Im Folgenden zwei Berichte aus dem Hamburger Untersuchungsknast Holstenglacis. Der Bericht über die Maßnahmen bezüglich der Corona-Pandemie ist zwar vom 26.03 , wir veröffentlichen ihn an dieser Stelle aber trotzdem.
Zum einen, um zu zeigen, wie im Knast die Pandemie genutzt wird, um den Knast noch autoritärer und restriktiver zu gestalten als eh schon und um offensichtlich noch mehr Repressalien anzuwenden, zum anderen weil der Bericht auch zeigt, wie wenig gleichzeitig dabei auf die Gesundheit von Gefangenen wert gelegt wird (vergleiche dazu auch im letzten Bericht über Corona in Moabit). Möglichkeiten des Widerstandes innerhalb der Knäste werden dabei ebenso aufgezeigt.
„Es fing mit einem Berührungsverbot bei Besuchen an, bei dessen Missachtung der Besuch abgebrochen wurde. Dann wurden schon wenige Tage später alle Besuche abgesagt. Es werden nun nur noch halbstündige Besuche hinter einer Trennscheibe gewährt. Allerdings nicht für Gefangene, deren Besuche mit LKA-Überwachung stattfindet, da diese den Mindestabstand nicht einhalten könnten. (…)
Auf dem Hof soll jetzt nur noch in Paaren gelaufen werden, was, wie die meinsten bisher getroffenen Maßnahmen, recht sinnlos wirkt, da im Treppenhaus und auch in den Fluren Hunderte zusammenstehen. In der letzten Woche wurden mehrere Sationen unter komplett-verschluss gesetzt wegen Corona Verdachtsfällen.
Im Haus B waren 2 Stationen (4+5) für 5 Tage komplett geschlossen. Also ohne jeglichen Hofgang, ohne Duschen und generell ohne Kontakt-Möglichkeiten. Im Haupthaus erging es den Gefangenen auf Station 5 für 3 Tage ebenso. (…)
Es gibt generell keine Kommunikation von Seiten des Knastes gegenüber Gefangenen. Die Informationen werden Beamten aus der Nase gezogen oder direkt von Hausarbeitern mitgehört. (…)
Am letzten Wochenende gab es Widerstand. Freitag und Samstag Abend wurde für jeweils ca. 1 Stunde mit Gegenständen gegen die Gitter geschlagen, Müll, Geschirr, Klopapier und brennende Handtücher aus den Zellen in den Hof geworfen und „Wir Wollen raus!“ gerufen. Was sicherlich wörtlich und allgemein zu verstehen ist, sich aber auch auf die Situation von beschränkten und teilweise verwährten Hofgängen beziehen kann. Der Knast hat wohl mit Disziplinar-Maßnahmen und teilweiser Verlegung/Isolation von sog. „Rädelsführern“ reagiert.“
Aktuell (03.09.) schildert ein Gefangener die Situation wie folgt:
„Was die Einschränkungen aufgrund von Corona-Maßnahmen angeht (…): Maskenpflicht, bis auf unregelmäßige Ausnahmen keine Sport- und Freizeitangebote, verkürtzer Besuch (2×30 Min im Monat) hinter einer Scheibe.“
Leider zeigen die Berichte aus diesem Knast auch, mit welchen weiteren für uns banalen Themen sich Gefangene tagtäglich beschäftigen müssen, zum Beispiel der Frage, ob es erlaubt ist, ein Fenster im Sommer zu öffnen…
„Tja, was ist hier los. Die letzten Wochen ist es sehr heiß gewesen und wie schon letzten Sommer waren die Fenster ein großes Thema unter den Gefangenen. Die Stockwerke 2, 3 und 4 des Haupthauses sind recht modern renoviert.
In den Zellen dieser Stationen gibt es neue Fenter, die bis auf ein Kippfenster, das mit einer Lochblende aus Metall verdeckt ist, nicht zu öffnen sind. Also wären sie von Seiten der Anstalt schon aber mit der Begründung dies wäre ein „Sicherheitskonzept“, bleiben sie permanent verschlossen. Das absurde an dieser „Sicherheits-Konzept“-Ausrede ist, dass die Fenster im 5. Stockwerk, sowie auf baulich älteren Stationen anderer Häuser, die direkt nebenan sind, zu öffnen sind. Aber eine Knast-Weisheit, die sich als sehr wahr entpuppt hat, ist: Vergiss alle W-Fragen! Warum? Wie? Wann? Wer? Wo?… spielt hier keine Rolle. Auf jeden Fall wurden wir die letzten Wochen in den Zellen gebacken. Viele haben sich mit kalten Fußbädern in ihren Mülleimern zu etwas erfrischung verholfen. Es wurden fleißig Anträge auf Öffnung der Fenster oder auch einfach temporäres Lüften gestellt, die alle mit er Begründung des „Sicherheits-Konzetes“ abgelehnt wurden. Die Stimmung ist also etwas erhitzt