Freitag, den 13. Dezember 2013
19 Uhr im LIZ (Libertäres Zentrum)
Karolinenstr. 21, Hinterhaus
Die Situation in Deutschland zu Beginn der 1990er Jahre war in besonderem Ausmaß geprägt von Rassismus in verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen. Während die herrschenden Medien in rassistischer Weise hetzten, waren in Rostock und Hoyerswerda asylsuchende MigrantInnen Pogromen ausgesetzt und der Bundestag beschloss 1993 die weitere Einschränkung des Asylrechtes durch Änderungen im Grundgesetz.
Um dieser Situation entgegentreten zu können, organisierten sich vorwiegend migrantische Jugendliche in Berlin zu antifaschistischem Selbstschutz.
In der Nacht vom 3. zum 4. April 1992 begab sich Kaindl, Landesschriftführer der “Deutschen Liga für Volk und Heimat”, sowie Mitglied des Vereins “Die Nationalen e.V,” in Berlin, gemeinsam mit sechs anderen Teilnehmern eines zuvor besuchten Vortrags von Konrad Windisch zum Thema „Ludwig Uhland – Dichter und Patriot“, darunter auch der damalige Berliner Landesvorsitzende der Republikaner Carsten Pagel, sowie der faschistische Verleger Dietmar Munier, in ein Chinarestaurant in Neukölln. Von diesem Treffen erfuhren die migrantischen Jugendlichen. Sie reagierten umgehend – um den Neofaschisten klar zu machen, dass sie nicht willkommen wären. Während der Auseinandersetzung wurde Kaindl mit einem Messer tödlich und der ebenfalls anwesende stellvertretende Chefredakteur der Wochenzeitung “Junge Freiheit”, Thorsten Thaler, schwer verletzt.
Die Ermittlungen der bürgerlichen Justiz enthielten alle Facetten: von der verbalen Hetze gegen arabische und türkische MigrantInnen bis hin zur offenen Zusammenarbeit mit den Neofaschisten. Im September 1992 übergaben Staatsschutzbeamte der “Deutschen Liga” Informationen über die angeblich Tatverdächtigten. Mit dem Aufruf „Wir kriegen Euch alle“(“Deutsche Rundschau”), in dem diese Materialien verarbeitet wurden waren, riefen die Neofaschisten dazu auf, die Klassenjustiz aktiv zu unterstützen. Im November 1993 begann eine Durchsuchungs- und Verhaftungswelle. Am 13. November 1993 hatte eine Person sich der Polizei gestellt und viele Menschen schwer belastet. Im Dezember 1993 meldete sich eine weitere Person bei der Polizei, die Aussagen in aktenfüllendem Ausmaß machte.
Im Prozess im Jahr 1994 wurden insgesamt sieben Menschen angeklagt. Im Verlauf des Prozesses kam es zu Aussagen und teilweise zu Absprachen mit der Staatsanwaltschaft. Ursachen dafür waren unter anderem die Konfrontation mit der Anklage Mord, die für einige angeklagte Menschen lebenslänglich bzw. 10 Jahre bedeutet hätte und die kontroverse Debatte innerhalb der linksradikalen Szene zur Bewertung des Todes von Kaindl.
Eine der damals von dieser Repression Betroffene, die keine Aussagen machte, schildert ihre Erfahrungen auf unserer Veranstaltung.
Folgende Themen wollen wir vertiefen:
– die gesellschaftliche Situation Anfang der 1990er Jahre: Rassismus und daraus folgende Morde
an migrantischen Menschen in Hoyerswerda, Rostock, Mölln, Solingen,….. ;
– die daraus folgende Notwendigkeit des migrantischen Schutzes wie z. B. „Antifa Genclik“;
– die Razzien, Verhaftungen und Anklagen gegen „Antifa Genclik“;
– der Prozess samt Einlassungen und Aussageverweigerung. Ebenso die Rolle der AnwältInnen
dabei;
– Debatten unter den Angeklagten und die Spaltung der Solidaritätsarbeit;
– welche Bedeutung hat Aussageverweigerung und damit politische Prozessführung für uns heute?
Freitag, den 13. Dezember 2013
19 Uhr im LIZ (Libertäres Zentrum)
Karolinenstr. 21, Hinterhaus
Hamburg
Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen, Hamburg