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Rigaer94 Hoffest – Polizeigewalt bei nachbarschaftlichem Zusammenkommen

Schön dass ihr alle da wart! Beim gut besuchten Hoffest malten Kinder und Jugendliche Graffiti, alle freuten sich an der bunten Zuckerwatte, besonders Einer freute sich über sein neues beim Bingo gewonnene Fahrrad und das oberleckere Buffet rundete alles ab. Neben verschiedenen Infoständen gab‘s noch am Abend Musik, die zum Nachdenken gegen die aktuellen Gegebenheiten einlud. “Schön“ dass die Bullen mehr als deutlich machten, warum ein solches Nachdenken wichtig ist und daraus folgende Handlungen mehr als notwendig sind.

Schon um zehn Uhr morgens flog ein Heli mit aus der offenen Türe hängendem Schwein übers Haus und sondierte luftschneidend die Lage. Dann ab 12 Uhr umstellten die Bullen das Haus, um Leute schon auf dem Hinweg mittels Ausweiskontrollen und Durchsuchungen zu drangsalieren. Jede/r der/die die Rigaer zwischen Zelle und Liebigstraße betreten wollte, lief Gefahr kontrolliert zu werden. Von vielen Passant/Innen, die tatsächlich nur passieren wollten, stattdessen aber in einer erniedrigenden Kontrolle stecken blieben, bekamen die uniformierten Müllsäcke einiges zu hören. Die Stimmung der ca. hundert Beamt/Innen gelangte schnell auf den Tiefpunkt, da sie gleichzeitig beobachten mussten, wie Familien mit Kleinkindern das Fest besuchten ohne vorher im polizeilichen Raster hängen zu bleiben.
Nachdem sie es nicht schafften, die um den Block ziehende freche Kinderhorde zu disziplinieren und dafür ordentlich verhöhnt wurden, entschied die Einsatzleitung einen komplett gepanzerten Trupp von zehn Müllsäcken an die 94-Türe heranzuführen. Das Kalkül war offensichtlich, dass wir die Tür schließen würden und so der offene nachbarschaftliche Charakter verloren gehen würde. Da das aber nicht passierte und sich unsere Leute nicht von der Türe zurückzogen, begann die Einheit vorher ausgedachte Beleidigungen auszustoßen. Diese blieben nicht unbeantwortet, woraufhin der Trupp unter den Augen zahlreicher Umstehender unvermittelt mit Faustschlägen, Tritten und Pfefferspray die Leute an der Tür angriff. Diese versuchten sich geordnet zurückzuziehen, konnten jedoch nicht verhindern, dass zwei Personen gewalttätig festgenommen wurden. Eine von ihnen musste im Krankenhaus unter den Augen der Müllsäcke an der Lippe und am Oberschenkel genäht werden. Außerdem erlitt sie zahlreiche Hämatome und eine leichte Gehirnerschütterung durch Schläge, denen sie gefesselt ausgeliefert war. Mehrere Leute an der Türe und am Durchgang haben Gesichtsverletzungen durch Pfefferspray und Faustschläge bekommen. Nur kurzzeitig wurde daraufhin die Türe geschlossen.
Etwa zur gleichen Zeit wurde das Dach des Blocks von uniformierten Müllsäcken besetzt die von dort aus das Hoffest und die Straße beobachteten. Dennoch fand das Fest selbst in der Sicherheit der selbstverwalteten Räumlichkeiten der Kadterschmiede und den zwei Höfen statt. Und dass die Dächer dem Widerstand gehören, und der mal wieder das letzte Wort behält, zeigt der Vorfall am Abend, wo die mehr als verdienten Steine auf Bullen hagelten.
Das Fazit aus Bullensicht sind insgesamt sieben Festnahmen und zahlreiche Körperverletzungen. Auch von den Kontrollstellen gibt es Berichte von mehreren Vorfällen, wovon einer für eine aktive Freundin ebenfalls für mehrere Tage im Krankenhaus endete, da sie vom Fahrrad geschubst wurde und dabei ihre Wirbelsäule verletzt wurde.
Unser Fazit was das Hoffest angeht ist dennoch sehr positiv. Es gab eine entspannte, nachbarschaftliche und politische Atmosphäre. Die Angriffe von Geisel‘s Schlägertrupp aber fordern von allen Beteiligten und Solidarischen eine Auseinandersetzung.
Wir schlagen eine Diskussion für Donnerstag Abend in der Kadterschmiede vor, um darüber zu reden, wie mit den polizeilichen Übergriffen umzugehen ist. Außerdem soll ein Austausch darüber stattfinden, welche ähnlichen Vorfälle in letzter Zeit erlebt oder beobachtet wurden. Seit Juni gab es alleine vor unserer Haustüre drei größere Auseinandersetzungen, bei denen Leute festgenommen und mißhandelt wurden. Wir werden darüber berichten.