Am 22. Januar 2020 findet ein Prozess gegen Zozan G. wegen vermeintlicher Kindeswohlgefährdung statt. Der fünffachen Mutter wird vorgeworfen, ihre Kinder indoktriniert zu haben. Ein erster Gerichtstermin hat bereits stattgefunden; bei einem weiteren Termin wurden die Kinder – der jüngste Sohn ist vier Jahre alt – vom Gericht befragt.
Hintergrund der Vorwürfe ist das Engagement von G. für die Belange der kurdischen Bevölkerung. Zozan G. tritt seit Jahren bei Demonstrationen gegen die türkische Kriegspolitik als Rednerin auf. Auch eine der Töchter engagiert sich und nimmt an politischen Versammlungen teil. Weil sie minderjährig ist, versucht der Staatsschutz Düsseldorf, die Familie zu kriminalisieren. Konkret geht es um die Teilnahme der Tochter von Zozan G. an einer Demonstration vor dem Landtag in Düsseldorf, bei dem sich die Teilnehmenden mit dem Hungerstreik von politischen Gefangenen in der Türkei solidarisierten. Der Hungerstreik in den türkischen Gefängnissen richtete sich gegen die jahrelange Isolationshaft des PKK-Gründers Abdullah Öcalan und forderte eine politische Lösung des Konfliktes. Bei der Demonstration vor dem Düsseldorfer Landtag wurden die Personalien der anwesenden Jugendlichen aufgenommen. Dass sie vor Ort waren, soll nach Auffassung der Staatsschutzabteilung ein Indiz für die Kindeswohlgefährdung sein. Obwohl auch das Jugendamt der Stadt Oberhausen dieser Einschätzung widerspricht, findet nun der Gerichtstermin statt.
Hierzu erklärt Anja Sommerfeld, Mitglied im Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V. : „Das ist ein politischer Angriff gegen eine kurdische Mutter, die ihren Kindern beibringt, ihre politischen Überzeugungen in die Öffentlichkeit zu tragen. Die kurdische Diaspora ist aufgrund der anhaltenden Kriegspolitik der Türkei sehr politisiert, einfach auch weil es kaum eine kurdische Familie ohne politische Gefangene oder im Freiheitskampf verstorbene Angehörige gibt. Die Bundesregierung liefert als NATO-Partner Waffen in die Region und leistet politische Schützenhilfe für die Aggression in Rojava (Nordsyrien). Nun soll auch eine bekennende kurdische Feministin von ihrer oppositionellen Haltung abgebracht werden, indem ihr der Eingriff in das Sorgerecht angedroht wird.
Hier handelt es sich um einen gefährlichen Präzedenzfall. Wir rufen die Zivilgesellschaft und alle linken Kräfte auf, sich öffentlich zu positionieren und diesen Angriff zurückzuweisen. Politischer Protest gegen Krieg und gegen Besatzung wie in Rojava ist legitim, ebenso wie Isolationshaft als Folter zu ächten ist. Die Rote Hilfe e.V. fordert die Einstellung des Verfahrens und solidarisiert sich mit Zozan G. und ihren Kindern.“
https://www.rote-hilfe.de/news/bundesvorstand/1028-sorgerechtsprozess-gegen-kurdische-mutter-vor-dem-familiengericht-oberhausen