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In Geiselhaft Seit 37 Jahren hinter Gittern:

Der indianische Bürgerrechtler Leonard Peltier begeht heute seinen 70. Geburtstag
Von Jügen Heiser, junge Welt 12.9.2014

Der indianische Bürgerrechtler Leonard Peltier verbringt auch seinen heutigen 70. Geburtstag immer noch in US-Haft.

Aus diesem Grund wird das Weiße Haus heute durch Anrufe und E-Mails der Solidaritätsbewegung aus vielen Teilen der Welt aufgefordert, Peltier endlich freizulassen. Der Aktivist des American Indian Movement (AIM) sitzt bereits mehr als die Hälfte seines Lebens isoliert hinter Gittern, weil ihn ein US-Gericht 1977 wegen Beteiligung an der Ermordung zweier FBI-Agenten zu zweimal lebenslanger Haft verurteilt hatte. In einem jW-Wochenendgespräch hatte Peltier dazu am 12. Januar 2013 erklärt, in der Jury hätten »ausgewiesene Rassisten« über ihn zu Gericht gesessen. Die US-Justiz haben ihn nur durch »fabrizierte Beweise« und unter Folter erzwungenen »gefälschten Zeugenaussagen« verurteilen können.

Als aktives AIM-Mitglied gehörte Peltier 1975 zu den Verteidigern der Pine Ridge Reservation der Lakota-Nation in South Dakota. Nach bewaffneten Angriffen von lokaler Polizei und Bundespolizei FBI auf das Stammesgebiet war Peltier zunächst untergetaucht, dann aber in Kanada verhaftet und unter Bruch das Völkerrechts an die USA überstellt worden.

Das »Internationale Leonard-Peltier-Tribunal über Menschenrechtsverletzungen an indigenen Völkern« war im vergangenen Herbst zu dem Urteil gekommen, die US-Justiz habe Peltiers Verfassungsrechte mit Füßen getreten und dabei vor allem sein Recht auf einen fairen Prozeß verletzt. Das vom 2. bis 4. Oktober 2013 in Green Bay im US-Bundesstaat Wisconsin tagende Tribunal hatte zahlreiche Zeitzeugen gehört. AIM-Aktivist Dino Butler schilderte die damalige Situation in der Pine Ridge Reservation als »Kriegszone«. Fast täglich habe es Überfälle der Polizei auf Stammesmitglieder und deren Familien gegeben. 60 Lakota seien dabei ermordet worden. Am Tag der vom FBI provozierten Schießerei im Juni 1975 habe sich der korrupte und von den Lakota-Traditionalisten nicht anerkannte Stammespräsident Dick Wilson in Washington D.C. aufgehalten, um ein Fünftel des Stammesterritoriums an die US-Regierung zu überschreiben. Wegen dort festgestellter Uranvorkommen waren offizielle US-Stellen schon lange an diesem Gebiet interessiert.

Das Freiheitskomitee für Peltier wirft der US-Regierung seit vielen Jahren vor, sie halte den weltweit anerkannten politischen Gefangenen in Geiselhaft, um jeden abzuschrecken, der Widerstand leisten wolle.

Die lange Haft des kranken Peltier hatte auch der UN-Sonderberichterstatter für die Rechte indigener Völker, James Anaya, im Januar 2014 nach einem Besuch im Coleman-Staatsgefängnis in Florida kritisiert (jW berichtete). Wie schon das Tribunal wenige Monate zuvor betonte auch Anaya, Gerechtigkeit im Fall Leonard Peltiers könne nur durch seine umgehende Freilassung und die schonungslose Aufklärung der damaligen Vorgänge auf der Pine Ridge Reservation hergestellt werden.

Die jahrzehntelange Zurückweisung des gegen ihn erhobenen Mordvorwurfs hat Peltier trotz der zwischenzeitlich von seinen Verteidigern erbrachten Unschuldsbeweise weder ein neues Verfahren noch die rechtlich schon lange mögliche Entlassung auf Bewährung eingebracht. Die US-Bewährungskommission lehnte bislang jeden Entlassungsantrag mit der Begründung ab, Peltier leugne die Tat, zeige also keine Reue. Die nächste Haftprüfung soll erst 2024 stattfinden. Für Peltiers sofortige Freilassung demonstrieren Unterstützer deshalb heute anläßlich des 70. Geburtstages in Berlin um 18.30 Uhr vor der US-Botschaft am Brandenburger Tor und in Frankfurt am Main um 17.30 Uhr vor der Hauptwache/Katharinenkirche. Morgen findet in Leipzig um 14 Uhr eine weitere Kundgebung für den Jubilar an der Nikolaikirche statt.

www.leonardpeltier.de