Heute, am 24. April, hat Mumia Abu-Jamal seinen 60. Geburtstag. Der afroamerikanische Journalist ist bereits über 32 Jahre in Gefangenschaft. Er wurde in einem von Rassismus, Klassenjustiz und politischer Repression bestimmten Verfahren für einen untergeschobenen Mord ohne haltbare Beweise zum Tode verurteilt. Das löste mehrere Jahrzehnte heftiger politischer Auseinandersetzungen aus, in deren Folge nicht nur die Hinrichtung des ehemaligen Black Panthers verhindert werden konnte, sondern auch die Todesstrafe und die Masseninhaftierung in den USA generell in die Kritik gerieten.
In Mumias Region von Pennsylvania schlägt die Empörung über die rassistische Justiz und die dahinter stehende Gefängnisindustrie ähnlich hoch wie in einigen anderen US Bundestaaten. Dabei geht es u.a. um die über 2500 zu “ Lebenslänglich ohne Bewährung“ verurteilten Jugendlichen, überführte korrupte Jugendrichter (die für Geld Jugendliche ans Fließband lieferten) oder die beinahe schon unzählbaren Justizskandale im Todestrakt des Bundesstaates.
Bespiele gibt es viele: z.B. Jimmy Dennis (1), dessen Todesurteil bereits im August 2013 aufgehoben wurde, der aber noch immer im Todestrakt festgehalten wird. Oder Harold Wilson (2), der 18 Jahre nachweislich unschuldig im Todestrakt saß und bis heute keinerlei Entschädigung erhalten hat. Natürlich auch Mumia Abu-Jamal selbst, dessen Verfahren laut Amnesty International als „durchzogen von Politik und Rassismus“ bezeichnet wird sowie nicht „den internationalen Mindeststandards zur Sicherung fairer Verfahren“ entsprochen hat (3). 2011 gaben die Behörden dem Druck der Solidaritätsbewegung nach und setzten die Todesstrafe gegen Mumia endgültig aus. Allerdings ließen sie ihn nicht frei oder führten ein neues Verfahren durch, sondern gaben ihm „Lebenslänglich ohne Bewährung“, vermutlich in der Hoffnung, nun endlich Ruhe vor Protesten zu haben. Der unter Druck geratene Bezirksstaatsanwalt von Philadelphia, Seth Williams kündigte vor kurzem sogar an, sich in Zukunft mit Fehlurteilen der Justiz und vor allem seiner eigenen Behörde beschäftigen zu wollen. Um dabei aber auch an diese Gefangene zu denken, wird er sicherlich hartnäckig daran erinnert werden müssen.
Als Autor und Journalist gehört Mumia zu den kämpfenden Gefangenen, die seit über 30 Jahren Berichte aus dem Inneren der Isolationstrakte und Fabrikhallen der Gefängnisindustrie senden. Seine Bücher „Jailhouse Lawyers“ oder „Ich schreibe um zu leben“ (4) gehören neben Angela Davis oder Michelle Alexander (5) inzwischen zu den Standardwerken in der Auseinandersetzung um Todesstrafe und Masseninhaftierung in den USA. Auch seine historische Schilderungen, z.B. „We Want Freedom“ (6) über die Black Panther Party, werden gerade unter Gefangenen häufig gelesen.
In den USA reisen Unterstützer*innen in diesen Tagen nach Philadelphia, um sich an der „Celebration Of Life“ zu beteiligen. In Veranstaltungen und Straßenprotesten wird das bisherige Lebenswerk Mumias, „The Voice of the Voiceless“ mehrere Tage gefeiert – natürlich verbunden mit der Forderung nach seiner Freilassung.
Auch über die USA hinaus schließen sich Menschen dieser Forderung an. In Mexico City begann bereits am Montag das „Festival Free Mumia“, dass noch bis Samstag mit Lesungen, Konzerten, einer Fahrraddemo sowie einer Kundgebung vor der US Botschaft gehen wird. Heute demonstrieren Unterstützer*innen von Mumia vor den US Konsulaten in Amsterdam und Frankfurt Am Main (7). In Berlin gingen Unterstützer*innen bereits vor einigen Tagen vor die US Botschaft und forderten in einem Flashmob „Bring Mumia Home“ – Video: Free Mumia Abu-Jamal! https://www.youtube.com/watch?v=ulqEXo1fVXY
Mumia selbst nahm eine Audio-Grußbotschaft an alle auf, die gegen die Masseninhaftierung und für eine solidarische Gesellschaft kämpfen. Diese Aufnahme ist auf Prison Radio veröffentlicht: http://prisonradio.org/media/audio/mumia/celebration-and-resistance-message-all-cities204-mumia-abu-jamal
Bereits seit einigen Monaten läuft ein neuer Film in Kinos und sozialen Zentren: „MUMIA – Long Distance Revolutionary“, der das Leben des afroamerikanischen Aktivisten vor dem Hintergrund der Bürgerrechtskämpfe und revolutionären Bewegungen in den USA von den 1960ern bis heute beleuchtet (8). An Mumias Geburtstag gibt es weitere Vorführungen in Nürnberg und Frankfurt am Main (9) sowie später auch in Berlin.
Mumia Abu-Jamal
#AM 8335
SCI Mahanoy
301 Morea Road
Frackville, PA 17932
USA
Er freut sich über Post – Happy Birthday, dear Mumia!
(1) Jimmy Dennis, Todestraktgefangener in Pennsylvania, USA
http://mumia-hoerbuch.de/postamt/Jimmy%20Dennis.pdf
(2) Harold Wilson, ehemaliger Mitgefangener von Mumia Abu-Jamal, spricht vor der US-Botschaft in Berlin über die Tidesstrafe https://www.youtube.com/watch?v=TEPZ7CkzP_s
(3) ein ausführlicher Hintergrundartikel zu Mumia Abu-Jamals Verurteilung: „Mumia Abu-Jamal – 26 Jahre Kampf um Freiheit“ – Indymedia 2007 http://de.indymedia.org/2007/11/200552.shtml
Der Bericht von Amnesty International: UNITED STATES OF AMERICA – A Life in the Balance: The Case of Mumia Abu-Jamal http://www.amnesty.org/en/library/asset/AMR51/001/2000/en/0987a185-dfd3-11dd-8e17-69926d493233/amr510012000en.pdf
(4) Mumia Abu-Jamal „Jailhouse Lawyers – Knastanwälte – Strafgefangene im Kampf gegen die Vereinigten Staaten von Amerika“ http://www.unrast-verlag.de/neuerscheinungen/jailhouse-lawyers-knastanwaelte-395-detail
(5) Angela Davis „Eine Gesellschaft ohne Gefängnisse? Der gefängnisindustrielle Komplex der USA“. ISBN 3-937623-32-9″
Michelle Alexander „The new Jim Crow: Mass incarceration in the age of colorblindness“ – weitere Infos http://newjimcrow.com/
(6) Mumia Abu-Jamal “We Want Freedom – Ein Leben in der Black Panther Party“
http://www.unrast-verlag.de/neuerscheinungen/we-want-freedom-377-detail
(7) Free Mumia Kundgebung Amsterdam: Do. 24. April, 16 – 18 Uhr, US Consulate, Museumplein 19, 1071 DJ Amsterdam, Holland.
Mahnwache Free Mumia – Free Them All! Frankfurt a.M.: Do 24. April , 10 – 12 Uhr, US Generalkonsulat, Gießener Str. 30, 60435 Frankfurt
(8) „Mumia – Long Distance Revolutionary“ (USA 2012, OmU) www.mumiafilm.de
(9) Filmvorführungen „Mumia – Long Distance Revolutionary“
Do. 24.04. 2014 – Nürnberg, DiDF – 19:00, bayerische Filmpremiere „MUMIA – Long Distance Revolutionary“ (USA 2012, OmU) – anschließend Livediskussion mit Aktivist*innen aus der us-amerikanischen Free-Mumia-Bewegung (Video-Chat), DiDf – Wiesenstraße 86 (Hinterhaus) – 90443 Nürnberg
Fr. 25.04.2014 – Frankfurt a.M., Raumstation Rödelheim, Auf der Insel 14 – 20:00: Film ‚Mumia-Long Distance Revolutionary‘ (USA 2012, OmU) www.mumiafilm.de
Do. 8. 05.2014 – Berlin, Black International Film Festival, Rathaus Schöneberg – 20:00 http://www.blackinternationalcinema.de/BIC14/bic_14.htm
Sa. 14. 06.2014 Berlin, VOSIFA Festival http://vosifa.de/