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Razzia gegen Solidarität

Spanische Guardia Civil stürmt Büros der baskischen Gefangenenhilfsorganisation Herrira. Mitarbeiter inhaftiert, Konten gesperrt, Internetseiten geschlossen

In mehreren Städten des Baskenlandes hat die spanische paramilitärische Guardia Civil am Montag Einrichtungen der Gefangenenhilfsorganisation Herrira (»Nach Hause«) besetzt und geschlossen. Antiterroreinheiten drangen in Bilbo (Bilbao), Iruña (Pamplona), Hernani, Andoain und Gasteiz (Vitoria) in die Büros der parteiübergreifenden Massenorganisation ein. Dabei stürmten die Zivilgardisten in Bilbo zunächst irrtümlich die im selben Haus ein Stockwerk tiefer gelegene Geschäftsstelle der sozialdemokratischen Partei Eusko Alkartasuna (EA). Diese hängte daraufhin ein Transparent aus ihrem Fenster: »Alde hemendik« – »Haut ab!«

In den Büros der Herrira nahm die Guardia Civil mehr als ein Dutzend Mitarbeiter der Organisation fest und beschlagnahmte Material. Das spanische Innenministerium sprach anschließend von 18 Personen, die sich in Gewahrsam befänden. Ihnen wird »Verherrlichung des Terrorismus«, »Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung« sowie deren Finanzierung vorgeworfen. Sämtliche Büros wurden verplombt. Zudem wurden insgesamt mehr als 150 Accounts bei den Internetdiensten Twitter und Facebook sowie 38 Internetseiten gesperrt. Auch alle Bankkonten der Organisation wurden eingefroren.

Unmittelbar nach Bekanntwerden der Razzia gegen Herrira protestierten Hunderte Menschen spontan gegen die Polizeiaktion. Am Montag abend sollten in verschiedenen baskischen Städten Protestkundgebungen stattfinden, einige davon im französischen Teil des Baskenlandes. Die Abgeordneten des Linksbündnisses EH Bildu beteiligten sich an den Protestaktionen. Ihre Fraktion kündigte zudem eine »geschlossene Antwort des baskischen Volkes« auf diese Provokation an, die ein Angriff des spanischen Staates auf den eingeleiteten Friedensprozeß sei. Der Sprecher der Abgeordneten von EH Bildu im baskischen Parlament, Julen Arzuagas, bewertete die vom spanischen Sondergerichtshof für Terror- und Drogendelikte (Audiencia Nacional) in Madrid angeordnete Aktion als Zeichen dafür, daß die immer größer werdende Volksbewegung für die Rechte der politischen Gefangenen kriminalisiert und später verboten werden soll. Die von der christdemokratischen PNV geführten Regierungen der drei baskischen Provinzen Araba, Bizkaia und Gipuzkoa verurteilten die Razzia als Schritt zurück in die Vergangenheit.

Herrira hatte sich nach Beginn des baskischen Friedensprozesses und dem von der Untergrundorganisation ETA im Herbst 2010 verkündeten Waffenstillstand als breite Volksbewegung gegründet. Jährlich bringt sie Anfang Januar Hunderttausende Menschen in Bilbo zu Großdemonstrationen für die Rückführung der politischen Gefangenen in ihre baskische Heimat auf die Straße.

In den vergangenen Jahren hatten die spanischen Behörden zahlreiche Organisationen und Medien der baskischen Unabhängigkeitsbewegung verboten. Hunderte Menschen sitzen noch immer im Gefängnis, oft Hunderte Kilometer von ihren Heimatorten entfernt, was Verwandtenbesuche erschwert. Im Gegensatz dazu hat es die in Madrid regierende postfranquistische Volkspartei (PP) nicht eilig, neofaschistische Parteien wie Falange oder Democracia Nacional zu verbieten. Ungehindert kann die DN so auf ihrer Homepage zur Ermordung führender Politiker aufrufen. Auch der Überfall von Neonazis auf die katalanische Landesvertretung in Madrid am 11. September blieb bislang praktisch folgenlos.