Palestine Action London nimmt Tod durch Hunger in Kauf

Inhaftierte Aktivisten von »Palestine Action« verweigern seit über einem Monat Nahrung – Regierung reagiert nicht
Die Zeit läuft: Seit Anfang November befinden sich acht in Großbritannien inhaftierte Aktivisten der antimilitaristischen Gruppe »Palestine Action« im Hungerstreik. Sie werden teils schon länger als ein Jahr in Untersuchungshaft gehalten; vorgeworfen werden ihnen Einbrüche oder Sachbeschädigungen zu Lasten des israelischen Rüstungsherstellers Elbit. Am Mittwoch schloss sich »Your Party«-Mitgründerin Zarah Sultana dem Protest vor dem westlich von London gelegenen Gefängnis HMP Bronzefield an, um den Druck auf Justizminister David Lammy zu erhöhen und die Aktivisten auf Kaution zu entlassen. Sie sei »eilig auf dem Weg« dorthin, kündigte sie auf Instagram an. »Qesser Zuhrah, die sich nun seit 46 Tagen im Hungerstreik befindet«, werde die notwendige medizinische Versorgung verweigert, »sie ist schwer krank und schwebt in unmittelbarer Lebensgefahr«.

Das schottische Portal The National erinnerte daran, dass der irische Republikaner Martin Hurson 1981 am 46. Tag seines Hungerstreiks in Haft verstorben war. Er hatte zwar Vorerkrankungen, aber selbst bei ursprünglich gesunden Menschen bleiben langfristige Schäden, wenn nach 60 Tagen die Verweigerung der Nahrungsaufnahme beendet wird. Das sind auch die Erfahrungen von Hursons Kampfgefährten der Irish Republican Army 1980/81. Der jetzige Protest ist der größte politische Hungerstreik in den britischen Gefängnissen seither.

Neben Zuhrah müssen weitere sieben Hungerstreikende medizinisch behandelt werden. Alle sind zwischen 20 und 30 Jahren alt und fordern: ein Ende der Zensur im Gefängnis, sofortige Freilassung auf Kaution, das Recht auf einen fairen Prozess, die sofortige Aufhebung aller terrorismusbezogenen Anklagen (die Rücknahme der Einstufung der Gruppe als terroristische Organisation eingeschlossen) sowie die Schließung von Elbit (»Shut Elbit Down«).

Sultanas Parteikollege Jeremy Corbyn hatte das Thema am Dienstag auch ins Londoner Parlament gebracht und Justizsekretär Jake Richards darum gebeten, dass Familien und Anwälte zu den Aktivisten vorgelassen werden. Dessen schlichte Antwort, begleitet vom Lachen anderer Abgeordneter: »Nein.« Sein Ministerium und er seien »zufrieden« damit, wie diese Verfahren umgesetzt würden. Allerdings haben sich auch 19 Abgeordnete seiner sozialdemokratischen Labour-Partei dem Protest angeschlossen. Ein entsprechender Brief an Minister Lammy blieb bislang jedoch ebenso unbeantwortet wie jene Appelle Sultanas.

Dabei hatte Niamh Grant, Freundin der hungerstreikenden Zurah, schon am Wochenende Alarm geschlagen, wie Middle East Eye am Sonntag berichtete. Am Samstag abend habe Zurah der Freundin von Schwindel und Benommenheitsgefühlen, Atemnot und zitternden Gliedmaßen sowie von Schmerzen in der Brust, die in den Hals und die Schulter ausstrahlten, erzählt. Mehrere Stunden lang hätten Freunde, Anwälte und Ärzte versucht, das Gefängnis zu erreichen. Ella Moulsdale, Zuhrahs nächste Angehörige, berichtete, dass sie wiederholt nach einer Krankenschwester gerufen und sie inständig gebeten habe, untersucht zu werden. »Als sie weiterhin ignoriert wurde, flehte sie schließlich um einen Krankenwagen, weil sie wusste, dass etwas nicht stimmte«, sagte Moulsdale. Doch die Gefangene wurde erst in ein Krankenhaus gebracht, als sie am nächsten Morgen bewusstlos war. Am Abend wurde sie demnach ohne Diagnose wieder entlassen.

Ein anderer Hungerstreikender ist der tschechische Staatsbürger Jonáš Cink, der ebenfalls im Gefängnis Bronzefield ist. Am Freitag wurde sein Ersuchen um Entlassung auf Bewährung verweigert. Er hatte seinen Protest am 6. November begonnen und befindet sich seit Juli 2025 in Haft. Sein Prozess ist für Januar 2027 angesetzt. Wie die anderen Aktivisten verlangt er, auf Bewährung freigelassen zu werden, wie es laut seinen Anwälten nach britischem Recht vorgesehen ist, wenn er über sechs Monate ohne Anklage in Untersuchungshaft verbleibt. Die Palästina-Solidaritätskampagne erinnerte am Dienstag in einem Statement daran, dass mehrere UN-Berichterstatter die Behandlung der Aktivisten als »erzwungenes Verschwindenlassen« bezeichnet haben. Für sie ist klar, dass die Verweigerung »eine bewusste politische Entscheidung« sei. »Die Regierung hat sich konsequent dafür entschieden, repressive Polizeibefugnisse einzusetzen, um diejenigen zum Schweigen zu bringen, die gegen den Völkermord Israels in Gaza protestieren.«

jw 18.12.