129b

Mehmet D. als „hochrangiger Kader der PKK“ zu drei Jahren Haft verurteilt!

PKK-Verbot aufheben — Gericht vertei­digt Gewalt­monopol eines Mörderstaates

Am 28.8. wurde der kur­dis­che Poli­tiker Mehmet D. in einem § 129 b Ver­fahren wegen „Mit­glied­schaft in einer aus­ländis­chen ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung“ von der 3. Kam­mer des OLG zu drei Jahren Haft verurteilt. Eines davon hat er schon im Unter­suchungs­ge­fäng­nis Hol­stenglacis verbracht.

 

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Mehmet Demir „hochrangiger Kader“ der PKK zwis­chen Jan­uar 2013 und Juli 2013 im „Gebiet Mitte“ sowie im Anschluss daran bis Juli 2014 im „Gebiet Nord“ gewe­sen sei.

Dezi­diert zählte der Richter alle bewaffneten Aktio­nen der PKK im Anklagezeitraum auf dem Staats­ge­biet der Türkei auf. Obwohl der Richter selbst alle diese Aktio­nen in Zusam­men­hang mit der Errich­tung von Mil­itärsta­tio­nen im türkisch beset­zten Teil Kur­dis­tans set­zte, wur­den sie zur Begrün­dung herange­zo­gen, um Mehmet Demir zu verurteilen. Das Ziel der PKK sei „Mord und Totschlag“.
Die Behaup­tung Mehmet Demir sei ein „hochrangiger Kader“ wurde u. a. daran fest­gemacht, er habe das Newrozfest 2013 sowie das kur­dis­che Kul­tur­fest in Dort­mund im Sep­tem­ber 2013 mitor­gan­isiert. Außer­dem sei er zur Kon­flik­tschlich­tung zwis­chen ver­fein­de­ten kurdisch-ezidischen Fam­i­lien nach Biele­feld gerufen wor­den. Obwohl der Richter erk­lärte, das Gericht sehe es als erwiesen an, dass der türkische Staat Waf­fen an den Islamis­chen Staat (IS) geliefert und ver­let­zte Mit­glieder des IS in Kranken­häusern der Türkeit unent­geldlich behan­delt habe, ein Agent des türkischen Geheim­di­en­stes MIT u. a. die kur­dis­che Poli­tik­erin Sakine Can­siz in Paris ermordet habe, sowie mit über­mäßiger Härte Men­schen­rechtsver­let­zun­gen gegen Kur­dInnen und Oppo­si­tionelle began­gen habe, habe die PKK nicht das Recht, gegen Ein­rich­tun­gen des Mil­itärs und der Polizei vorzugehen.
Gegen die PKK zu ermit­teln sei eine poli­tis­che Entschei­dung des Justizministeriums.

Schon im Ver­lauf des Ver­fahrens waren von den zuständi­gen Richtern nahezu sämtliche Anträge der Vertei­di­gung abgelehnt wor­den. Durch die exzes­sive Anwen­dung des soge­nan­nten Selb­stle­sev­er­fahrens wurde die Vertei­di­gung in ihrer Dynamik beschränkt. Unzäh­lige Akten wur­den nur von den Ver­fahrens­beteiligten gele­sen, jedoch nicht im Prozess behan­delt. Die Vertei­di­gung hatte auch gefordert, dass das Gericht dafür wirken solle, dass die Ver­fol­gungser­mäch­ti­gung gemäß §129 b gegen ver­meintliche Kader der PKK vom Jus­tizmin­is­terium zurückgenom­men wird. Das wurde abgelehnt, wäre aber der Schlüs­sel für eine Wende in der Poli­tik der Bun­desregierung gegenüber den KurdInnen.

Diese Woche nahm die Polizei in Düs­sel­dorf zudem den über 50-jährige Bedret­tin K. eben­falls wegen mut­maßlicher Mit­glied­schaft in einer “ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung im Aus­land” (§ 129 b StGB) in Bonn fest. Er war bere­its 22 Jahre in türkischen Gefäng­nis­sen, unter anderem im berüchtigten Folterge­fäng­nis von Diyarbakir inhaftiert und hat ein Herzleiden.
Etwa 40 Per­so­nen waren zur Urteilsverkün­dung gekom­men, um ihre Sol­i­dar­ität mit Mehmet D. zum Aus­druck zu brin­gen. Eine kur­dis­che Prozess­be­sucherin zeigte sich nach dem Urteil erschüt­tert.

Die PKK sei die einzige Kraft, die gegen den IS kämpft, erk­lärte sie, Ter­ror übt der türkische Staat aus, der allein gestern in den kur­dis­chen Gebi­eten drei Kinder erschossen habe.
„Wir Kur­den dür­fen ja nicht ein­mal ein Fest feiern, ohne als Ter­ror­is­ten ange­se­hen zu wer­den. Nur der türkische Staat hat das Recht zu töten. Wenn wir uns gegen die Besatzung wehren, wer­den wir als Ter­ror­is­ten verurteilt.“

ISKU | Infor­ma­tion­sstelle Kur­dis­tan, 28.08.2015
https://www.nadir.org/nadir/initiativ/isku/erklaerungen/2015/08/16.htm