Seit einigen Tagen wird überall in Deutschland an Haltestellen, Werbetafeln und Polizeiwachen öffentlich nach dem Antifaschist Johann gefahndet. Ihm wird vorgeworfen Teil einer „kriminellen Vereinigung“ zu sein und gezielt an Angriffen auf Nazis beteiligt gewesen zu sein. Mit vollem Namen und Gesicht wird jagt auf diejenigen gemacht, die konsequent den Kampf gegen Nazis geführt haben sollen und sich der bewaffneten Gefahr von Rechts in den Weg gestellt haben.
Die öffentliche Fahndung reiht sich ein in die verschärfte Repression gegen (militanten) Antifaschismus und stellt eine neue Qualität der Repression dar. Sie hat zum Ziel einen konsequenten Antifaschismus nicht nur mit harten Haftstrafen, Vereinigungsdelikten und Razzien einzuschränken, sondern auch in der Gesellschaft großflächig zu delegitimieren und isolieren.
So soll mit der Öffentlichkeitsfahndung bewusst ein möglichst schlimmes Bild von Antifaschismus gezeichnet werden. Rechte Medienrhetorik wird übernommen, „Antifaschismus“ wird mit Terror gleichgesetzt und soll eine vermeintliche Gefahr für die Allgemeinheit darstellen.
Antifa bleibt notwendig!
In Zeiten, in denen die Rechtsentwicklung weiter voranschreitet, in denen Angriffe auf Geflüchtete Normalität sind und rassistische Parolen längst gesellschaftsfähig sind, knapp 1/5 der deutschen Gesellschaft Rechte Meinungen vertritt und auch die Regierung den rechten Kurst befeuert, ist jede Form des Antifaschismus richtig und bitter notwendig!
Ein Antifaschismus, der sich an den aktuellen gesellschaftlichen Notwendigkeiten orientiert, sich der faschistischen Gefahr aktiv in den Weg stellt und sich nicht an den bürgerlichen Rahmen hält.
Genau das wird den untergetauchten Antifaschist:innen aus dem Antifa- Ost-Verfahren und dem Budapest-Verfahren vorgeworfen:
sie haben organisiert Angriffe auf Faschist:innen durchgeführt und die Nazis direkt in ihrem handeln eingeschränkt.
Aber, die Repression richtet sich gegen Antifaschist:innen nicht aufgrund der Ausübung der Gewalt an sich. Vielmehr richtete sie sich gezielt an einen selbstorganisierten Antifaschismus, der sich nicht an die Spielregeln der bürgerlichen Gesetze hält, sondern eigene Maßstäbe für antifaschistisches handeln entwickelt und somit linke, klandestin organisierte Handlungsräume schafft, die fernab staatlicher Kontrolle und Einsicht agieren. Und damit auch im Kampf gegen Rechts die Legitimität des Staates in Frage stellen.
Der Staat sieht Rechts
Nicht erst seit in den letzten Jahren sind immer mehr faschistische Netzwerke in Polizei, Geheimdiensten und Bundeswehr – inklusive Morddrohungen, Anschlagsplänen und Todeslisten – bekannt wurden, ist klar, dass im antifaschistischen Kampf kein Verlass auf diesen Staat ist. Auch wenn sich der Staat anders darstellen möchte, er ist und bleibt keine neutrale Instanz, und hat kein ernsthaftes Interesse an der Bekämpfung des Faschismus. Darüber täuschen auch punktuelle Versuche faschistische Strukturen wie zuletzt das militante Netzwerk Hammerskins zu verbieten nicht hinweg (ganz abgesehen davon, dass Verbote Faschist:innen nicht an ihren Aktivitäten hindern).
Untergrund
Dass einige Antifaschist:innen sich in den vergangenen Jahren bewusst für ein Leben im Untergrund entschlossen haben und sich dem Zugriff der Repressionsorgane entziehen ist keineswegs Ausdruck von Defensive. Es geht um die Fortführung des Kampfes im Untergrund, der Schritt in die Illegalität ist konkreter Ausdruck des antagonistischen Verhältnisses zum Staat. Das ist eine praktische Konsequenz aus der Erkenntnis, dass ein Antifaschismus innerhalb des Rahmens, den der Staat und seine Repressionsorgane dulden, nur beschränkte Wirkmacht entfalten kann. Folglich wird ihm grundsätzlich die Legitimität und insbesondere die Legitimität zu Urteilen aberkannt.
Über eine solche Praxis mag es unterschiedliche Einschätzungen geben. Sie ist aber ein legitimer Ansatz antifaschistischer Politik. Deshalb ist es wichtig, sich trotz Repression nicht weg zu ducken, sondern klare Haltung zu zeigen.
Deshalb sind wir solidarisch mit dem Genossen und mit all den anderen untergetauchten Genoss:innen sein.
Antifaschismus ist Notwendig!
Öffentliche Fahndung nach Antifaschisten – Säbelrasseln der „inneren Sicherheit“
Seit einigen Tagen tauchen in ganz Deutschland Fahndungsbilder von einem Verdächtigen im Antifa-Ost-Komplex auf. An U-Bahn-Stationen, im Bus, überall dort wo sonst Werbung ist, wird die Öffentlichkeit zur Jagd gegen Bezahlung mobilisiert. Aber es geht nicht nur um Kopfgeld. Diese groß aufgezogene Fahndungskampagne des BKA ist sinnbildlich für die Versessenheit des Staatsschutzes mit sogenanntem Linksextremismus. Aber wovor hat der Staat eigentlich Angst?
Wenn es darum geht, „Linksextreme“ zu suchen, spart der Staatsschutz keine Kosten. In Deutschland werden gerade über 600 abgetauchte Nazis gesucht, aber ihre Gesichter und Namen findet man auf keinen Fahndungsplakaten auf dem Weg zur Arbeit oder in die Schule. Im Gegenteil, der Faschismus macht sich in Deutschland immer weiter breit und öffentliche Aufforderung zur Denunziation von linken Kräften hat sich in diesen Momenten als gutes Werkzeug bewährt, um den antifaschistischen Widerstand zu schwächen. Denn eine groß aufgezogene Fahndung schränkt nicht nur die Bewegung der Aktivist:innen ein, sondern dient auch dazu, weitere Kriminalisierungen von Antifaschist:innen im gesellschaftlichen Bewusstsein zu rechtfertigen.
Auch die Medien stimmen fröhlich in die Fahndung ein, veröffentlichen teilweise den gesamten Fahndungsaufruf mit einer Kopfgeldversprechung und detaillierten Informationen zu dem Verdächtigen. Die faschistische Kleinpartei „Freie Sachsen“ verbreitete den Fahndungsaufruf und setzte sogar noch ein erhöhtes Kopfgeld aus. Sogar die Tagesschau sitzt am Puls der Zeit und sprach diese Woche von 20 untergetauchten Linksextremist:innen – “so viele wie seit Zeiten der Terrorgruppe Rote Armee Fraktion (RAF) nicht mehr.” Dieser RAF-Vergleich ist ein wirksames Mittel, um die öffentliche Meinung gegen linke Aktivist:innen und Antifaschist:innen zu steuern, Methoden, die bis jetzt hauptsächlich der Springer-Presse vorbehalten waren.
Die Versessenheit des Staates und der bürgerlichen Medien mit dem sogenannten „Linksextremismus“ ist ein Spiegelbild der Geschichte des institutionalisierten Antikommunismus in Deutschland. Von der Kriminalisierung der Sozialdemokrat:innen in der Kaiserzeit bis hin zum Verbot der KPD in der Nachkriegszeit und der Verschärfung des Paragraphen 129 zu Zeiten der Stadtguerilla. Die Verfolgung und Unterbindung des Kommunismus wurde zur Hauptaufgabe des Kapitalismus in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, um im Angesicht der Sowjetunion und den wachsenden revolutionären Bewegungen weltweit weiter bestehen zu können. Und jetzt, in einer neuen Krisenphase des Kapitalismus, in der die imperialistischen Lager erneut mit den Säbeln rasseln, werden auch die Repressionsmaßnahmen gegen fortschrittliche Kräfte wieder aus der Reserve gelockt.
Aber nicht nur in Deutschland verschärfen sich die Repressionen gegen Antifaschist:innen und Sozialist:innen. Diese Woche wurden im Zuge neuer Verhaftungswellen in der Türkei und Nordkurdistan unter anderem Berfin Polat, Mitglied des Zentralkomitees der sozialistischen Jugendorganisation SGDF, und Canan Kaplan, Vorsitzende des Kulturverbunds BeKSav, festgenommen.
Es ist absehbar, dass der Faschismus dem krisengesteuerten Kapitalismus immer dann zur Seite springt, wenn das revolutionäre Potential der Arbeiter:innenklasse unterbunden werden muss. Doch wir lassen uns von Fahndungskampagnen und Verhaftungswellen nicht einschüchtern, sondern führen den Kampf gegen den Faschismus, gegen den Imperialismus und den Kapitalismus weiter. Das bedeutet Solidarität mit den Verfolgten und Gefangenen weltweit, Solidarität mit allen, die sich im Kampf gegen den Faschismus zusammenschließen. Und es bedeutet auch zu wissen, dass wir nicht wehrlos gegen die Methoden des Staates sind. Als revolutionäre, antifaschistische und sozialistische Kräfte stehen wir geeint gegen die Repression des deutschen Staates, denn wir wissen: Unser Kampf ist legitim!
Wir sind alle 129a! Feuer und Flamme ihrer Repression!