Am gestrigen Donnerstag wurden in der Türkei die beiden Vorsitzenden der Demokratischen Partei der Völker (HDP), Figen Yüksekdag und Selahattin Demirtas, sowie neun weitere gewählte Abgeordnete, verhaftet.
Medienberichten zufolge fanden die Polizeirazzien mit den Festnahmen der HDP-PolitikerInnen in mehreren türkischen Städten statt. Auch die Parteizentrale in Ankara wurde durchsucht sowie eine Pressekonferenz der prokurdischen linken Partei durch die Polizei verhindert.
Die HDP ist mit 59 Sitzen die drittgrößte Partei im türkischen Parlament und die größte politische Vertretung der kurdischen Bevölkerung. Bereits im Mai war die Immunität von 50 Abgeordneten der HDP aufgehoben worden, was der aktuellen Kriminalisierungswelle den Boden bereitete. Den festgenommenen PolitikerInnen wird wie tausenden weiteren KurdInnen „Terrorpropaganda und Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation“ vorgeworfen.
Die Repression gegen die HDP Vorsitzenden ist ein weiterer Schritt in Richtung Diktatur und innerstaatlicher Krieg. Der linken und prokurdischen Opposition sollen auch die letzten Möglichkeiten genommen werden, sich legal artikulieren zu können.
Nicht erst seit dem Putschversuch Mitte Juli diesen Jahres setzt Ankara alles daran, unliebsame politische Stimmen zum Schweigen zu bringen. Zeitungen wurden geschlossen, JournalistInnen verhaftet und ganze Städte durch das Militär zerstört.
Die Reaktionen der Bundesregierung auf diese Zustände lassen seit langem auf sich warten, ist das AKP-Regime doch seit je her ein wichtiger Abnehmer von Rüstungsgütern und soll Europa die vor Bürgerkrieg und Armut fliehenden Menschen vom Hals halten.
Umso grotesker wirkt die angebliche Bestürzung von RegierungspolitikerInnen vor dem Hintergrund, dass auch in der BRD auf Geheiß des AKP Regimes zahlreiche linke ExilpolitikerInnen aus der Türkei als angebliche „TerroristInnen“ in deutschen Gefängnissen eingesperrt sind.
Gäbe es von Regierungsseite tatsächlich den Willen, fortschrittliche Kräfte in der Türkei zu unterstützen, wären ernstzunehmende Schritte ein Stopp der Rüstungsexporte, der Abzug des deutschen Militärs, und die Beendigung des blutigen Flüchtlingsdeals mit der Türkei. Vor allem aber ist die Freilassung und Rehabilitierung der inhaftierten kurdischen und türkischen linken AktivistInnen sowie die Aufhebung des PKK-Verbots geboten. Der Widerstand gegen das Erdogan-Regime ist nicht kriminell, sondern notwendig und legitim.
Die Rote Hilfe e.V. fordert die sofortige Freilassung der inhaftierten GenossInnen der HDP, ein Ende der Komplizenschaft mit dem türkischen Regime und die Freilassung aller in der BRD inhaftierten kurdischen und türkischen politischen Gefangenen.
H. Lange für den Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.