Keine Schließung von Guantánamo Bay

US-Behörden ergreifen Maßnahmen zur Fortführung des Gefangenenlagers. Immer mehr Häftlinge beteiligen sich am Hungerstreik

Guantánamo Bay. In den USA verdichten sich die Hinweise, dass das US-Gefangenenlager Guantánamo Bay bis auf weiteres in Betrieb bleibt.   Nachdem Southcom Befehlshaber General John Kelly bereits weitere 195,7 Mio. US-Dollar für Modernisierungsarbeiten an dem Lager genehmigte, rückt eine Schließung in weite Ferne. Gebäude und medizinische Einrichtungen seien für eine dauerhafte Nutzung mit zunehmend älter werdenden Häftlingen nicht ausgelegt, so John Kelly. Daher müssen nun, zusätzlich zu den jährlichen Kosten von derzeit 130 Mio. Dollar, weitere Finanzmittel aufgebracht werden, um unter anderem einen neuen Speisesaal zu bauen und die medizinische Versorgung zu verbessern.

Die US-Regierung hatte bereits vor einigen Monaten das Büro geschlossen, welches mit der Abwicklung des Gefangenenlagers beauftragt war, ohne einen konkreten Schließungsplan vorzulegen. Daher gehen sowohl Anwälte als auch Medienvertreter davon aus, dass Guantánamo vorerst auf unbestimmte Zeit weitergenutzt wird. Bisher existiert jedoch noch keine offizielle Erklärung des Weißen Hauses zu den weiteren Plänen. Die Bestätigung der angeforderten Gelder durch das Verteidigungsministerium steht ebenfalls noch aus.

In dem extraterritorialen Lager befinden sich gegenwärtig noch 166 Gefangene in Haft. Ihre Verwahrung kostet die amerikanischen Steuerzahler mehr als eine Mio. Dollar pro Häftling. Das ist ein Vielfaches der Kosten, welche die Unterbringung in einem nationalen Gefängnis bedeuten würde. Nach Angaben der US-Regierung hätten 86 der Inhaftierten bereits aus Guantánamo entlassen werden müssen, wo sie aber weiterhin ohne Gerichtsurteil auf unbestimmte Zeit festgehalten werden.

Zahlreiche Häftlinge befinden seit mittlerweile 47 Tagen im Hungerstreik. Die offiziell angegbenen Zahlen steigen seit Tagen kontinuierlich. Derzeit befinden sich demnach 26 Personen im Hungerstreik, insgesamt verweigern 30 Inhaftierte die regelmäßig Mahlzeiten. Anwälten zufolge liegt die tatsächliche Zahl jedoch weitaus höher. Überprüfbar sind diese mittlerweile nicht mehr, da sowohl Anwälten wie auch Journalisten derzeit ein Flug nach Guantánamo Bay verweigert wird.

Die Anwältin Anna Richardson berichtet, dass sie derzeit sowohl vom Verteidigungsministerium als auch von der Gefängnisverwaltung keine Auskünfte über den Gesundheitszustand der Häftlinge erhält, von denen einige bereits zwangsernährt werden müssen. Der Hungerstreik sei das einzige Mittel für die Inhaftierten, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen, so Richardson weiter. Ziel der Anwälte ist es derzeit, den Gefangenen ein „Gesicht zu geben“, die vor allem in den USA weiter als gefährliche Terroristen angesehen werden. Morris Davis, ein ehemaliger Gefängnismitarbeiter in Guantánamo und derzeit Juraprofessor, erachtet es als essentiell, dass sich mehr Menschen für die Schließung des Lagers einsetzen.

George Galloway, britischer Politiker der „Respekt The Unity Coalition Party“, welcher vor allem für die Freilassung des britischen Häftlings Shaker Aamer kämpft, kritisiert die doppelten Standards von Politik und Öffentlichkeit: „Wenn in Russland Menschen verschwinden würden und ohne Gerichtsverhandlungen festgehalten würden, ohne Zugang zu Anwälten, dann wären die westlichen Medien voll davon. Human Rights Watch und Amnesty International würden aufschreien“, so Galloway. Grunsätzlich sieht er auch bei der britischen Regierung einen mangelnden Willen, Druck auf die USA auszuüben, um Guantánamo Bay zu schließen sowie die Gefangenen in öffentlichen und fairen Gerichtsverhandlungen zu verurteilen oder diese freizulassen. 

Unterdessen versuchen unterschiedliche Organisationen die Aufmerksamkeit auf die Zustände in Guantanamo zu lenken, um den Druck auf die US-Regierung zu erhöhen. Die Organisation „Witness Against Torture“ (WAT) hat als eine Solidaritätsbekundung mit den Gefangenen angekündigt, bis zum 30. März einen Hungerstreik durchführen zu wollen.