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Hungerstreik in Griechenland

Häftlinge fordern Abschaffung von »Typ C«-Gefängnissen. Gesetzentwurf von Justizminister vorgelegt
Von Heike Schrader, Athen
junge Welt 20.3.15

Seit dem 2. März befinden sich in Griechenland rund 20 politische und andere widerständige Gefangene im Hungerstreik. Unter ihnen sind Mitglieder der Stadtguerillaorganisationen »Revolutionärer Kampf« und »17. November« sowie im »Netz kämpfender Gefangener« zusammengeschlossene Anarchisten. Von unterschiedlichen politischen Ansätzen ausgehend, fordern sie die Abschaffung der Sonderhaftanstalten vom »Typ C« sowie die Aufhebung der Antiterrorgesetze und der Strafverschärfung bei Vermummung. Außerdem verlangen sie die Entlassung eines schwerkranken ehemaligen Mitglieds des »17. November«, Savvas Xiros. Ein Teil der Hungerstreikenden hat zudem Forderungen aufgestellt, die Regelungen über die Abnahme und Verwertung von DNA-Proben betreffen.

Zeitgleich hatten auch Gefangene aus der nihilistischen Stadtguerillaorganisation »Verschwörung der Feuerzellen« einen Hungerstreik begonnen. Mittlerweile haben auch sie sich den Forderungen der anderen Häftlinge angeschlossen. Jedoch setzen sie sich vor allem für die Freilassung der Mutter und der Ehefrau eines der Hungerstreikenden ein. Die beiden Frauen sind wegen des Vorwurfs, einer als Mitglied der »Feuerzellen« Gesuchten Unterschlupf gewährt zu haben, in Untersuchungshaft.

Zumindest die letzte Forderung könnte bald erfüllt werden. Im laufenden Haftprüfungsverfahren hatte sich die Staatsanwaltschaft am Dienstag für eine Verschonung der beiden Frauen ausgesprochen. Die endgültige Entscheidung steht jedoch noch aus.

Die anderen Forderungen richten sich dagegen nicht an die Justiz, sondern an die Regierung. Syriza hatte diese in der Zeit als Opposition noch selbst mitgetragen. Mit einem nun vorgestellten Gesetzentwurf des parteilosen Justizministers Nikos Paraskevopoulos würde zumindest ein Teil davon erfüllt werden. So sollen ihm zufolge die »Typ C«-Sonderhaftanstalten tatsächlich abgeschafft werden. Diese wurden von der Vorgängerregierung als Hochsicherheitsgefängnisse eingeführt, dienen aber vor allem der vollständigen Entrechtung widerständiger Gefangener.

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Häftlingen in diesem »Gefängnis im Gefängnis« werden unter anderem das Recht auf Freigang und die Möglichkeit verwehrt, mit Arbeit die abzusitzende Strafe zu verkürzen. Darüber hinaus gelten schärfere Einschränkungen bei Besuchen und der Kommunikation mit der Außenwelt.

Ebenfalls vom vorgelegten Gesetzentwurf gedeckt, wäre die Entlassung des zu mehr als 90 Prozent schwerbehinderten Savvas Xiros. Doch nicht nur der fast blinde, unter multipler Sklerose und schweren Kreislauferkrankungen leidende ehemalige Stadtguerillero würde Haftverschonung erhalten. Auch eine Haftentlassung anderer pflegebedürftiger Gefangener würde durch die Regelung ermöglicht. Erleichterungen sind zudem für jugendliche Straftäter und bei Drogendelikten vorgesehen.

In der Vorlage des Justizministers fehlt jedoch die geforderte Annullierung der Paragraphen des Strafgesetzbuches zur organisierten Kriminalität sowie zu terroristischen Organisationen. Außerdem wird an Verschärfungen für unter Vermummung begangene Delikte festgehalten.

Während sich der Gesundheitszustand der meisten Hungerstreikenden bereits bedrohlich verschlechtert hat, sind alle Vorstöße von Abgesandten der Regierungspartei, die Häftlinge zum Aussetzen ihres Kampfes zu bewegen, bisher gescheitert. Daran wird sich auch nichts ändern, zumindest bis zur Entscheidung des Richters über den Antrag auf Haftverschonung für die beiden Frauen sowie der Verabschiedung des Gesetzes über die Gefängnisreform. Wann letzteres dem Parlament vorgelegt wird, ist bislang noch unklar.