Knapp ein halbes Jahr nach dem Beginn der russischen Invasion in die Ukraine verschärft sich das imperialistische Säbelrasseln auf allen Seiten weiter. Auf dem G7-Gipfel in Elmau und dem NATO-Gipfel in Madrid haben die westlichen Staaten beschlossen, die Kriegsvorbereitungen gegen Russland und China noch aggressiver voranzutreiben. Der deutsche Imperialismus hat seinen Anspruch formuliert, „Führungsmacht“ zu sein. Der Dritte Weltkrieg wird offen vorbereitet. Als Arbeiter:innen müssen wir daher im Kampf gegen Aufrüstung und Militarisierung in die Offensive gehen.
Sechs Monate nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine wird immer deutlicher: Dieser Krieg hat eine neue, aggressive Phase im Kampf zwischen den imperialistischen Ländern eingeleitet. Es wird immer offener über eine mögliche Ausweitung des Kriegs z.B. auf die russische Enklave Kaliningrad und das NATO-Land Litauen gesprochen. Zugleich haben die westlichen Staaten bei den Gipfeln von G7 und NATO den Wirtschaftskrieg gegen Russland und China ausgeweitet und die Vorbereitungen auf einen Dritten Weltkrieges vorangetrieben.
Weltkriegsvorbereitungen in Madrid und Elmau
Ein zentraler Baustein bei diesen Kriegsvorbereitungen ist die neue NATO-Strategie, die das Bündnis Ende Juni in Madrid beschlossen hat: Russland wird darin nun als „bedeutendste und unmittelbarste Bedrohung für Frieden und Stabilität im euro-atlantischen Raum“ definiert. Die 1997 vereinbarte NATO-Russland-Grundakte wurde damit bei dem Gipfel für tot erklärt.
Ihren nun offiziellen Hauptfeind im Osten Europas wollen die NATO-Staaten mit einem massiven Ausbau ihrer schnellen Eingreiftruppe von 40.000 auf 300.000 in Schach halten. Die USA haben darüber hinaus angekündigt, weitere Truppenverbände nach Europa zu verlegen und ein neues, fünftes Hauptquartier ihres Militärs in Polen einzurichten. Zudem sollen Schweden und Finnland in die NATO aufgenommen werden. Die Türkei hat sich ihre Zustimmung hierzu mit einem härteren Vorgehen beider Länder gegen Exilstrukturen der kurdischen nationalen Befreiungsbewegung abkaufen lassen.
Die G7 wiederum haben beim jährlichen Gipfel auf Schloss Elmau eine Verschärfung des Wirtschaftskriegs gegen Russland beschlossen und wollen Chinas ökonomische Ausbreitung in Eurasien im Rahmen des Projektes „Neue Seidenstraße“ mit einem 600-Milliarden-Dollar-Gegenprojekt bekämpfen.
Russland kündigte bereits an, auf die Beschlüsse mit „Ausgleichsmaßnahmen“ zu antworten. Erwartet wird eine Verlegung weiterer Truppen und Waffensysteme an die Westgrenzen des Landes.
Deutscher Imperialismus bekräftigt Führungsanspruch in Europa
Während die USA ihre Rolle als militärische Hegemonialmacht in Europa zementieren, bekräftigt der deutsche Imperialismus ebenfalls seine Führungsambitionen auf dem Kontinent. Deutschland müsse „den Anspruch einer Führungsmacht“ haben, forderte SPD-Chef Klingbeil. Dazu gehöre auch „militärische Gewalt als legitimes Mittel der Politik“. In die Tat umsetzen wird Deutschland diese Vision schon bald in seinem alten Herrschaftsgebiet Litauen. Dort wird die Bundeswehr die Kampftruppen-Brigade der NATO führen und ihre eigene Truppenpräsenz auf etwa 3.000 Soldat:innen aufstocken. Zudem will Deutschland mindestens eine Division von 15.000 Soldat:innen zur schnellen Eingreiftruppe der NATO beisteuern.
Der Dritte Weltkrieg wird kein Betriebsunfall
Diese Schritte machen deutlich, dass sich die imperialistischen Staaten auf einen großen Krieg um die Neuaufteilung der Welt vorbereiten. Nicht umsonst hat der neue oberste britische Militär Sir Patrick Sanders Mitte Juni angekündigt, die britischen Soldat:innen müssten sich darauf vorbereiten, „erneut in Europa zu kämpfen“ und „Russland im Kampf zu besiegen“. Der Beginn des Dritten Weltkriegs wird seit Monaten immer häufiger von Staats- und Regierungschefs ins Spiel gebracht. Dieser wird jedoch sicher nicht als Betriebsunfall beginnen, wie es manchmal dargestellt wird, sondern als Ergebnis einer geplanten Zuspitzung gegensätzlicher Herrschaftsinteressen. Und diese ist im vollen Gange.
Den antimilitaristischen Kampf voranbringen – am 1. September und danach
Der 1. September ist der “Weltantikriegstag”, der von der Arbeiter:innen- und antimilitaristischen Bewegung als Antwort auf die ersten beiden Weltkriege ins Leben gerufen wurde. In diesem Jahr erhält dieser Tag eine besondere Bedeutung, nämlich als Kampftag gegen die Machenschaften der imperialistischen Staaten, gegen die Militarisierung und die konkrete Vorbereitung eines Dritten Weltkriegs. Dabei müssen wir die konkreten Ansätze antimilitaristischer Kämpfe aufgreifen, fortführen und miteinander verbinden. Im Juni haben in Elmau und Madrid jeweils tausende Menschen gegen die Gipfel der Kriegsvorbereitung demonstriert. Im Frühjahr haben Flughafenarbeiter:innen in Italien und Hafenarbeiter:innen in Griechenland sich geweigert, Waffenlieferungen in die Ukraine zu verladen. Auch aus Russland gibt es ähnliche Berichte. Dies sind die ersten Keime einer internationalen Arbeiter:innenbewegung gegen den Dritten Weltkrieg.
Imperialistische Kriegshetze unter roter, grüner oder Regenbogenflagge
Vom Biden-Kabinett in den USA bis zu SPD und Grünen in Deutschland – gerade die politischen Kräfte, die mit einer „fortschrittlichen“ und „sozialen“ PR in die Regierung gegangen sind, erweisen sich häufig als die größten Kriegstreiber:innen.
Der deutsche Imperialismus muss aggressiver werden und darf nicht vor Kriegen zurückschrecken. Es war der Chef der SPD, der diese Ausrichtung öffentlich auf den Punkt gebracht hat. Bei einer Grundsatzrede erklärte Lars Klingbeil: „Deutschland muss den Anspruch einer Führungsmacht haben. (…) Friedenspolitik bedeutet für mich, auch militärische Gewalt als Mittel der Politik zu sehen.“
Dabei geht Klingbeil in dieselbe Richtung wie die Grünen, die in der Bundesregierung wohl am konsequentesten für Aufrüstung, Militarisierung und die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine eintreten. Außenministerin Baerbock will Russland zudem mit Sanktionen so schädigen, dass es „jahrelang nicht mehr auf die Beine kommt“.
Es ist nicht das erste Mal, dass gerade die Parteien besonders aggressiv für Sanktionen, Krieg und imperialistisches Weltmachtstreben eintreten, die sonst stark auf fortschrittlich klingende Außendarstellung setzen und sich gerne ein „links-alternativ-pazifistisches“ Image geben.
Schon beim Angriffskrieg der NATO auf Jugoslawien 1999 war Außenminister Joschka Fischer (Grüne) einer der heftigsten Verfechter der Bombardierung von Belgrad. Fischers Hintergrund aus der „Sponti“-Bewegung machte sein Eintreten für den Angriffskrieg vor Teilen der grünen Anhängerschaft sogar noch glaubwürdiger.
Der Hintergrund ist einfach: Weil Kriege um die Neuaufteilung der Welt nach zwei Weltkriegen mit Abermillionen Toten in der Bevölkerung nachhaltig diskreditiert sind, denken sich die Imperialist:innen immer neue Propaganda-Stories aus, um ihre Eroberungsfeldzüge als demokratische Großherzigkeiten zu verkaufen. Und sie bauen gezielt Politiker:innen auf, die dies glaubhaft verkörpern sollen. Menschenrechte und deren Verletzungen sind ihnen dabei herzlich egal. Sie begehen diese schließlich ständig selbst. Was für sie zählt, sind einzig und allein die imperialistischen Interessen.
Dazu gehören z.B. das Label einer „feministischen“ oder „LGBTI+ freundlichen“ Außenpolitik und vom angeblichen Kampf um Klimaneutralität. Diese Motive werden sowohl von Baerbock als auch von Klingbeil genutzt, um ihr Eintreten für die Herrschaftsziele des deutschen Imperialismus zu vermarkten. Gelernt haben sie dabei vermutlich auch aus den USA: Die Biden-Regierung hat ihre diverse Zusammensetzung ins Rampenlicht gestellt, den „Trans Day of Visibility“ vermarktet und ein Schiff der US-Marine nach einem LGBTI+ Aktivisten benannt – vermutlich, damit sich das linksliberale US-Kleinbürger:innentum mit den offenen Weltkriegsvorbereitungen wohler fühlt.