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López gegen López

Maduro regt Gefangenenaustausch mit den USA an: Puertoricanischer Freiheitskämpfer gegen venezolanischen Oppositionellen
Von Jürgen Heiser, junge Welt 10.1.2015

Der puertoricanische Unabhängigkeitskämpfer Oscar López Rivera war vor zwei Jahren auf der XVIII. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz mit einem Beitrag vertreten, in dem er den Status seines Heimatlandes als letzte offizielle US-Kolonie geißelte. López Rivera konnte diesen Text nicht selbst vortragen, da er sich schon damals 31 Jahre in US-Haft befand, zwölf davon in totaler Isolation. 1981 war er wegen »Verschwörung zum Umsturz« zu 70 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Nun verdichten sich Meldungen, wonach der 72jährige politische Gefangene in absehbarer Zeit freikommen könnte.

Wie seine Anwältin Jan Susler von der Anwaltskanzlei » People’s Law Office« in Chicago bekanntgab, ergriff Venezuelas Präsident Nicolás Maduro dazu die Initiative, als er Anfang Januar mit US-Vizepräsident Joseph Biden anlässlich der Amtseinführung der brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff zu einem Gespräch zusammentraf. Thema war die Verbesserung der Beziehungen zwischen beiden Ländern. Maduro kritisierte dabei die erst kürzlich von den USA über sein Land verhängten Sanktionen. Biden habe darauf erwidert, ein wichtiger Schritt, den Venezuela zur Verbesserung der Beziehungen tun könne, sei »die Freilassung politischer Gefangener«. Womit sich Biden vor allem auf den seit Februar 2014 in Untersuchungshaft sitzenden Venezolaner Leopoldo López Mendoza bezog, der laut Reuters im Februar 2014 »wegen Brandstiftung, Terrorismus und Mordes verhaftet« worden war. Grund war nach einer Meldung von Venezuelanalysis.com seine führende Rolle »in einer drei Monate andauernden Welle von Gewalt oppositioneller Gruppen, die Maduros Sturz erreichen wollten«. US-Präsident Barack Obama und weitere US-Regierungsmitglieder hatten seitdem immer wieder dessen Freilassung gefordert.

Maduro erklärte nun zu Bidens Vorstoß, er würde seine »präsidiale Macht nur dann dafür einsetzen, Leopoldo López in die USA ausfliegen zu lassen«, wenn die US-Regierung »mir dafür Oscar López Rivera überstellen würde – im Austausch Mann gegen Mann«. Gegenüber jW kommentierte Anwältin Susler die Aussichten auf einen Gefangenenaustausch mit dem Hinweis darauf, dass die US-Regierung »routinemäßig andere Länder auffordert, sie sollten zum Beweis dafür, dass sie für die Demokratie eintreten, politische Gefangene freilassen«. Was Präsident Maduro jetzt vorgeschlagen habe, sei als Aufforderung an die US-Regierung zu sehen, »den eigenen schönen Worten nun Taten folgen zu lassen«. Dass Maduro gezielt die Freilassung von López Rivera fordere, hänge zweifellos mit der unverhältnismäßig hohen Strafe zusammen, zu der er verurteilt wurde, obwohl er niemanden verletzt oder getötet hatte. Maduro wolle die Freilassung ihres Mandanten erreichen, da er wegen seines Kampfes für die Unabhängigkeit Puerto Ricos schon über drei Jahrzehnte einsitze und seine Menschenrechte seit seiner Verhaftung verletzt würden. Wie im Fall der »Cuban Five« müsse nun die US-Regierung ihre Bereitschaft unter Beweis stellen, auch dieses humanitäre Problem lösen zu wollen.

Aktionsabo
Präsident Maduro befindet sich mit seinem Vorstoß in guter Gesellschaft mit international angesehenen Persönlichkeiten und Organisationen, die Präsident Obama seit Jahren auffordern, Oscar López Rivera endlich freizulassen. Dazu gehören neben zahlreichen Präsidenten lateinamerikanischer Staaten Friedensnobelpreisträger wie Erzbischof Desmond Tutu, Mairead Maguire, Rigoberta Menchú, Jody Williams und Adolfo Pérez Esquivel, außerdem das Dekolonialisierungskomitee der UNO, die Bewegung der Blockfreien, der Lateinamerikanische Kirchenrat sowie die »Confederación Parlamentaria de las Américas« (COPA). In den USA wird die Freilassungsforderung vom Gewerkschaftsdachverband AFL-CIO, von Einzelgewerkschaften und Kongressabgeordneten, Stadträten, Juristen, Kirchen und Menschenrechtsorganisationen sowie einer Mehrheit der drei Millionen in den USA lebenden Puertoricaner unterstützt.

Auch Alejandro García Padilla, der amtierende Gouverneur Puerto Ricos, sprach bereits im Weißen Haus und im US-Justizministerium zugunsten López Riveras vor. Er besuchte ihn sogar im Oktober 2014 im Gefängnis in Indiana und versicherte ihn der Unterstützung durch Senat und Repräsentantenhaus Puerto Ricos, die Vereinigung der Bürgermeister, alle Gewerkschaften und weite Teile der Zivilgesellschaft der Karibikinsel. Es sei nun an Präsident Obama, folgerte Anwältin Susler, sein in der Verfassung verankertes hoheitliches Recht zu nutzen, Oscar López Rivera zu begnadigen und ihm damit endlich Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.