Zum Gutachten des vom 7. Strafsenat beauftragten Sachverständigen

Klare Worte waren an zwei Verhandlungstagen im Saal 1 des Staatsschutzgerichtsgebäude des OLG Düsseldorf seitens des Sachverständigen – der als Türkei-Experte und promovierter Politikwissenschaftler als Professor an einer deutschen Universität tätig ist – zu hören. Er sollte über die Lage der Menschenrechte in der Türkei berichten.

Er konstatierte, dass die Türkei ein „Unrechtsstaat“ sei. Er würde sogar so weit gehen, zu sagen, es handele sich um einen Unrechtsstaat mit „totalitären Zügen“. Von einer „Kultur der Straflosigkeit“, wenn es um staatliche Menschenrechtsverletzungen geht, berichtete er in mehrfacher Hinsicht, wie davon, dass extralegale Tötungen nicht nur vertuscht werden. Es würde sich sogar offen, wenn nicht gar stolz durch staatliche Hoheitsträger zu diesen bekannt werden.

Eine unabhängige Justiz?

Ganz sicher nein, erläuterte der Sachverständige. Vielmehr wurde nach dem sog. Putsch im Juli 2016 insbesondere auch die Judikative im Bereich der politischen Prozesse auf die „Autokratie Erdogans“ zugeschnitten, tausende Richter entlassen und durch politisch Hörige ersetzt.

Einer der Angeklagten1 fragte den Sachverständigen nach dem Verbot von Kultur und Kunst in der Türkei. Auch hier war die Antwort mehr als eindeutig: Es gebe keine freie Ausübung der Kultur mehr, es gehe darum, gesellschaftlichen Widerstand und Protest und Kritik an der Regierung im Keim zu ersticken. Das heißt auch für einen einfachen Straßenmusiker, Gefahr zu laufen, von der Polizei abgeführt zu werden.

Um es kurz aber wesentlich zusammenzufassen:

Seit 2016 wurde die Türkei per Ausnahmezustand regiert, der nicht aufgehoben wurde, sondern in einem permanenten Ausnahmezustand mündete. Eine, wie es der Sachverständige nannte, Autokratie Erdogans. Die zentralen Schlüsselpositionen seien entsprechend besetzt worden und die Macht wurde etabliert. Eine Abwahl werde immer schwieriger.

Ein Unrechtsstaat, ein faschistischer Staat, wie er seitens der Verteidigung genannt wurde, kann und darf kein Schutzobjekt strafrechtlicher Verfolgung in der BRD sein.

1 Ihsan Cibelik – ihm wird als „Tathandlung“ u.a. vorgeworfen, Mitglied der international bekannten Musikband ‚Grup Yorum‘ gewesen zu sein