Am 7.Dezember hat das Komitee „Weg mit den Paragraphen 129a und b“ neben der Dauermahnwache vor dem Bundesminiterium der Justiz in Berlin eine zweite Mahnwache vor dem OLG Düsseldorf gestartet. Genauso wie in Berlin besteht die Mahnwache dabei aus einem Zelt, in welchem die Protestierenden auch die Nächte verbringen. Dadurch wird diese Mahnwache zu einer permanenten politischen Aktion, um auf den Hungerstreik von Eda, Ilgin, Sevil und Lena aufmerksam zu machen. Die 4 befinden sich seit mehr als 280 Tagen im unbefristeten Hungerstreik um auf diese Weise gegen Willkür und Ungerechtigkeiten im 129b-Prozess gegen die politischen Gefangenen Özgül Emre, Ihsan Cibelik und Serkan Küpeli zu kämpfen. Im Vordergrund steht momentan die Aufhebung der Untersuchungshaft gegen die drei Gefangenen, allen voran aber vom Grup Yorum Mitglied Ihsan Cibelik, bei dem vor mehr als 3 Monaten Prostatakrebs festgestellt wurde und dem seither jede Form der medizinischen Behandlung seitens des 7.Strafsenats unter Vorsitz von Dr. Lars Bachler und der Oberstaatsanwaltschaft in Person von Ralf Setton verwehrt wird.
Die Versammlungsbehörde hat vom ersten Tag der Mahnwache gezielt versucht, die Mahnwache zu verhindern oder stark einzuschränken. So wurde im ersten Auflagenbescheid die rechtswidrige Auflage erteilt, dass sich stets, also 24 Stunden am Tag, 3 Personen außerhalb des Protestzelts aufzuhalten haben. Um diese rechtswidrige Anordnung zu vollstrecken, kamen selbst in den Abendstunden alle halbe Stunde Polizeikräfte vor das Zelt und drohten mit dem Verbot der Mahnwache, weil Teilnehmer sich kurzfristig im Zelt aufhielten bzw. auf Toilette gingen.
Begründet wurde diese gesichert rechtswidrige und damit antidemokratische Anordnung damit, dass die Versammlungsbehörde den Rechtsstaat schützen müsse und die Tatsache, dass sich weniger als 3 Personen vor dem Zelt befinden, ein Angriff gegen den Rechtsstaat sei. Trotz des offensichtlich rechtswidrigen Charakters der Beschränkung haben sich die Teilnehmer der Mahnwache darum gekümmert, dass zu jeder Tageszeit, trotz kaltem Wetter und Regen, immer 3 Personen vor dem Zelt befinden. Doch die Versammlungsbehörde, die ihrem Verbotswunsch auf diese Weise nicht nachkommen konnte, erlog sich eine fiktive Zahl von 47 Situationen, in denen sich wohl weniger als 3 Personen vor dem Zelt befunden hätten. Und mithilfe dieser offensichtlichen Lüge hat die Behörde der Mahnwache den Versammlungscharakter abgesprochen.
Die Veranstalter und Teilnehmer, die sich der rechtswidrigkeit und der offensichtlich erlogenen Faktenlage bewusst waren, weigerten sich, diesen Verbotsversuchen nachzugeben und beharrten darauf, die Mahnwache fortzuführen. Mit einem Eilantrag auf Wiederherstellung des Versammlungscharakters vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf schaffte man es, die rechtswidrige Entziehung des Versammlungscharakters wiederherzustellen. In einer zweiten Klage wurden die Auflagen angefochten und auch diese wurden gerichtlich für rechtswidrig erklärt, sodass die Versammlungsbehörde gezwungen war, alle beschränkenden Auflagen aufzuheben und die Prozesskosten in voller Höhe zu übernehmen.
Dieser gerichtliche Sieg ist zugleich auch ein politischer Sieg, weil sich die Veranstalter nicht gefallen lassen haben, dass die Versammlungsbehörde rechtswidrige, willkürliche Maßnahmen gegen eine legitime Versammlung ohne Weiteres durchsetzen konnte. Das Gericht verwies zurecht auf den politischen Charakter der Mahnwache und den inhaltlichen Zusammenhang der Mahnwache mit dem OLG Düsseldorf, dem Hungerstreik von Eda und der Forderungen der Mahnwache. Zugleich ist dieser Sieg auch wegweisend für andere, gleich gelagerte Versammlungen, bei denen die Versammlungsbehörde ähnliche Verbotsinteressen verfolgt. Mit diesen Ergebnissen ist es für die Versammlungsbehörden in NRW nicht mehr ohne weiteres möglich, Mahnwachen rechtswidrig einzuschränken und auf diesen Einschränkungen basierend zu verbieten.
Das Komitee Weg mit den Paragraphen 129a und b weist darauf hin, dass es wichtig ist, seine Rechte zu kennen und diese auch zu verteidigen, wenn die Behörden mit Drohungen und Anzeigen gegen diese Rechte vorgehen. Alle Rechte, die wir haben, sind von den Werktätigen und Unterdrückten unter Einsatz ihres Lebens und ihrer Gesundheit erkämpft worden. Wir dürfen nicht zulassen, dass diese erkämpften Rechte einfach ohne weiteres von den Behörden beschlagnahmt und eingeschränkt werden. Deswegen ist neben der Solidarität verschiedener Strukturen untereinander auch wichtig, Rechte zu kennen und mit einem Bewusstsein der Legitimität gegen behördliche Maßnahmen zu kämpfen und Widerstand zu leisten. Jedes Akzeptieren antidemokratischer und rechtswidriger Maßnahmen ist ein Sieg für die Ungerechtigkeit!
