»Ich freue mich über solidarische Briefe«

Wegen Behinderung eines Castortransports mußte eine Umweltaktivistin am Freitag ins Gefängnis.
Gespräch mit Franziska Wittig

Franziska Wittig ist Umweltaktivistin und mußte am Freitag um 14.00 Uhr wegen der Blockade eines Castorstransports am 8. November 2008 eine 80tägige Haftstrafe im Gefängnis Preungesheim antreten

Sie treten an diesem Freitag zweieinhalb Monate Haft im Frauengefängnis Preungesheim in Frankfurt/Main an. Grund für Ihre Inhaftierung ist, daß Sie sich gemeinsam mit anderen Antiatomaktivisten an Gleisen fest gekettet hatten, um einen Castortransport aufzuhalten. Warum geben Sie Ihre Freiheit auf – hätten Sie die Strafe nicht finanziell begleichen können?
Das Amtsgericht Kandel hat mich zu 800 Euro verurteilt, 80 Tagessätze à zehn Euro. Natürlich wäre es möglich gewesen, Geld aufzutreiben und nicht ins Gefängnis zu gehen. Die Antiatombewegung ist solidarisch – sie hätte gespendet. Mir geht es aber darum, dem Atomstaat kein Geld zukommen zu lassen. Außerdem braucht der Widerstand selber Mittel, unsere Aktionsgruppe der Antiatombewegung benötigt Spenden für andere Dinge.

Für welche?
Die Staatsanwaltschaft hatte zwar zugesagt, keine weiteren Verfahren zu eröffnen – dennoch drohen weitere Prozesse wegen Beihilfe. Einige Aktivisten werden wohl zu Bußgeldern verdonnert, die Kosten betragen pro Person 200 Euro. Florian, der sich mit mir zusammen auf den Gleisen der Castorstrecke bei Wörth angekettet hatte, möchte aus persönlichen Gründen nicht ins Gefängnis. Er hat die 800 Euro Strafe, die ihm abverlangt werden, aus eigener Tasche vorgestreckt. Das Spendenkonto ist unter knast.blogsport.de/unterstuetzung/ angegeben.

Aber Geld ist ja nicht alles! Ich freue mich über solidarische Briefe oder auch darüber, wenn meine Haft zum Anlaß für Aktionen gegen die Atomlobby genommen würde. Am Freitag z. B. sind 30 Leute vor den Knast gekommen, um mich zu verabschieden. Sie haben mir einen Kuchen mit der Aufschrift »Gegen Käfige und gegen Knäste« gebacken.

Gehört es zu Ihrem politischen Engagement, den Gefängnisaufenthalt öffentlichkeitswirksam zu nutzen?
Ja, es ist wichtig, uns weiterhin gegen Atomkraft zu engagieren – auch wenn ein neuer Konsens vor dem Hintergrund der atomaren Katastrophe in Fukushima angestrebt ist. Denn dieser kann schnell wieder aufgekündigt oder aufgeweicht werden. Der Knast soll Regierungskritiker abstrafen, er ist für mich ein weiteres wichtiges Thema. Obendrein finde ich es grundsätzlich ungerecht, Leute mit geringem Einkommen einzusperren – während Besitzenden die Möglichkeit eingeräumt wird, in Tagessätzen abzuzahlen. Das nenne ich Klassenjustiz.

Hat sich die Aktion trotz der harten Sanktionen gelohnt?
Ja, wir waren erfolgreich. Im November 2008 haben wir Aufmerksamkeit in den Medien erreicht. Zwölf Stunden brauchte die Polizei, um die Aktivistinnen und Aktivisten, die sich angekettet hatten, aus dem Gleis zu holen. Der Castor nach Gorleben mußte deshalb in Lauterbourg, hinter der deutsch-französischen Grenze, warten. Wir kritisieren die kapitalistische Logik der Energiekonzerne, denen es einzig um ihre wirtschaftlichen Profite geht. Dafür sind sie bereit, die Gesundheit und das Leben von Menschen zu riskieren. Unsere Aktion richtete sich zudem gegen menschenunwürdige Bedingungen bei Uranabbau und -verarbeitung. Kumpel in Afrika oder anderswo müssen die Arbeit häufig ohne Schutzanzüge verrichten.

Wie ist Ihnen zumute, kurz vor dem Knast?
Bereits Samstag vor einer Woche habe ich vor diesem düsteren Bau gestanden, der von hohen Mauern umgeben ist; anläßlich einer Solidaritätskundgebung für Sonja Suder und Christian Gauder. Eine ganz alte Geschichte! Man braucht also keine Angst zu haben, in Vergessenheit zu geraten. Den beiden wird vorgeworfen, im August 1977 an einem Sprengstoffattentat der »Revolutionären Zellen« beteiligt gewesen sein, das sich gegen eine Firma richtete, die Material für eine Urananreicherungsanlage nach Südafrika lieferte. Langeweile werde ich im Gefängnis erst einmal nicht haben, denn ich muß mich dort für ein weiteres Verfahren in der kommenden Woche in Berlin vorbereiten, weil ich gegen Gentechnik protestiert habe.

* Postanschrift: Franziska Wittig, JVA Frankfurt III, Obere Kreuzäckerstr. 4, 60435 Frankfurt