solidarität

WÄHREND MANCHE SICH ÜBER DAS GESTATTETE ASYL VON VERFOLGTEN OPPOSITIONELLEN AUS DER TÜRKEI IN DEUTSCHLAND FREUEN, GIBT ES MENSCHEN, DIE NICHT ABHAUEN, SONDERN WIDERSTAND LEISTEN! UNTERSTÜTZT DEN WIDERSTAND VON NURIYE GÜLMEN, SEMIH ÖZAKCA UND KEMAL GÜN!

Es ist der 12.September 1980. Der Faschist Kenan Evren putscht sich in der Türkei mithilfe der USA und Deutschland an die Macht und beginnt eine nie zuvor erlebte Säuberungswelle gegen alles, was nicht in irgendeiner Weise seinen Vorstellungen vom erhobenen Türkentum entspricht.

Massenentlassungen, Massenverhaftungen, Massengräber, Verschwindenlassen und vieles mehr sorgten dafür, dass die revolutionäre Linke in der Türkei in kürzester Zeit an Kraft verlor. Denn bis zum Putsch und der Machtergreifung der faschistischen Junta schaffte es die bewaffnete Linke in der Türkei, Millionen auf die Straßen zu bringen. Genau zu dieser Zeit wählten alle fortschrittlichen Organisationen, von bürgerlich bis marxistisch leninistisch oder maoistisch, sowie nationalen Befreiungsbewegungen in der Türkei die Flucht ins Ausland. Einzig die „Devrimci Sol“ entschied sich dazu, den Kampf gegen die Junta im Land aufzunehmen und die Revolutionären Errungenschaften um jeden Preis zu verteidigen.
Es ist der 15.Juli 2016. In der Türkei läuft ein Putsch an, der laut Regierung von Fetullah Gülen befohlen wurde, wird aber in kürzester Zeit eingedämmt. Was folgt ist eine Säuberungswelle, die selbst die Dimensionen der Säuberung 1980 übertrifft. Zehntausende wurden entlassen, Tausende verhaftet, Kurden, Linke und Revolutionäre werden durch extralegale Tötungen hingerichtet. So geschehen bei Kemal Korkut, ein kurdischer Jugendlicher, der bei den Newroz-Feierlichkeiten in Amed erschossen wurde, weil er angeblich ein Selbstmordattentäter sei. So geschehen bei der 18 Jährigen Sila Abalay, die vergangenen Samstag in ihrer Wohnung erschossen wurde, weil man ihr vorwarf, hochrangiges Mitglied der revolutionären DHKP-C zu sein. Es herrscht ein Klima des faschistischen Terrors. Niemand kann sich sicher sein, ob er nicht der nächste in der langen Verhaftungsliste des Staates sein wird. In diesem Klima der Angst treten viele, mal wieder, die Flucht ins Ausland an. Sie bündelten ihre ganzen Hoffnungen in das Referendum und haben nach den zu erwartenden Ergebnissen keine Idee, was man noch machen könnte. Die gesamte revolutionäre Linke befindet sich im Stillschweigen, da ihre gesamte politische Arbeit sich auf den Parlamentarismus beschränkte. Und nun?
Es gibt in der Türkei durchaus noch Menschen, die den Widerstand auf der Straße leisten. Dies sind vor allem Mitglieder der revolutionären Volksfront (Halk Cephesi), die das Referendum von Anfang an boykottiert haben und damit (wenn man sich die Lage der revolutionären Linken nach der „Wahlniederlage“ ansieht) durchaus nicht falsch lagen. Zu nennen sind etwa die Akademikerin Nuriye Gülmen und ihr Kollege Semih Özakca, die nach ihrer Entlassung durch Notstandsgesetze seit 183 Tagen Protestieren, um wieder angestellt zu werden. Am Todestag von Berkin Elvan begaben sich die beiden in einen unbefristeten Hungerstreik, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Dieser Hungerstreik ist nun schon im 63.TAG! Erst seit einigen Tagen schafft es auch die Linke, ihre Distanz zur Halk Cephesi zu überwinden und von Protest der beiden zu berichten. Viele Künstler, Aktivisten und Revolutionäre begeben sich seit Tagen in Solidaritätshungerstreiks und schaffen so eine enorme Aufmerksamkeit. Nuriye Gülmen und Semih Özakca sind ein Hoffnungsschimmer für die Völker in der Türkei, die durch das Referendum in eine Schockstarre und Ausweglosigkeit verfallen sind. Auch hier sollten sich die Organisationen, die all ihre Arbeit auf das Referendum beschränkten, selbstkritisch hinterfragen.
Der Widerstand von Nuriye und Semih breitet sich wie ein Strohfeuer in der Türkei aus. Dies sind die Aktionen der Arbeiter und Akademiker, die in der „Kamu Emekciler Cephesi“ und der „Devrimci Isci Hareketi“ organisiert sind, Massenorganisationen der Halk Cephesi für Akademiker und Arbeiter.
-In Malatya sind Bergwerkarbeiter seit 103 Tagen im Widerstand gegen ihre willkürliche Entlassung.
-Der Widerstand der Akademikerin Nazife Onay gegen ihre Entlassung in Istanbul befindet sich im 51.Tag.
-Der Widerstand der Architektin Alev Sahin gegen ihre Entlassung in Düzce befindet sich im 79.Tag.
Auch Kemal Gün befindet sich im unbefristeten Hungerstreik. Sein Sohn Murat Gün, Guerillakämpfer der DHKP-C, wurde Ende vergangenen Jahres in Dersim bei einem Bombardement ermordet. Seitdem lehnt es der Staat ab, den Familien die Leichname zu übergeben. Daraufhin begab sich Kemal Gün in einen Hungerstreik für den Leichnam der 11 ermordeten Guerilleros. Sein Hungerstreik befindet sich im 74.Tag.
Nicht die Flucht ins imperialistische Deutschland wird die Völker befreien, sondern der Widerstand, der Heute durch Nuriye, Semih, Kemal, Alev und Nazife, morgen durch Millionen geleistet wird!

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