Rindermarkt: Kriminalisierung von Besucher_innen einer öffentlichen Gerichtsverhandlung

Heute, am 14. Juli 2014, fand im Münchner Amtsgericht eine weitere Verhandlung gegen einen geflüchteten Aktivisten statt, der im Zuge der Räumung des Protests am Rindermarkt 2013 nach mehrtägigem trockenem Hungerstreik festgenommen worden war. Er wurde zu 50 Tagessätzen verurteilt, wird jedoch Berufung einlegen.

Es ist nichts Neues, dass vor Gericht den Aussagen eines Polizisten mehr Glauben geschenkt wird als einer Videoaufnahme, so wie es heute geschehen ist. Es ist auch nichts Neues, dass sich eine Staatsanwältin mit politischen Plädoyers für die Politik der Bayerischen Regierung gegen aufkommende Proteste einsetzt, so wie es heute geschehen ist. Und es ist auch nichts Neues, dass Beweisanträge der Staatsanwaltschaft zugelassen werden, während Beweisanträge der Verteidigung eines politischen Aktivisten abgewiesen werden, während die einzigen schlüssigen Folgerungen aus dem vorhandenen Beweismaterial von dieser Verteidigung formuliert werden, während all diese Folgerungen vom Gericht ignoriert werden. Auch so ist es heute geschehen. Letztlich ist es auch nichts Neues, dass wie heute jemand für schuldig gesprochen wird, gegen den nichts vorliegt, außer widersprüchlicher Aussagen zweier Polizeibeamter. Und vermutlich die Tatsache, dass er als Asylsuchender intensiv an den Non-Citizen-Protesten beteiligt war.

Neu war heute jedoch die generelle Kriminalisierung aller Besucher_innen einer öffentlichen Gerichtsverhandlung: Um zum Verhandlungssal zu kommen, mussten alle Teilnehmer_innen durch eine zweite Sicherheitskontrolle, die direkt vor dem Saal aufgebaut war. Sie mussten alles abgeben, was sie dabei hatten, und mussten sich erneuten Körperkontrollen unter Abtasten der Intimbereiche unterziehen. Darüber hinaus wurden alle Personalausweise kopiert.

Später, als die Anwesenden nach der Verhandlung den Saal verließen, erwischten sie die Polizeibeamten dabei, wie diese die abgegebenen Privatsachen durchsuchten.

Dies war eine öffentliche Gerichtsverhandlung. Hier zeigt sich jedoch ein Vorgehen, das einerseits durch Abschreckung die Öffentlichkeit ausschließt und mit dem andererseits alle Besucher_innen unter Generalverdacht gestellt werden und das Bild vermittelt wird, diese Menschen müssten durchleuchtet werden. Es ist auch nicht rechtmäßig, in der Abwesenheit der Betroffenen heimlich ihre privaten Dinge zu durchsuchen. Ironischerweise fand dies sogar in einem Gerichtsgebäude statt. Hier zeigt sich die Fortführung einer generellen politischen Kriminalisierung der Proteste von Asylsuchenden.

So äußert nun der Angeklagte mit Blick auf die Geschehnisse im Gericht: „Ich habe während der Gerichtsverhandlung kein Wort gesagt, da mich die Erfahrung gelehrt hat, dass wir hier nicht angehört werden. Ich werde aber gemeinsam mit meinen Mitstreiter_innen weiter kämpfen und dort sprechen, wo wir gehört werden.“

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