Am Dienstag, 10.7. 2012, wurden in den Wohnungen von fünf Genossen Hausdurchsuchungen durchgeführt. Sie wurden danach festgenommen und in Untersuchungshaft gesetzt. Anlass dafür sind vorgeworfene Taten am 1. Mai in Zürich.
Die jetzt vorgenommenen Verhaftungen reihen sich nahtlos in die Praxis der Repressionsorgane der vergangenen Monate ein. Verschiedentlich wurde von Seiten des Staats klargemacht, dass Aktivitäten im öffentlichen Raum, die sich ausserhalb der Kontrolle des Staates befinden, durch eine harte Repression unterbunden werden sollen.
Sei es im Rahmen der Parties auf öffentlichen Plätzen in Zürich im Sommer 2011, bei einer illegalen Party auf einem ehemaligen Industrieareal in Basel im Juni 2012, bei Märschen von Fussballfans, die sich auf dem Weg zum Stadion befinden, oder nun eben in Zusammenhang mit dem 1. Mai 2012: Wo sich Leute ausserhalb des bewilligten Rahmens die Strasse nehmen, um ihre Ideen auf ihre Art und Weise umzusetzen, reagiert der Staat (repräsentiert durch die Polizei, Staatsanwaltschaft oder Justiz) mit harter Hand. Das zeigt sich an der langen Untersuchungshaft-Dauer bei Festnahmen, dem Aufwand, der betrieben wird (alleine in diesem Fall wurden Stunden an Videomaterial und Unmengen an Fotos gesichtet), um einen vermeintlichen „Landfriedensbruch“ nachzuweisen, oder an den riesigen Polizeiaufgeboten an Gelegenheiten wie dem 1. Mai in Zürich.
Der Kampf im öffentlichen Raum lässt sich nicht verbieten und verhaften!
Der öffentliche Raum ist für uns zentral, da wir darin unsere Inhalte fassbar machen können und mit anderen in Kontakt treten. Er ist der Ort, wo politische, kulturelle oder soziale Ideen auf ein Publikum trifft, der Ort, wo ein Austausch stattfindet. Seien es Forderungen nach unkontrollierten Räumen, wo ohne Konsumzwang gefeiert werden kann, Solidaritätskundgebungen oder Demonstrationen: Wir lassen uns den öffentlichen Raum nicht verbieten.
Das heisst, sich der Bedeutung des öffentlichen Raums bewusst zu sein, ihn einzufordern und zu verteidigen. Anders gesagt: Wir können und sollen nicht nur davon reden, auf der Strasse, Plätzen oder sonst wo präsent zu sein, sondern sollen es auch sein. Der öffentliche Raum ist dazu da, von uns genutzt zu werden und nicht, um von den Repressionsorganen kontrolliert zu werden. Das bedeutet gleichzeitig die Verteidigung des öffentlichen Raums gegen Versuche der Unterbindung des Widerstands, wie jetzt bei den aktuellen Verhaftungen. Dazu gehört aber auch die Absage an staatliche Versuche, derartige Aktivitäten zu integrieren (wie beispielsweise mit der sog. „Party-Bewilligung“ in Zürich, die lediglich zur Kontrolle vormals polizeilich unkontrollierter Parties führt).
Die Initiative nicht aus den Händen geben
Den verhafteten Genossen geht es gut. Einer ist seit Freitag, dem 13. Juli, wieder in der Freiheit. Allen wird ein Landfriedensbruch vorgeworfen, bei einigen wird versucht das Zünden von Feuerwerk sowie die Verletzung eines zivilen Polizisten im Einsatz nachzuweisen. Die Genossen verweigern die Aussage und werden von fortschrittlichen Anwälten verteidigt. Die Solidaritätsarbeit zu ihnen läuft, es wird regelmässig bei ihnen vor den Knästen Feuerwerk gezündet, um sie darauf hinzuweisen, dass sie nicht alleine sind sondern von aussen unterstützt werden. Wer sich solidarisch verhalten will, soll sich bei der Roten Hilfe melden ( rotehilfe@aufbau.org). Post an die Gefangenen kann via Rote Hilfe, Postfach 1121, 8026 Zürich an sie gesendet werden.
Es sind gerade die Erfahrungen aus den einleitend genannten Beispielen, die aufzeigen, dass es sich lohnt, auch nach Verhaftungen kämpferisch zu bleiben. Wer konsequent die Aussage verweigert und sich juristisch wehrt, hat immer bessere Aussichten darauf, nicht verurteilt zu werden. Dies sind Rechte, die jedem und jeder Angeklagten zustehen und die genutzt werden müssen. So ist es mittlerweile rund um die Parties im vergangenen Sommer zu verschiedenen Freisprüchen gekommen, nachdem Angeklagte sich einen Anwalt nahmen und sich wehrten. Andere Genossen, die am 1. Mai verhaftet wurden, sind nicht rechtskräftig verurteilt, da sie die Aussage verweigerten und keine Strafbefehle akzeptierten. Wir sind sicher, dass es auch bei den aktuellen Verhaftungen sich bezahlt macht, kollektiv und kämpferisch vorzugehen und sich von der versuchten Angstmacherei nicht beeindrucken zu lassen.
Spiess umdrehen – dem Kapitalismus den Prozess machen!
Rote Hilfe Schweiz, Juli 2012
rotehilfe@aufbau.org