft. Zu den einmal jährlich stattfindenden „Volkskonzerten“ in Istanbul mit freiem Eintritt kamen 2014 1,1 Millionen Besucher_innen. 2015 verbot die Regierung das Konzert mit der „Begründung“, das Konzert »könnte das Volk in Aufruhr versetzen«. Die Gruppe rief dennoch dazu auf. An verschiedenen Orten in der Stadt fanden kleine Konzerte statt von Teilen der Band. Die Botschaft an die Fans lautete: »Es sind eure Balkons, Busse, Arbeitsplätze, Straßen und Viertel – überall, wo das Volk ist, ist ein Konzertgelände von Grup Yorum«. Die Polizei verfolgte die Busse der Fans, es kam zu Straßenschlachten und 54 Festnahmen…

Auch hierzulande findet sich Grup Yorum auf der Verfassungsschutz – Liste. Die Gruppe habe enge Verbindungen zu der „Untergrundorganisation“ DHKP-C in der Türkei und diese wiederum sei eine Nachfolgeorganisation der in Deutschland seit 1983 verbotenen Devrimci Sol. Und so wird gegen Konzerte der Gruppe von den Behörden auch hier vorgegangen, siehe z.B: Taz vom 28. 11. 2019:

„Am 24. November sollte in Köln ein Solidaritätskonzert für die in der Türkei inhaftierten Mitglieder der Band Grup Yorum stattfinden. Im Ezgi Center in Köln-Braunsfeld war die Bühne bereits aufgebaut, die Redner*innen und Musiker*innen waren bereit, als fünf Minuten vor Beginn des Konzerts die Polizei eintraf, mit einer Verbotsverfügung in den Händen. Aus dieser ging hervor, dass das Konzert aufgrund von „illegaler Propaganda für eine terroristische Vereinigung“ verboten worden war und von der Staatsanwaltschaft Untersuchungen eingeleitet worden waren. … Seit ihrer Gründung im Jahr 1985 ist Grup Yorum immer wieder Ziel von staatlicher Kontrolle geworden. Die Band ist für ihre politischen Songtexte bekannt: Grup Yorum singt über das Massaker von Sivas 1993, über die verunglückten Bergbauarbeiter in den 2000er Jahren und über die Gezi-Proteste von 2013. Insgesamt hat die Band 25 Alben herausgebracht und über zwei Millionen Hörer*innen erreicht.

In den fast 35 Jahren ihres Bestehens wechselten die Bandmitglieder immer wieder. So haben sich drei Generationen herausgebildet, die erste Mitte der 1980er Jahre, die zweite in den 1990ern und schließlich die dritte, die in ihren Liedern die politische Situation in den 2000ern und danach thematisiert. Zum 25-jährigen Jubiläum gab Grup Yorum 2010 vor 50.000 Menschen ein Konzert im Istanbuler İnönü Stadion. Die Musiker*innen traten in Deutschland, Frankreich und England auf. Und genau wie sie überall Sympathisant*innen haben, verfolgen die Verbote sie auch überall hin. … …“

Siehe auch den Artikel von Peter Nowak vom 22.07.2018 im Neuen Deutschland „Innenminister nehmen linke Band ins Visier- Grup Yorum muss Verbot in Deutschland befürchtet werden“:

„… In den Jahren sind zahlreiche angebliche DHKP-C Unterstützer*innen in Deutschland mittels des Paragraphen 129b wegen Mitgliedschaft oder Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Zu den inkriminierten Tätigkeiten, die ihnen vorgeworfen werden, gehört auch das Organisieren von Grup-Yorum-Konzerten, das Kleben von Plakaten und der Verkauf von Tickets für ihre Auftritte. Seit Jahren werden in Deutschland die Konzerte der Band massiv behindert. …“

In diesen Kontext reiht sich auch der Versuch ein, das Konzert der Gruppe beim „Rebellischen Musikfestival“ 2018 zu verhindern.

Der Brief der Landespolizeiinspektion Saalfeld und das Urteil

Den Brief der Landespolizeiinspektion Saalfeld sah das Gericht nicht als einfaches „Informationsschreiben“, wie der Bevollmächtigten der Thüringer Polizei ihn verstanden haben wollte. Das Gericht kam zu dem Schluss, der Brief sei eindeutig als Gefährderanschreiben einzustufen. Für eine Einstufung als „Gefährder“ habe es jedoch an den gesetzlichen Voraussetzungen gefehlt. Weder habe eine konkrete Gefahr bestanden, noch habe der Kläger als sogenannter Störer in Anspruch genommen werden dürfen. (2 K 863/18 Me). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Stefan Engel sagte: «Ich begrüße, dass ich mit meiner Klage gegen den Freistaat Thüringen Recht bekommen habe.» Der Prozess sei für ihn nicht nur eine persönliche Angelegenheit gewesen, so sein Anwalt. Es könne nicht sein, «dass anders denkende Menschen in Deutschland als Gefährder praktisch rechtlos gestellt werden und jederzeit mit Verfolgung zu rechnen haben».

Stefan Engel war lange Jahre Vorsitzender der MLPD und wurde als solcher schon vom VS beobachtet. Im Zuge der Einstufung als „Gefährder“ wurde ihm ein Konto gekündigt.

Siehe Artikel im ND https://www.nd-aktuell.de/artikel/1155262.stefan-engel-juristischer-sieg-fuer-ehemaligen-vorsitzenden-der-mlpd.html,

der Süddeutschen https://www.sueddeutsche.de/politik/innere-sicherheit-meiningen-gericht-gefaehrder-einstufung-der-polizei-nicht-rechtens-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-210803-99-691326

und den Pressespiegel auf der Seite der RF: https://www.rf-news.de/2021/kw30/pressespiegel-zum-prozess-von-stefan-engel-in-meiningen

Was ist eigentlich ein „Gefährder“

Wikipedia schreibt uns dazu: Als “Gefährder“ werden in Deutschland im Recht der Gefahrenabwehr solche Personen bezeichnet, die weder Handlungs- noch Zustandsstörer sind, bei denen aber „bestimmte Tatsachen die Annahme der Polizeibehörden rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung, insbesondere solche im Sinne des § 100a der Strafprozessordnung (StPO), begehen“ werden. Diese 2004 von der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Landeskriminalämter und des Bundeskriminalamts festgelegte Begriffsbestimmung ist im deutschen Polizeirecht nicht gesetzlich verankert….

Das BKA bleibt ebenso schwammig: „Im Bereich der Gefahrenabwehr kann die jeweilig zuständige Länderpolizei eine Person aufgrund vorhandener Erkenntnisse als Gefährder oder Relevante Person einstufen. Die Begriffe Gefährder und Relevante Person sind auf polizeilicher Ebene wie folgt definiert (es handelt sich hierbei nicht um eine gesetzliche Definition):

Ein „Gefährder“ ist eine Person, zu der bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung, insbesondere solche im Sinne des § 100a der Strafprozessordnung, begehen wird.

Eine Person ist als relevant anzusehen, wenn sie innerhalb des extremistischen/terroristischen Spektrums die Rolle einer

Führungsperson,

eines Unterstützers/Logistikers,

eines Akteurs

einnimmt und objektive Hinweise vorliegen, die die Prognose zulassen, dass sie politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung, insbesondere solche im Sinne des § 100a der Strafprozessordnung, fördert, unterstützt, begeht oder sich daran beteiligt, oder

es sich um eine Kontakt- oder Begleitperson eines Gefährders, eines Beschuldigten oder eines Verdächtigen einer politisch motivierten Straftat von erheblicher Bedeutung, insbesondere einer solchen im Sinne des § 100a Strafprozessordnung, handelt.“

Die Bundesregierung meint in ihrer Antwort auf eine Anfrage aus der Linken zur „Problematik des Gefährder-Begriffs“:

Die Begriffe „Gefährder“ und „Relevante Personen“ entstammen der polizeifachlichen Terminologie und finden Anwendung im Bereich der politisch-motivierten Kriminalität (PMK). Die Begriffe sind durch Beschlüsse der Innenministerkonferenz bundeseinheitlich abgestimmt und definiert. … Im Folgenden wird nochmals erläutert, dass die Einstufung von Personen als „Gefährder“ oder „Relevante Personen“ nach dem Gefährderprogramm allein keine Rechtsfolgen auslöst. …

siehe dazu:

https://dserver.bundestag.de/btd/18/121/1812196.pdf

https://www.bundestag.de/resource/blob/503066/8755d9ab3e2051bfa76cc514be96041f/wd-3-046-17-pdf-data.pdf

https://www.bundestag.de/resource/blob/817826/34cb38786cf02bef95a4c34b59c43f89/WD-3-260-20-pdf-data.pdf

Dr. jur. Michael Jasch sieht das kritisch: Wenn eine Person als „Gefährder“ oder „Relevante Person“ aus dem extremistischen Umfeld eingestuft wird, ergibt sich daraus: nichts. So jedenfalls liest sich die Antwort der Bundesregierung BT-Drs. 18/12196 auf eine parlamentarische Anfrage der Fraktion Die Linke. Und: Plausibler ist daher die Annahme, dass die polizeiliche Einstufung als „Gefährder“ zugleich auch polizeiliche Maßnahmen gegen diese Person auslöst, mögen diese auch auf Befragungen, Informationserhebungen oder Observationen beschränkt sein.

Wie brisant und eingriffsintensiv die Gefährder-Einordnung werden kann, zeigte jüngst die Abschiebung von zwei in Göttingen festgenommenen Männern, denen keine Straftat nachgewiesen werden konnte.

Er kommt zu dem Schluss:

Wer Gefährder ist, bestimmt die Polizei

… „Die Einstufung ist Sache der jeweiligen Landespolizeibehörden. Sie ist vielfach abhängig von deren Erfahrungen, den Ermittlungszugängen und ihren Ressourcen. Die Ungenauigkeit der bestehenden Begriffe führt zu einer schlichen Konsequenz: Wer Gefährder ist, bestimmt die Polizei. Und das kann sich unter Umständen auf eine kleine Gruppe von Beamten in den Staatsschutzabteilungen und Landeskriminalämtern beschränken.“ …

Interessant auch ein Artikel in der Kriminalpolitischen Zeitschrift:

„Die Transformation der Sicherheitsarchitektur – die Gefährdergesetze im Lichte des Vorsorge-Paradigmas“

Der Beitrag beschreibt, wie „die Kompetenzen der Polizeibehörden imgefahrenabwehrrechtlichen Bereich durch eine zeitliche Vorverlagerung von Eingriffsbefugnissen und Senkung von Eingriffsschwellen erweitern“(t) werden.

Zum Der Gefährder-Begriff – Der Terminus des Gefährders ist nicht legaldefiniert, es handelt sich vielmehr um einen „polizeifachlichen“ Arbeitsbegriff, der im Phänomenbereich der politisch motivierten Kriminalität Anwendung findet] Der Begriff wurde zunächst im Zusammenhang mit den sogenannten Gefährder-Verbleibs-Kontrollen verwandt, welche der Kontrolle der An- und Abwesenheit einer Person an dem vermuteten Aufenthaltsort durch geeignete Maßnahmen dienen sollte. Seit den Anschlägen vom 11. September und der darauffolgenden Anti-Terror-Gesetzgebung wird der Begriff verstärkt im Kontext des islamistischen Terrorismus gebraucht und geht aus der neuen präventiven Ausrichtung des polizeilichen Staatsschutzes hervor.

Darüber hinaus hat der Begriff bereits Einzug in verschiedene Themenkomplexe des Polizei- und Ordnungsrechts, bspw. des Fußballhooliganismus oder der rückfallgefährdeten Sexualstraftäter gehalten.[

Und stellt im Weiteren ebenso fest: „Der Begriff eröffnet letztlich einen Beurteilungsspielraum, der die Deutungshoheit des Gefährders den Polizeibehörden überlässt. …“

„Seit längerer Zeit bekannt ist der Gefährder im öffentlichen Recht hingegen aus den Diskussionen um so genannte Gefährderansprachen, auch wenn der Begriff hier eher implizit und seltener verwendet wird. Inhaltlich geht es darum, Hooligans13, potentiell gewaltbereite Demonstrant_Innen14, Anhänger_Innen ausländischer politischer Gruppierungen15, jugendliche Intensiv-16 oder häusliche Gewalttäter17 mündlich oder schriftlich anzusprechen, sie darauf aufmerksam zu machen, dass in Bezug auf ihre Person polizeirechtlich relevante Informationen vorliegen und sie deshalb unter besonderer Beobachtung stehen“

Felix Hanschmann „Gefährder“ – eine neue alte Figur im Öffentlichen Recht

Was passiert, wenn eine Person als Gefährder eingestuft wurde?

„Ist man als Gefährder eingestuft, passiert laut Bundesregierung: erst einmal nichts. Die Einstufung als „Gefährder“ oder „Relevante Person“ allein habe noch ­keine Rechtsfolgen; vielmehr gebe die Einstufung „Anlass zur Prüfung der rechtlichen Grundlagen zur Ergreifung eben solcher Maßnahmen nach den Bestimmungen des Gefahrenabwehrrechtes“, so die Bundesregierung. Aus einer Antwort auf die Kleine Anfrage der Linksfraktion geht jedoch hervor, dass das Bundeskriminalamt halbjährlich Name, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsland, Geschlecht und Nationalität der Gefährder aus dem ­Bereich „Politisch motivierte Kriminalität – religiöse Ideologie“ an die Behörden mehrerer Staaten übermittelt: Österreich, Frankreich, Italien, Spanien, Großbritannien, Niederlande, Belgien und Polen. Außerdem erhält Europol, das europäische Polizeiamt, Daten zu Gefährdern und Relevanten Personen vom BKA, ­ebenso das „Terrorist Screening Center“ des FBI und die Ausrichterstaaten von sportlichen Großevents wie den Olympischen Spielen.“

aus: Gefährder und Gefahr

Was wirklich passiert -der Bericht eines Betroffenen

In einem Artikel in der TAZ beschreibt 2018 ein Betroffener seine Situation: „Christian S. ist einer von zwei linksextremen Gefährdern in Deutschland. Seit er das weiß, versteht er, warum ihm viele seltsame Dinge passieren. …

Über ein Leck in den Behörden ist S. an eine Akte gelangt, die auch die taz einsehen konnte. Aus dieser geht hervor, dass das Berliner Landeskriminalamt ihn als linksextremen Gefährder eingestuft hat.

Insgesamt werden in Deutschland knapp 800 Personen als Gefährder geführt. Gut 760 davon in der Kategorie „religiöse Ideologie“, gut 30 in der Kategorie „politisch motivierte Kriminalität rechts“. Unter „politisch motivierte Kriminalität links“ nur zwei Personen – Christian S. und noch ein anderer Mann.

Diese Zahlen nannte das Bundeskriminalamt der taz auf eine Anfrage im November. Als die Linksfraktion im Bundestag 2017 die Anzahl abgefragt hatte, waren es noch vier linksextreme Gefährder. Christian S. und seine Anwältin gehen davon aus, dass S. nach wie vor dazugezählt wird, doch sicher wissen können sie es nicht. Wer als Gefährder eingestuft wird, bekommt keinen Brief der Polizei, in dem das drinsteht. Und ebensowenig erfährt man, wenn diese Einstufung nicht mehr gilt. …“

Fazit

Abgesehen von den Skandalen, die über VS und Polizeibehörden im Zusammenhang mit Faschistischen Organisierungen und Zusammenhängen ständig zu Tage treten, gelten für „sicher“ gehaltene Grundsätze eines Rechtsstaates hier nur noch theoretisch: „Ein Rechtsstaat bedeutet: im Zweifel für den Angeklagten. Und: Solange jemand nicht verurteilt wird, so gilt er als unschuldig.“ Ulla Jelpke

Auch für Stefan Engel hatte die Sache noch weitreichende Folgen. Laut seinem Anwalt wurde er im Dezember 2019 vom Bundeskriminalamt zur »Gefahrenabwehr« bundesweit zur Fahndung ausgeschrieben und die Commerzbank habe sein Privatkonto gekündigt.

Gegen die so genannten „Gefährder“ gibt es keinerlei Beweise, schon gar keine, die vor einem Gericht standhalten würden. „Gefährder“ können nicht angeklagt werden, sie haben nichts getan. Sie sind in den Fokus der dubiösen Verfolgungsbehörden geraten, weil irgend ein Beamter oder irgend eine Beamtin das so beschlossen hat. Es gibt dafür keinerlei nachvollziehbare Begründungen.

Es gibt meistens nichts, was dagegen hilft. Außer, wenn eine „Gefahrenansprache“ inszeniert wird oder wie im Fall von Stefan Engel ein Brief eintrudelt und dadurch überhaupt erkennbar wird, dass die Behörden ein Auge auf wen geworfen haben.

Dann loht es sich, dagegen vor zu gehen.

Daher ist der Erfolg von Stefan Engel vor Gericht so wichtig.

Denn, wie Stefan Engel sagte: «Ich begrüße, dass ich mit meiner Klage gegen den Freistaat Thüringen Recht bekommen habe.» Der Prozess sei für ihn nicht nur eine persönliche Angelegenheit gewesen, so sein Anwalt. Es könne nicht sein, «dass anders denkende Menschen in Deutschland als Gefährder praktisch rechtlos gestellt werden und jederzeit mit Verfolgung zu rechnen haben».

Weiteres dazu:

Ein längerer Artikel aus der TAZ: Gefährder in Deutschland

Und ein Aufsatz von Felix Hanschmann „Gefährder“ – eine neue alte Figur im Öffentlichen Recht

Die Gefährderansprache

Nicht zuverwechseln mit den „Gefährdern“ wie oben beschrieben sind diejenigen, denen eine „Gefährderansprache“ dargeboten wird.

Auch diese Ansprachen – oder Briefe- beruhen auf „Erkenntnissen“ der Behörden, meist sind auch sie bzw. Daten von ihnen in einer der unzähligen polizeilichen Dateien gespeichert.

Vor Großdemonstrationen wie G8 Gipfel, Demonstrationen zum 1. Mai, aber auch Fußballspielen werden manche Personen gerne von der Polizei zu Hause oder sogar auf der Arbeit aufgesucht um ihnen zu sagen, dass sie unter Beobachtung stehen.

Geregelt ist das z.B. im Niedersächsischen Polizeigesetz:

§ 12a NPOG – Gefährderansprache, Gefährderanschreiben

(1) 1Verursacht eine Person eine Gefahr oder rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass eine Person innerhalb eines übersehbaren Zeitraums auf eine zumindest ihrer Art nach konkretisierte Weise eine Straftat begehen wird, so können die Verwaltungsbehörden und die Polizei die Person zum Zweck der Abwehr der Gefahr oder der Verhütung der Straftat ansprechen (Gefährderansprache) oder anschreiben (Gefährderanschreiben). 2Die betroffene Person darf zur Durchführung der Gefährderansprache kurzzeitig angehalten werden.

(2) 1Bei einer minderjährigen Person darf eine Gefährderansprache nur in Anwesenheit einer gesetzlichen Vertreterin oder eines gesetzlichen Vertreters durchgeführt werden, es sei denn, durch deren oder dessen Anwesenheit würde der Zweck der Maßnahme gefährdet. 2In diesem Fall sind die gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter unverzüglich über den Inhalt der Gefährderansprache zu unterrichten. 3Ein an eine minderjährige Person gerichtetes Gefährderanschreiben ist zugleich deren gesetzlichen Vertreterinnen und Vertretern zuzuleiten.

Im Fortbildungsinstitut der Bayerischen Polizei wird auch das erklärt, schön einfach geordnet – Begriff, Möglichkeiten, Grenzen 1) Versuch einer Definition 2) Rechtliche Einordnung 3) Ziel und Bedeutung der Gefährderansprache 4) Durchführung einer Gefährderansprache • Zeitpunkt • Ort • Anzahl der durchführenden Personen • Gesprächsführung • Gesprächsverlauf • Dokumentation • Bewertung/ Weiteres Vorgehen 5) Besonderheiten bei Gefährderansprache bei Jugendlichen 6) Strafbarkeit nach § 171 StGB

https://web.archive.org/web/20180614121442/http://www.dvjj.de/sites/default/files/medien/imce/documente/veranstaltungen/dokumentationen/mueller.pdf

https://hannover.rote-hilfe.de/node/276