ROTE HILFE: Abbild der Bewegung

Palästina-Solidarität: Hilfsorganisation Rote Hilfe lehnt Antrag auf Unterstützung trotz Ausweisungsbescheid ab
Von Annuschka Eckhardt
Die linke Bewegung in Deutschland ist schwach, die staatlichen Repressalien nehmen zu. Strafverfahren und Gerichtsverhandlungen sind zeitaufwendig und teuer. Für finanzielle Unterstützung und Rechtsberatung können sich Linke im Fall der Fälle bei der Roten Hilfe e. V. melden, einer Schutz- und Solidaritätsorganisation. Sie knüpft an die Tradition der Roten Hilfe Deutschlands an, der 1921 gegründeten Hilfsorganisation der KPD. Auf ihrer Website schreibt die Organisation: »Unsere Unterstützung gilt allen, die als Linke wegen ihres politischen Handelns (…) staatlicher Repression (…) ausgesetzt sind«.

Beim Thema Palästina allerdings wird es etwas komplizierter. Im Zuge der zahlreichen Demonstrationen seit den Hamas-Angriffen vom 7. Oktober 2023 und der israelischen Kriegführung mit Zehntausenden toten Zivilisten im Gazastreifen hat sich die staatliche Repression gegen alles Palästinensische in Deutschland verschärft. Das hat auch eine Flut von Festnahmen und kostspieligen Strafverfahren mit sich gebracht.

Vor einer Woche entschied die Rote Hilfe über mehrere Anträge auf Unterstützung aus der palästinasolidarischen Bewegung. Der Antrag eines Aktivisten, der nach dem 7. Oktober einen Ausweisungsbescheid wegen seines politischen Engagements erhalten hatte, wurde abgelehnt. Eine Begründung hat er laut eigenen Angaben bis heute nicht erhalten.

Die ausstellende Behörde begründete die Ausweisung in dem Bescheid, der junge Welt vorliegt, mit der inzwischen verbotenen Organisation »Samidoun«, der der Aktivist nahestehen soll. Die aus dem Umfeld der linken Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) entstandene Gefangenenhilfe war im November von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) per Ministerialbeschluss verboten worden.

Aus welchen Gründen der Aktivist, der weiter von einer Ausweisung bedroht ist, keine Unterstützung bekommt, wollte die Rote Hilfe gegenüber jW nicht kommentieren. Generell wende man sich aber »gegen politisch motivierte Ausweisungen von linken Aktivistinnen und Aktivisten«, teilte eine Sprecherin am Dienstag mit.

Zuvor hatte die Solidaritätsorganisation dem Antragsteller einen Fragenkatalog gesendet, der dieser Zeitung vorliegt und unter anderem die Frage enthielt, wie der Antragsteller zu der Parole »Tod den Juden« stehe. Er sieht sich diskriminiert. Gegenüber jW erklärte er »Nachdem ich mich diesen diffamierenden und absurden Fragen stellen musste, wurde mein Antrag ohne weitere Begründung abgelehnt.« Die Rote Hilfe erhält seiner Meinung nach »rassistische Strukturen in Deutschland« aufrecht und legitimiert »die sich zuspitzenden Repressionen gegen jegliche Palästina-Solidarität unmittelbar«. Was Anlass der Frage gewesen sei, wollte die Organisation gegenüber jW nicht beantworten.

Noch vor dem Verbot von »Samidoun« durch Faeser hatte sich die Rote Hilfe von dem Gefangenenhilfswerk wegen der Verletzung »linker Grundprinzipien« offiziell distanziert. Die Ortsgruppe in Berlin hatte diesen Schritt damals öffentlich zurückgewiesen. Man wende sich gegen Repression und habe keine »einheitlichen Positionen zu allgemeinpolitischen Fragen«, erklärte die Sprecherin dazu gegenüber jW. Zentrales Kriterium sei aber »die politische Betätigung im linken Kontext«.

Bei einem anderen Antrag auf Unterstützung ging es um die Verwendung der Parole »From the River to the Sea – Palestine will be free« auf einer Demonstration. Ein Aktivist erbat finanzielle Unterstützung wegen eines Strafverfahrens. Sein Antrag wurde angenommen. Als Verein unterstütze man die Parole zwar nicht, so die Rote Hilfe. Man wende sich aber »gegen die Kriminalisierung von Linken im Zusammenhang mit der Parole«. Aufgrund der Vielzahl der Ermittlungsverfahren gehe man davon aus, dass es weitere Anträge in dem Zusammenhang geben werde. Mehrere Aktivisten die »wegen der Teilnahme an Palästina solidarischen Demonstrationen Repression erfahren haben«, hätten sich bereits an die Organisation gewandt.

Dass sie Unterstützung erhalten werden, ist nach der Entscheidung von vergangener Woche wohl nicht garantiert. Das spiegelt den Zustand der linken Bewegung in Deutschland wider, die die Rote Hilfe unterstützen will. Ratlosigkeit, Furcht vor Repression und widersprüchliche Strömungen kennzeichnen diese nicht nur beim Thema Palästina.