Oscar López Rivera ist wieder in Puerto Rico. Am Donnerstag kehrte der seit 1981 in den USA inhaftierte politische Gefangene in seine Heimat zurück, die seit 1898 de facto eine Kolonie Washingtons ist. Die in North Carolina gestartete Linienmaschine des Fluges 783 der American Airlines landete um 16.36 Uhr (Ortszeit) auf dem Luis Muñoz Marin International Airport der Karibikinsel Puerto Rico. Eskortiert von US-Bundespolizisten entstieg der 74jährige Unabhängigkeitskämpfer zusammen mit Carmen Yulin, der Bürgermeisterin der puertoricanischen Hauptstadt San Juan, und dem Kongressabgeordneten Luis Gutiérrez der Maschine. Beide hatten die jahrelange Kampagne für López’ Freilassung unterstützt und ihn zu seiner Sicherheit seit dem Verlassen des US-Staatsgefängnisses Terre Haute (Indiana) begleitet.
Barack Obama hatte den wegen »Verschwörung zum Umsturz« und einem angeblichen Fluchtversuch zu insgesamt 70 Jahren Gefängnis verurteilten López vor einem Monat begnadigt und seinen Entlassungstermin auf den 17. Mai festgelegt. Die letzten 97 Tage seiner Haft muss López jedoch wohl nicht mehr in einem der Gefängnisse auf der Insel absitzen. »Die meisten Häftlinge verbringen solche Reststrafen im offenen Vollzug«, erklärte Gutiérrez der Agentur AP. Der dafür in Puerto Rico zuständige Anstaltsleiter habe deshalb dem Ersuchen stattgegeben, dass López bis zum 17. Mai im Haus seiner Tochter Clarisa unter Hausarrest gestellt wird. Das sei »ungewöhnlich«, so der Abgeordnete. Die Justiz habe jedoch zur Bedingung gemacht, dass López‘ Verlegung nach Puerto Rico »diskret« durchgeführt werde und er bis zum offiziellen Entlassungstag im Mai nicht mit den Medien spricht. »Sie wollten verhindern, dass er wie ein Held empfangen wird«, zitierte AP die 64jährige Mady Pacheco, die trotzdem die kursierenden Gerüchte über López’ Heimkehr gehört hatte und mit ihrer vierjährigen Großnichte zum Flughafen gekommen war. »Ich wollte, dass sie Zeugin dieses historischen Augenblicks wird und einen Mann begrüßt, der seine Freiheit für unser Volk geopfert hat«, so Pacheco. Deshalb erwartete auch Juan Segarra mit einer puertoricanischen Fahne im Flughafen die Rückkehr seines Compañeros. Segarra hatte selbst als Aktivist der Unabhängigkeitsbewegung 17 Jahre in US-Haft gesessen und war vor 13 Jahren vom damaligen US-Präsidenten William Clinton begnadigt worden. Auch mit ihm und anderen früher inhaftierten Aktivisten der Unabhängigkeitsbewegung darf López bis Mai nach Angaben seiner Anwältin nicht sprechen.
Nachdem Oscar López sicher im Haus seiner Tochter angekommen war, stellte sich diese nach einem Bericht des Senders Telesur zusammen mit Yulin, Gutiérrez und Rechtsanwältin Jan Susler bei einer Pressekonferenz im Zentrum von San Juan den Medien. Die Juristin erläuterte noch einmal die genauen Bedingungen, an die der Hausarrest ihres Mandanten gebunden sei. Das Verbot aller öffentlichen Kontakte bis zum 17. Mai solle durch »die permanente Überwachung seitens der Sicherheitsbehörden« garantiert werden. López’ Tochter Clarisa bat »das Volk von Puerto Rico«, ihren Vater bei »der Umgewöhnung und Integration in sein neues Leben« zu unterstützen. Das werde »ein langwieriger Prozess« sein, da er in US-Haft viele Jahre isoliert gewesen sei. »Lasst uns jetzt den Moment genießen, und dann feiern wir am 17. Mai die große Party«, schloss Clarisa López.
Im Internet äußerten sich viele Aktivisten begeistert über López’ vorzeitige Heimkehr. Auch Künstler wie der puertoricanische Rapper René »Residente« Pérez vom Duo »Calle 13« hießen ihn willkommen. »Heute ist ein Kind der Zuckerrohrfelder heimgekehrt«, ließ Pérez die Welt per Kurznachricht wissen.
Von Jürgen Heiser, junge Welt 11.2.17