Die medizinische Versorgung in der JVA Sehnde ist mangelhaft, psychischer Druck auf Gefangene ist an der Tagesordnung, Repression allgegenwärtig. Ein Kurzbericht aus dem Inneren der Anstalt.
Desaströse medizinische Versorgung
Kai Rollenhagen, Sprecher der GG/BO in Sehnde, berichtet: „Aufgrund eines Arbeitsunfalles in der JVA Celle bin ich seit 7 Jahren gehbehindert und wollte mir deshalb orthopädische Einlagen besorgen. Dies wurde mit dem Hinweis verboten, die JVA sei zuständig. Daraufhin musste ich mehrere Monate auf die Einlagen warten und Schmerzen bei der Arbeit ertragen.“
„Ich bin mit 12 Jahren Haft in 5 verschiedenen Anstalten meiner Meinung nach in der Lage, zu beurteilen, auf welchem Niveau im Vergleich sich die JVA Sehnde befindet und behaupte, dass ein so katastrophaler Zustand einzigartig ist.“
— Kai Rollenhagen, GG/BO Sehnde
Medikamente werden auf 2-3 Wochen verschrieben. Immer wieder kommt es vor, dass Gefangene, obwohl sie sich pünktlich zum Arzt gemeldet haben, nicht rechtzeitig einen Termin bekommen. So kann es passieren, dass Gefangene tagelang ohne ihre, dringend benötigten, Medikamente leben müssen. In mindestens einem Fall wurde erst nach der Drohung, die Staatsanwaltschaft einzuschalten, mit der Medikation fortgefahren.
Uns ist der Fall eines Gefangenen bekannt, der seit über 5 Monaten vergeblich auf eine Brille, für die tägliche Arbeit am Bildschirm, wartet.
Patientenverfügungen werden, nach Auskunft eines Sanitäters, grundsätzlich nicht respektiert.
Ist man krank, muss man trotzdem arbeiten gehen, bis man zum Arzt abgerufen wird, was bis zu 4 Wochen dauert. Geht man ohne ärztliche Genehmigung nicht arbeiten, muss man 340€ pro Monat an Haftkosten bezahlen, obwohl man kein Einkommen hat.
Gefährliche Arbeitsbedingungen und psychischer Druck
Drogenabhängige Gefangene werden, im Zuge der Substitution, morgens mit Methadon oder Ähnlichem vollgepumpt und arbeiten danach in den Betrieben der JVA – teilweise auch an Maschinen, manche gar als Maschinenführer, obwohl dies mit Betäubungsmitteln im Blut hochgradig gefährlich sein kann und die Legalität zumindest zweifelhaft ist.
Gefangene werden von einem Beamten gezwungen, an Wochenenden „freiwillig“ zu arbeiten. Eine Anzeige ist gestellt, das Ergebnis lässt noch auf sich warten.
Die Ausübung psychischen Drucks auf Gefangene, um zu manipulieren und einzuschüchtern, ist an der Tagesordnung und in der JVA Sehnde besonders methodisch aufgebaut. Das Individuum soll, durch einheitliche Vorschriften, in allen denkbaren Bereichen ausgeschaltet werden, was einer Resozialisierung zum selbstständigen Menschen krass entgegensteht.
Scan: „Verhängung von disziplinarischen Ahndungen“
Selbst friedlicher Protest wird rigoros unterbunden. Weil Kai Rollenhagen, Sprecher der GG/BO in Sehnde, zum Sport ein T-Shirt mit der Aufschrift „Brigitte“ (vorne) und „Mutti lügt beim beten“ (hinten) trug, darf er für 3 Monate nicht an gemeinschaftlichen Veranstaltungen teilnehmen, mit der Begründung, er hätte „das geordnete Zusammenleben innerhalb der Anstalt […] empfindlich gestört“.
Die im Dokument genannte Bewährung ist Augenwischerei, da jede Disziplinarstrafe automatisch 3 Monate Sportverbot und weitere Repressalien nach sich zieht.
Autor GG/BO Soligruppe Hannover