Kolumne von Mumia Abu-Jamal, junge Welt 10.6.17
Übersetzung: Jürgen Heiser
Ende Mai 2017 konnten palästinensische politische Gefangene einen eindrucksvollen Sieg über die repressiven Haftbedingungen in israelischen Gefängnissen verkünden. Nachdem Vertreter der israelischen Gefängnisverwaltung Konzessionen gegenüber den Häftlingen gemacht hatten, erklärten diese ihren Hungerstreik nach einundvierzig Tagen für beendet. Nach Angaben der israelischen Offiziellen waren insgesamt mehr als 1.570 Häftlinge an dem Streik beteiligt. Rund 800 Gefangene hungerten noch, als sie am Vorabend des heiligen Fastenmonats Ramadan ihre Kampfmaßnahme nach mehr als zwanzigstündigen Dauerverhandlungen einstellten. Achtzehn der Streikenden befanden sich zu diesem Zeitpunkt mit schweren gesundheitlichen Komplikationen zur stationären Behandlung im Krankenhaus.
Der Hungerstreik wurde vom Marwan Barghuthi angeführt, einem politischen Gefangenen, den die israelische Besatzungsmacht seit dreizehn Jahren in Haft hält. Barghuthi ist Kommandeur der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO. (Laut der US-Zeitung Liberation, dem Blatt der »Party for Socialism and Liberation«, erklärte der Streikführer, der Hungerstreik sei »der längste kollektive Streik« und »ein heldenhafter historischer Sieg in der fünfzigjährigen Geschichte der Gefangenenbewegung« gewesen. Er stelle einen »Wendepunkt« in der Beziehung der palästinensischen Häftlinge zu den Offiziellen des israelischen Gefängnissystems dar. jW)
Mit ihrem Streik hatten die Häftlinge gegen schlechtes Essen, Überbelegung der Haftanstalten und mangelnde Bildungsangebote protestiert. Sie forderten eine Verbesserung der medizinischen Versorgung und die sofortige Beendigung der Isolationshaft. Eine weitere Hauptforderung richtete sich gegen das, was die israelische Justiz »Administrativhaft« nennt, also die Inhaftierung ohne jede Anklage und Gerichtsverhandlung.
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Die palästinensischen Gefangenen erklärten, in all ihren Forderungen Erfolge erzielt zu haben. Der Hungerstreik, der unter dem Motto »Streik für Würde und Freiheit« geführt wurde, war eine wagemutige politische Kampfaktion gegen den israelischen Apartheidsstaat. Das »Palästinensische Unterstützungsnetzwerk für Gefangene« lobte die Hungerstreikenden für ihre Standhaftigkeit und begrüßte ihren Sieg. Das Netzwerk kritisierte aber auch das Internationale Rote Kreuz, weil es sich nicht angemessen dafür eingesetzt habe, dass die Gefangenen wegen angeblicher »haushaltspolitischer Bedenken« der Regierung seit mehr als einem Jahr nur an einem Tag pro Monat und nicht wie zuvor an mindestens zwei Tagen Besuch von ihren Familien erhalten konnten. Der Staat Israel hält derzeit mehr als 6.000 Palästinenser in Gefangenschaft, darunter in rechtswidriger Weise auch viele Kinder und Jugendliche.
Neben dem Widerstand in den besetzten Gebieten spielte auch die internationale Solidarität eine entscheidende Rolle beim erfolgreichen Kampf der palästinensischen Gefangenen. Prominente Unterstützer und politische Gefangene aus vielen Ländern hatten sich mit den Streikenden solidarisch erklärt. Darunter René Gonzáles von den »Cuban Five«, der fünfzehn Jahre in US-Gefängnissen eingesperrt war, und Oscar López Rivera. Der puertoricanische Unabhängigkeitskämpfer war erst kürzlich nach 36 Jahren hinter US-Gittern freigelassen worden. Weitere Unterstützer waren ehemalige südafrikanische Häftlinge, die wie Nelson Mandela bis zum Ende des Apartheidsregimes als politische Gefangene auf der Gefängnisinsel Robben Island inhaftiert waren. Auch ehemalige Gefangene aus der irisch-republikanischen Bewegung und politische Gefangene aus den Philippinen hatten sich mit dem Kampf in Palästina solidarisch erklärt.