af.wien

Prozess gegen Anatolische Föderation Österreich hat diese Woche Dienstag im Wiener Landesgericht

Um 9:45 Uhr startete am 26.2.2019 das Verfahren gegen 6 Angeklagte, 4 davon anwesend, im Prozess gegen den linken demokratischen Verein Anatolische Föderation.

Ab 8:00 Uhr früh versammelten sich nach und nach ProzessbeobachterInnen vor dem Gericht. Fernsehkamerateams, viel Polizei und eine nur langsam vorangehende Sicherheitskontrolle am Eingang zum Gerichtsgebäude.

Um 09:45 wurde der Prozess mit der Identitätsfeststellung aller anwesenden Angeklagten, sowie der Vereidigung der Schöffen eröffnet.
Vor dem Saal und im Saal selbst waren Beamte in Uniform und Zivil, aber auch WEGA-Beamte mit Maschinengewehren (am zweiten Verhandlungstag wurden die Maschinengewehre weggelassen), die offenbar nach Außen hin vermitteln sollten, dass es sich um einen „gefährlichen“ Prozess handelte.
Wer sich den Inhalt der Anklage angehört hat, musste schnell feststellen, dass es zwar um militante Aktionen einer revolutionären Organisation in der Türkei ging, konkrete Verbindungen oder Zusammenhänge zu diesen seitens der Angeklagten jedoch nicht hergestellt werden konnten. Im Zentrum der Befragung standen ausschließlich legale, bislang in Österreich als erlaubt geltende Proteste, Veranstaltungen, eine selbst in der Türkei legal vertriebene linke Zeitschrift, die neben mehreren anderen Zeitungen und Lesestoff im Lokal der Anatolischen Föderation aufliegt und angeblich von Mitgliedern der Anatolischen Föderation vertrieben wird.
In Deutschland sei ja nachweislich die Zeitschrift „Yürüyüs“ verboten.
Das wusste einer der Befragten nicht, und er merkte im folgenden an, dass er ohnehin nicht verstünde, warum eine Zeitung in der Türkei erlaubt ist, in Deutschland jedoch verboten. Fakt sei jedoch, soweit ihm bekannt, dass sie in Österreich erlaubt sei.

Die Befragung fokusierte immer wieder auf legale Vereinstätigkeiten, wer was im Verein getan, welche Aufgabenaufteilung es denn dort gab.

Die befragten Vereinsmitglieder hatten teilweise zurecht die Gegenfrage gestellt, ob es denn „illegal“ sei, eine Zeitung zu lesen, die in Österreich erlaubt ist, oder ob es verboten sei, am 1. Mai mit grünen Hemden und roten Fahnen zu marschieren?
Auch die Anschaffung von Mitteln, um Vereinskosten zu bezahlen war Gegenstand der Venehmungen. Dazu wurde ganz klar angegeben, dass die Einkünfte aus Essensständen oder Spenden von Mitgliedern für die Zahlung der Vereinsmiete und andere Aufwände dem FInanzamt zur Versteuerung vorliegen.
Aber auch plausible Erklärungen wie diese reichten oft nicht, es wurde ständig nachgehakt, wer die Rechnungen bezahlte, wenn die laut Statuten zuständigen Vereinsvertreter sehr wenig Zeit hatten sich persönlich darum zu kümmern.
Die Antwort, dass alle, die in den Verein kommen auch diese Aufgabe übernehmen dürfen, schien nicht zufriedenstellend zu sein.

Ein weiteres Thema, das immer wieder angesprochen wurde war die Halk Cephesi (Übers.: Volksfront), die in der Anklage als militärischer Arm der DHKP-C bezeichnet wird und von der sowohl Transparente im Vereinslokal sichergestellt wurden, und mit denen Mitglieder der Anatolischen Föderation bei Demonstrationen fotografiert worden seien.
Nicht nur einer der Angeklagten dementierte, dass es sich um den bewaffneten Arm der DHKP-C handle, da die „Halk Cephesi“ in der Türkei legal sei und sich aus diversen sozialen, demokratischen Kräften zusammensetze.

Es wurden allen Befragten Bilder gezeigt, Transparente vom 1. Mai u..a mit Bildern von Gefangenen, die im Hungerstreik gegen die unmenschlichen Bedingungen in den Gefängnissen ums Leben gekommen, bzw. vom Staat getötet wurden.

Ein weiteres immer wieder auftauchendes Thema bei den
Befragungen war die Band Grup Yorum, die von der Anatolischen Föderation mehrmals eingeladen wurde.
Die Art der Befragung erweckte auch hier immer wieder den Anschein, als ob die Organisierung eines Konzerts mit der Band illegal sei.
Entsprechend machten mehrere Vorstandsmitglieder darauf aufmerksam, dass die Lieder der Gruppe sich auf alle Schichten der Bevölkerung beziehen und sämtliche sozialen und politischen Ereignisse thematisieren. Sie würden auch nicht Gewalt verherrlichen.
Die Einladungen der Bandmitglieder aus der Türkei wurden außerdem über die Behörden getätigt, die Visa erteilt hatten.

Auch ein öffentlich angekündigtes Fußballturnier war Thema der Verhandlung, weil dort dem ermordeten Hasan Ferit Gedik gedacht wurde.
Einer der Angeklagte stellte auch klar, dass dieses Fussballturnier dazu diente, um Freundschaft und Solidarität unter den Menschen zu stärken. Hasan Ferit Gedik sich gegen Drogenabhängigkeit in der Türkei engagiert und sei deshalb im Zuge einer Demonstration von Drogenbanden ermordet worden.

An beiden Verhandlungstagen waren etwa 60-70 Personen als Zuschauer anwesend.
Die Verhandlungen wurden wie geplant bis etwa 14:30 Uhr geführt.

Bei der zweiten Verhandlung am Mittwoch, 27.2., wurde von der vorsitzenden Richterin festgehalten, dass der Prozesstermin am Montag, 4.3. ausfallen werde und
es ausreichend sei zu gegebenen Uhrzeiten am Mittwoch, 6.3. und Freitag 8.3. mit der Befragung der ZeugInnen fortzufahren.
Die Verteidigung ließ indes ebenfalls zwei ZeugInnen für kommende Verhandlungen laden.
https://www.facebook.com/aNewsblog/