CIGEO geht uns alle an
In Bure, keine 200 Kilometer von der deutschen, Schweizer und Luxemburger Grenze, auf halber Strecke zwischen Basel und Paris, plant die französische Atomindustrie die „Endlagerung“ von zigtausenden Kubikmetern
hochradioaktivem Strahlenmüll in einem 500 Meter tiefen Loch.
Trotz eines von Beginn an spürbaren Widerstandes, wird seit über 20 Jahren jedes demokratische Beteiligungsverfahren zur Farce, der wütende Protest ignoriert und mit viel Geld um Zustimmung geworben.
Besonders ab 2015 gab es immer mehr radikale Aktionen infolge derer der Polizeiapparat eine spektakuläre Überwachung und Repression gegen die Atomkraftgegner*innen initiierte. Am 22. Februar 2018 wurde die
eineinhalbjährige Besetzung der Endlagerstätte geräumt.
Nach zahllosen Hausdurchsuchungen, Aufenthalts- und Ausreiseverboten, Kontaktsperren und teilweise Gefängnisstrafen ist eine zwischenzeitlich zwölf Menschen betreffende Ermittlungsprozedur im Dezember 2020 abgeschlossen worden. Sieben Angeklagte sollen sich nun in den ersten Junitagen vor Gericht verantworten. Die 15.000 Seiten an Ermittlungsakten und zehntausende Stunden an Abhörprotokollen sollen ihre kriminelle Gesinnung belegen und bedrohen die Genoss·innen mit erneuten Strafen.
Wir gegen den Atomstaat
Die Nutzung von Kernenergie und der Endlagerwiderstand gilt seit Jahrzehnten als Bezugspunkt der radikalen Linken. Der sogenannte „Atomausstieg“ führte in den letzten zehn Jahren zu einem Verblassen des Widerstandes – zu Unrecht. Denn Deutschland produziert weiterhin Brennelemente, ist an der Entwicklung des EPR-Reaktors aktiv beteiligt, trägt das Euratom-Abkommen und will seine 30.000 Kubikmeter hoch radioaktiven Strahlenmüll ebenfalls in einem großen Loch „entsorgen“.
Die vergangenen Kämpfe von Brokdorf, Kalkar, Grohnde, Wackersdorf und Gorleben sind nicht mehr aus unserem politischen Gedächtnis zu löschen. Über Jahrzehnte haben diese Auseinandersetzungen die umweltpolitische Geschichte in der BRD geprägt. Das Gorleben-Aus als möglicher Standort für ein Endlager im Herbst 2020 sollte uns in diesem Widerstand bestätigen: Die Vielfalt der Bewegung hat es geschafft das Wahnsinnsprojekt nach 43 Jahren zu stoppen.
Doch heute fahren weiterhin Atomtransporte durchs Land, produziert die BRD-Industrie fleißig und unterstützt die Politik mit allem Notwendigen für den globalen Fortbestand dieser tödlichen Technologie. Mittlerweile wird die, mit Kohlekraft gewonnene und mit Dieselloks und -Schiffen aus ehemaligen Kolonien geförderte Nuklearenergie, sogar als Klimaretter gehandelt. Aber sie bleibt der Ausdruck einer lebensbedrohlichen, umweltzerstörenden, kolonialistischen und unsozialen Wirtschaftskette, ohne einen Plan für sogenannte „Restrisiken“.
Wir können den kraftvollen Protest im Wendland, an den Bauzäunen und auf den Schienen nicht vergessen und sollten unser mögliches tun auch weiterhin ein Stachel im Fleisch der Atomindustrie zu bleiben. Der verlogene Ausstieg, kommende Transporte und besonders das „Endlager“-Suchverfahren, welches in den nächsten zehn Jahren einen „Endlagerstandort“ in Deutschland festlegen möchte, sollte uns, wie auch Standorte in den Nachbarländern, weiterhin mobilisieren.
Der Staat zielt auf uns alle
Vor etwas über zehn Jahren ermittelten die Behörden gegen Genoss*innen in Tarnac. Das Verfahren wegen Bildung einer zu Anfang sogar als „terroristisch“ bezeichneten Gruppe, lief nach zehn Jahren ins Leere. Dennoch wirkten Kontrolle und Repression. Der Prozess mobilisierte auch damals internationale Solidarität, die in diesen Tagen erneut gefragt ist. Doch die übermäßige Kriminalisierung ist kein Spezifikum, dass nur die Antiatombewegung bedroht.
Die „kriminelle Vereinigung“ kann als Werkzeug des autoritären Staates begriffen werden, dass durch die Überzeichnung eines bedrohlichen Feindes von Links das Recht unendlich dehnt. So sind diese Verfahren primär zur Einschüchterung und Überwachung gedacht wie sich vielfach, etwa am MG-Verfahren und auch jüngsten Ermittlungen belegen lässt. Auflagen wie solche des Bure-Verfahrens nehmen zudem durch massive Freiheitseinschränkungen noch weit vor möglichen Verurteilungen die Bestrafung vorweg.
Zunehmend kommt es europaweit zur Anwendung dieser Mittel gegen Linke, die dann stellvertretend für unseren legitimen Widerstand büßen sollen. Auch in jüngster Zeit kam es erneut zu Hausdurchsuchungen und Festnahmen.
Sei es infolge des Hamburger G20 oder von notwendigen antifaschistischen Interventionen in letzter Zeit: Der hiesige § 129 findet inflationäre Anwendung und zielt darauf, den Widerstand gegen das kapitalistische System und die autoritären Bestrebungen der Regierungen und rechtsradikale Bedrohungen, zu brechen.
Doch wir lassen uns nicht einschüchtern und sagen dem bürgerlichen Staat und seiner Justiz den Kampf an. Sei es auf den Straßen oder im Internet. Sei es gegen die Nazis, die Repressionsorgane oder die industrielle Mafia: Wir stehen solidarisch mit unseren Kompliz*innen und lassen uns nicht spalten. Der Bure-Widerstand ruft zur Solidarisierung mit den stellvertretend beschuldigten Genoss*innen auf.
Für die Stilllegung aller Atomanlagen weltweit!
Für die sofortige Einstellung der Bure-Verfahren!
Nous sommes tou·tes des „malfaiteurs“ – wir sind alle § 129!
Wir sind alle LinX! – Kampagne gegen die Kriminalisierung von Antifaschismus (WSAL)
Anti-Autoritäre Anti-Atomkraft-Allianz in spontaner Zusammensetzung (A5isZ)
Meßstelle für Arbeits- und Umweltschutz – Bremen (MAUS)
Systemopositionelle Atomkraft Nein Danke (SAND)
Anarchist-Black-Cross (ABC) Suedwest
Autonomes Zentrum KTS Freiburg
Redaktion anti-atom-aktuell (aaa)
Ermittlungsausschuss Hamburg
Dannenröder Wald – Keine A49
Plenum Rote Flora Hamburg
Anti-Knast Gruppe Freiburg
Criminals for Freedom C4F
129a-Solikreis Frankfurt
LU15 Tübingen
Rote Hilfe e.V.