Rigaer 94: Die Rückkehr des Phoenicurus. Neuigkeiten aus dem Briefkasten

Über ein Jahr haben wir nicht mehr über das juristische Theater um die Rigaer94 informiert. Was die Entwicklungen für unser Haus bedeuten, wollen wir mit diesem Text zusammenzufassen. Das heißt für uns erst einmal ein wenig weiter auszuholen, um Aktuelles mit Vergangenem zu verbinden. Danach präsentieren wir euch unsere neuesten Recherchen zu Briefkästen, Räumungsklagen und einem Bankkonto. Der Text ist ziemlich lang geworden, aber vielleicht schaut ihr einfach selbst.

Ein Kreis schließt sich – 3 Jahre Brandschutzbegehung
Manchmal braucht es einen Moment bis wir in der Lage sind die sich überschlagenden Ereignisse einzuordnen, die unsere volle Aufmerksamkeit erfordern, uns in ihren Bann ziehen, dann festhalten und mit denen wir uns gemeinsam überschlagen. Wir wissen, dass es Zeit braucht, die wir oft nicht haben oder die wir uns nicht nehmen wollen, um kurz innezuhalten, Luft zu holen, einmal auszuatmen und mit klarem Kopf zurückzuschauen.

Für viele mag es unverständlich erscheinen, aber mit dem letzten Räumungsversuch im Juni 2021 ging in diesem Haus ein Zeitabschnitt zuende, der mit den Räumungen einer Vielzahl von Projekten in den Jahren davor schon begonnen hatte und seinen letzten Aufschrei vielleicht bei der TagX-Demo des Köpi-Wagenplatzes hören ließ. Über Jahre waren verschiedene Projekte in dieser Stadt – vernetzt in der Interkiezionale (interkiezionale.noblogs.org) – damit beschäftigt, sich den Angriffen des damals Rot-Rot-Grünen Senats entgegenzuwerfen, die darauf abzielten, die Stadt dem weiteren Zugriff des Kapitals auf dem Silbertablett zu servieren.

Mit den Erfahrungen dieser Räumungswelle im Kopf haben wir damals einen Gegenvorschlag formuliert und am 16. und 17. Juni 2021 gemeinsam mit vielen anderen in dieser Stadt und darüber hinaus in die Tat umgesetzt. Die erfolgreiche Verteidigung des Hauses war aber anders als von uns beabsichtigt nicht „ein weiterer Schritt unser aller Selbstorganisierung“. Wenn wir zurück schauen, fühlt es sich eher so an, als ob ab Ende 2021 die Kämpfe um die Stadt an den (verbliebenen) autonomen Projekten größtenteils vorbeigegangen sind.

In Berlin war Deutsche Wohnen und Co. Enteignen angetreten, um im Rahmen demokratischer Verfahren dem allgemeinen Ausverkauf von Wohnraum entgegenzutreten. Das überwältigende „Ja!“ zur Enteignung wurde auf der Ebene der politischen Entscheidungsträger:innen ad absurdum geführt. Nicht überraschend, in dem Ausmaß der Ignoranz dann aber doch verwunderlich, wurden Hundertausende in dieser Stadt förmlich ausgelacht. Während das Bündnis Mietenwahnsinn 2019 noch Zehntausende auf die Straße brachte, war in den folgenden Jahren wenig davon zu spüren. Auch militante Beiträge und Angriffe gegen die Akteur:innen der Verdrängung konnten nicht mehr an frühere Zeiten anknüpfen. Sicherlich gab es aber zahlreiche Initiativen, in denen sich in den letzten Jahren Mieter:innen und Andere organisiert und miteinander gekämpft haben. Gleichzeitig hat sich das Berlin, in dem wir leben und kämpfen, in den letzten Jahren noch weiter im Interesse der Herrschenden entwickelt, die den letzten Quadratmeter des Bodens dieser Stadt und immer öfter auch den Himmel für sich beanspruchen. Der Amazon-Tower ist hier nur das markanteste Beispiel eines Herrschaftsanspruchs der Reichen, der von überall zu sehen sein soll. Einige Diskussionstexte zu Deutsche Wohnen und Co. Enteignen und Kämpfen in der Stadt, die wir gefunden haben, findet ihr unten.

Währenddessen scheint sich die Weltlage – durch die kleinen Fenster der Rigaer94 gesehen – immer weiter zuzuspitzen. Die Coronapandemie und die damit verbundene fortschreitende Vereinzelung, aber auch beinahe widerspruchslose Einreihung in herrschaftliche Narrative und Maßnahmen. Der Ukraine-Krieg, die „Zeitenwende“ und die unwidersprochene (Re-)Militarisierung Deutschlands. Kriege um Ressourcen, der kontinuierliche koloniale Zugriff und das laute Säbelrasseln einer sich neu formierenden Blockkonfrontation. Zuletzt die Live-Übertragung des Völkermords in Gaza als Showcase neuester technologischer Mittel auf der einen und der unüberhörbare Ruf nach Freiheit und Selbstbestimmung auf der anderen Seite.

Wir sind weit davon entfernt Antworten auf die Fragen zu finden, die in den hier unvollständig aufgeführten Punkten mitschwingen. Andererseits sind wir uns unserer Stärken und der Möglichkeiten, die unser Haus hat bewusst. Um der Vereinzelung entgegenzuwirken, öffnen wir weiterhin Allen unsere Türen, die einander finden wollen, um sich zu verabreden die Verhältnisse ins Wanken zu bringen. Wir laden ein, das Haus als Rückzugsort zu nutzen, um sich zu sammeln und dem Autoritarismus in all seinen Formen entschlossen entgegenzutreten. Und wir bieten weiterhin all jenen Räume, die sie so dringend benötigen, um sich zu organisieren und die ihnen von anderen verwehrt werden. Trotz der unzähligen Herausforderungen steht außer Frage, auf welcher Seite wir stehen: Der Stadt von Unten, des selbstorganisierten Lebens, der Ausgebeuteten und Unterdrückten – auf der Seite der Freiheit für Alle!

Ein Briefkasten als “Eigentümer”
Seit dem 3. Januar 2024 ist nicht mehr Mark Robert Burton sondern Lisa Close „Director“ der Lafone Investments Limited. Neben Lafone war Lisa Close bereits von 70 anderen Limited “Director”, für die vier noch aktiven ist sie es weiterhin. Ein Großteil dieser Strohfirmen hat dieselbe Adresse wie Lafone: „6 Consett Business Park, Consett, Country Durham, UK DH8 6BP“. Angebliche Gesellschafter sollen die Coraline Limited (94%) als Mehrheitsgesellschafterin, deren Gesellschafter wiederum andere Limited sein sollen, usw., und ein angeblich existierender Herr Mykola Koval (6%) sein. Außer der Rigaer94 gibt es kein anderes Haus, das die Briefkastenfirma als ihr Eigentum anführt. Anwälte in Berlin sind immer noch Markus Bernau (Binzstraße 65, 13189 Berlin) sowie der adelige Dr. Alexander Freiherr von Aretin, ein ehemaliger Leiter der Abteilung Recht und Privatisierung der Treuhandanstalt Anfang der 90er. Er ist Teil der renommierten Wirtschaftskanzlei GvW Graf von Westphalen. Als Hausverwalter dient Torsten Luschnat (Kuhnaustraße 6, 12623 Berlin).

Die Kanzlei GvW hat im Juni 2024 auch das Unternehmen FASSI anwaltlich beraten. Eine Firma, die offensichtlich auch für militärische Nutzung produziert, da sie auf der diesjährigen Sicherheits- und Verteidigungsmesse Eurosatory in Paris ausgestellt hat.

Im Oktober 2021 wurde öffentlich, dass die Lafone Investments Limited in den Pandora Papers auftaucht, einem der größten Leaks über Briefkastenfirmen, Steuerhinterziehung und -paradiese.

Es ist klar, dass das Firmengeflecht dafür da ist, den von Aretin selbst als „Familienvater“ bezeichneten vermeintlichen Eigentümer Leonid Medved als Geschäftsführer der Centurius Immobilien Handels GmbH (Kurfürstendamm 92, 10709 Berlin) und seine Geschäfte zu verschleiern. Schon 2016 wurde er in einem Presseartikel der bei AFD-Wähler:innen beliebten Zeitung Welt, im Zusammenhang mit der Centurius genannt. Den Tipp hatte der damalige Strohmann von Lafone gegeben. Auch die BerlinerMieterGemeinschaft hatte 2022 einen Artikel dazu geschrieben. Weitere Presseartikel dazu findet ihr unten.

Auch von woanders haben wir gehört, dass es ein offenes Geheimnis sei, dass Leonid Medved den Bullen der Direktion 5 als Eigentümer der 94 bekannt sei. 2021 bekamen wir die Information, dass die Firma Nudelmann & Friends unser Haus als „geräumte Kulturfläche“ zu 2.000 Euro/m2 anbot. Zumindest damals noch datete Leonids Tochter den Makler Benjamin Nudelmann, der ein Vertrauter des Eigentümers der Liebig34, Padovicz, ist.

Die Räumungsklagen und neue Termine
Die letzten Texte von uns, die wir 2022 zu den Räumungsklagen geschrieben haben, könnt ihr hier (Januar 2022), hier (Juni 2022) und hier (Dezember 2022) nachlesen.
Zusammengefasst geht es juristisch immer um den Beweis, dass Lafone, Coraline, und so weiter, Strohfirmen sind und welche Auswirkungen der Brexit auf die Handlungsmacht einer britischen Limited außerhalb der britischen Grenzen hat. Während, wie es scheint, Leonid Medved von Berlin aus das Geschehen leitet. Es geht auch immer darum, ob die ausgestellten Prozessvollmachten für die Anwälte Bernau und von Aretin durch den*die „Director“ aka Strohperson überhaupt so anerkannt werden können.

Im Januar 2022 schrieben wir über einen der weiteren Versuche der Briefkastenfirma seit 2016, einen Räumungstitel für unsere öffentlichen Räume, die Kadterschmiede und den Jugendclub Keimzelle im Erdgeschoss, zu bekommen. Nachdem sowohl Landgericht als auch Kammergericht der Räumungsklage eine Absage erteilten, endete im November 2023 die Beschwerde des Anwalts Bernau gegen die Entscheidung des Kammergerichts erfolglos vor dem Bundesgerichtshof. Seitdem gibt es nichts Neues in diesem Verfahren.
Weil wir in diesem Verfahren nicht die Prozessvollmacht rügten, gab es vor dem Amtsgericht ein Räumungsurteil gegen unseren Sportraum. Das Ergebnis der Berufungsverhandlung steht noch aus. Sonst gab es eine erste Serie von klageabweisenden Urteilen der Räumungsklagen gegen die seit 1992 bestehenden Mietverträge als auch gegen Personen, die durch die Razzia vom Oktober 2021 diesen Klagen hinzugefügt wurden. In den kommenden Monaten fangen die Berufungsverhandlungen an. Am 4. September findet der erste dieser Prozesse vor dem Landgericht Berlin statt.

Und das ist wichtig, denn seit einigen Monaten scheint die Justiz einen anderen Kurs einschlagen zu wollen. Auch wenn sich nichts an dem Konstrukt der Briefkastenfirma geändert hat. Die Entwicklungen erinnern uns daran, dass der Druck auf unser Haus nicht nachgelassen hat, auch wenn er in letzter Zeit nicht so direkt wahrnehmbar war wie in anderen Momenten. Wir sind uns sicher, dass unsere Feinde ihre Strategien ständig anpassen und neue entwickeln, um die Rigaer94 loszuwerden. Wir haben nicht vergessen, dass die CDU noch im Wahlkampf die Räumung unseres Hauses versprochen hat. Wir werden sehen, wie weit sie damit überhaupt noch kommen, da sie nicht die ersten sind, die mehr abgebissen haben, als sie kauen können.

Gleichzeitig hat auch Lafone mehr Geld und Mühe darein gesteckt, sich die Rigaer94 als Kapitalanlage zu erhalten. Sie haben ein Gutachten in Auftrag gegeben, also mit viel Geld bezahlt, das die Rechtmäßigkeit der Briefkastenfirma Lafone beweisen soll. Mit diesem Gutachten hat sich Prof. Dr. Alexander Schall vom Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Privat- und Unternehmensrecht sowie Rechtsvergleichung von der Leuphana Universität Lüneburg in den Dienst des Kapitals gestellt.

Das Landgericht Berlin hat jetzt in zwei Verfahren gegen Wohnungen im Vorderhaus und ein Zimmer im Dachgeschoss vom Hinterhaus nicht die Rechtmäßigkeit der Briefkastenfirma angezweifelt. Während die zwei Wohnungen im Vorderhaus trotzdem keinen Räumungstitel bekamen, scheint das Landgericht bei dem Dachgeschossraum einen Räumungstitel fällen zu wollen. Ob die Richter:innen tatsächlich daran festhalten wollen, einer Briefkastenfirma und einem sich dahinter versteckenden Spekulanten Recht zu geben, werden wir in ungefähr einem Monat sehen.

Neuigkeiten aus der “Abteilung Recherche”
Über Umwege sind wir in den Besitz einer Email-Unterhaltung zwischen dem sogenannten Hausverwalter Torsten Luschnat und dem ehemaligen Ermittlungsführer der “EG Nordkiez” des LKA 521, Philipp Warmuth, gekommen. Aus diesen geht einerseits hervor, dass jetzt auch Luschnat Daten über Personen im angeblichen Umfeld des Hauses an den Staatsschutz weitergegeben hat. Dabei wurden neben den ungeschwärzten Kontoauszügen der Lafone auch Listen über (angebliche) Miet- bzw. Wohnverhältnisse in der Rigaer94 weitergeleitet, die Namen, IBAN, Höhe und Zeitpunkt von Zahlungen beinhalten. Auch geht hervor, dass beide sich zumindest einmal, am 7. April 2020, getroffen und über die Situation der Rigaer94 beraten haben.

Andererseits erläutert Luschnat in einer Email gegenüber Warmuth unverhohlen einen Teil des Konstruktes, das wir weiter oben beschrieben haben und mit dem die Lafone Investments Limited seit Jahren versucht, unseres Hauses habhaft zu werden:

“Wie bereits angesprochen handelte es sich hierbei [bei Pawel Kapica] jedoch nur um einen “Strohmann“ des Eigentümers, da dieser nicht selbst in die Öffentlichkeit treten wollte. Letztendlich war es nur ein Briefkasten. Auch sei erwähnt, dass es Pawel Kapica tatsächlich gibt, es sich jedoch nur um einen Einzelunternehmer ohne Angestellten handelt.”
Die besagten Kontoauszüge aus den Jahren 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019 haben wir einer kleineren Untersuchung unterzogen, die wir im Folgenden interessierten Leser:innen zugänglich machen. Wir wollen ein wenig Licht in das Dunkel bringen, das diese Briefkastenfirm(en) umgibt. Allgemein lässt sich das Konstrukt Lafone in den Jahren 2015-2019 an einer Sammlung von Firmen mit ähnlichen Namen feststellen. So tauchen in den fünf vorliegenden Jahren Cheeswrights Notaries Public (2015), Chown Dewhurst LLP (2015, 2017), Clifton SC Limited (2017, 2018, 2019), Clifton Admin Limited (2018) und zuletzt Clifton Adminn (sic!) Limited Acc. Hold with Newcastle (2019) in den Kontoauszügen auf. Anders als die genannten Firmen taucht die Centurius Immobilien Handels GmbH von Leonid Medved in allen Jahren auf (2015-2019). Insgesamt wird Lafone zwischen 2015 und 2019 durch Einlagen finanziert, über deren Herkunft wir keine Informationen haben. Es flossen 233.372,38 Euro auf das besagte Konto, dass in den Jahren für verschiedene Zwecke verwendet wurde.

Als Einzelpersonen am Interessantesten sind neben den Anwälten von Aretin und Bernau (deren Bezahlung sich – zu Ungunsten Bernaus – stark voneinander unterscheidet), vor allem der in der Mail von Luschnat an Warmuth genannte Pawel Jedrzej Ludwik Teresa Kapica, der als Strohmann 2016-2019 Zahlungen in Höhe von mehreren Tausend Euro erhält. Genau einmal 2015 taucht auch Leonid Medved auf, der 2.903 Euro von der Lafone erhält.Ein ehemaliger “Besitzer” des Hauses Suitbert Beulker wiederum bekommt noch 2019 5.142 Euro mit dem Verwendungszweck “Beratervertrag – Aufhebungsvereinbarung”, wobei unklar ist, welche beratende Tätigkeit er verrichtet haben soll und wieso noch im Oktober 2019 an ihn Zahlungen getätigt wurden. Obwohl er schon lange vorher behauptete mit der Rigaer94 nichts mehr zu tun zu haben. Mittlerweile ist er verstorben.

Von den Unternehmen, die vom Konto der Lafone bezahlt werden, stellt die VPSitex Deutschland GmbH (Buckower Chaussee 134, 12277 Berlin) den größten Kostenpunkt dar. Am 11.10.2018 werden 34.000 Euro mit dem Verwendungszweck “Vergleich” an den Sicherheits- und Überwachungsdienst überwiesen. Der Verwendungszweck deutet seinerseits auf Unstimmigkeiten über die Leistungen hin, die möglicherweise in einer außergerichtlichen Einigung beigelegt wurden und deshalb als “Vergleich” bezeichnet werden. 2016, während der damaligen Belagerung der Kadterschmiede und des Dachbodens, hatte VPSitex Sicherheitstüren geliefert, die sie aber nach zwei Wochen Belagerung und der gescheiterten Räumung nie zurückbekommen haben. Das Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsbüro Tober und Co. GmbH (Taubertstraße 6-8, 14193 Berlin-Grunewald) bekommt ab 2016 jährlich gute 1000 Euro. Den Daten nach zu schließen ist das Büro für den Jahresabschluss oder anderweitige administrative Tätigkeiten der Lafone zuständig. Ein Alexander Tober ist laut Northdata (link)Geschäftsführer einer Firma, von der auch Medved Geschäftsführer ist.

Neben den genannten Einzelpersonen und Unternehmen, tauchen in den Kontoauszügen noch weitere auf, über die wir aus Platzgründen an dieser Stelle nicht umfassend berichten. Bei Interesse findet ihr für die eigene Recherche eine Liste der fehlenden Firmen in den Fußnoten. Auffällig sind unserer Einschätzung nach vor allem die zuerst genannten “Firmen”, die unterstreichen, inwiefern es sich bei der Lafone schon seit Jahren um ein Sammelbecken, d.h. ein undurchsichtiges Netzwerk und eben nicht eine “geschäftstüchtige“ Firma handelt. Darüber hinaus halten wir es für notwendig die zu benennen, die sich auf die eine (bpsw. Sicherheitsdienst) oder auch andere Art (bspw. Steuerberatung) an den bekannten Machenschaften der Lafone beteiligt haben und weiter beteiligen. Für uns ist es selbstverständlich den Akteur:innen der Verdrängung keine Ruhe zu lassen und sie an Orten und zu Zeitpunkten zu treffen, an denen sie es am Wenigsten erwarten.

Und nu?!
Klar ist, dass die Rigaer94 schon immer im Besitz derjenigen war, die das Haus renovieren, mit Leben füllen und für die Ideen von Autonomie und Selbstorganisation kämpfen. Die Rigaer94 gehört emanzipatorischen Bewegungen und das wird sie auch bleiben. Auch wenn Richter:innen also entscheiden sollten, dass ein Briefkasten, irgendein:e Schlipsträger:in oder wer auch immer Eigentümer:in unseres Hauses sein sollen, wollen wir daran erinnern, dass wir uns nicht an ihre Spielregeln halten werden.

Was genau nach den Urteilen geschieht, wissen wir trotzdem (noch) nicht. Aber es zeichnet sich ein weiterer Angriff auf unserer Haus ab. Nach dem Scheitern, mit der Brechstange unsere Türen und unseren Willen zu brechen, haben schon die Müller-SPD und der von Geisel geführte Innensenat vor Jahren gesagt, dass sie eine (rechtssichere) Lösung für das ganze Haus finden wollen. „Lösung“ bedeutet nichts anderes als Räumung. Und so sind die leisen Schritte, mit denen sich Politik und Justiz anschleichen, Vorboten eines schlussendlich nur gewaltsam umsetzbaren Räumungsplans.

Wir leben in Zeiten, in denen alte Gewissheiten zusammenbrechen und neue Ideen im Angesicht einer zuweilen unüberschaubaren Welt auf sich warten lassen. Diese Stadt verändert sich rasant. Manchmal erscheint uns deswegen die Zeit, in der Besetzungen an der Tagesordnung und kämpferisches kollektives Wohnen üblicher und nicht die Ausnahme waren, wie eine vergangene Epoche. Wir sind aber weiterhin davon überzeugt und stehen dafür ein, dass es genügend Gründe, Ideen und Menschen gibt, um Häuser wie die Rigaer94 mit Leben zu füllen und als einen Ort unserer Kämpfe zu erhalten und weiterzuentwickeln.

Wir wollen uns nicht in der Auseinandersetzung mit uns selbst verlieren, sondern aus den Türen unseres Hauses in die Welt treten, um sie gemeinsam zu verändern. Genauso dürfen wir nicht den Fehler begehen, uns auf den Irrwegen der globalen Machtkämpfe aus den Augen zu verlieren und die Menschen, mit denen wir alltäglich leben, zu vergessen. Bis heute hat noch niemand allein Antworten auf die drängenden Fragen gefunden, die sich uns stellen. Von der Auseinandersetzung mit unseren eigenen patriarchalen und kolonialen Mechanismen, zu lokalen Kämpfen und einer Stadt von Unten bis zu dem Angriff auf ein kapitalistisches globales System, das sich nicht nur hinter Briefkästen versteckt: Wir laden euch ein, zusammen auf die Suche zu gehen und die Köpfe zusammenzustecken, um sicherzustellen, dass sich keine:r in der Ungerechtigkeit dieser Welt einrichtet.

Das letzte Wort im Kampf um unser Haus ist noch lange nicht gesprochen.Für die Freiheit und das selbstbestimmte Leben!

Rigaer94

https://rigaer94.squat.net