Überlieferung politischer Geschichte: Lesung in Frankfurt

In Frankfurt hat eine gut besuchte Lesung zum Schriftwechsel zwischen Hüseyin Çelebi und Christa Eckes stattgefunden. Die Veranstaltung endete mit dem Aufruf, die politischen Gefangenen auch heute nicht allein zu lassen.

Am Samstagabend hat in Frankfurt am Main eine Lesung zu dem Buch „Briefwechsel Hüseyin Çelebi – Christa Eckes, April 1988 – Dezember 1989″ stattgefunden. Die Lesung im politischen Zentrum ExZess war organisiert vom kurdischen Frauenrat Amara, den Studierendenverbänden YXK und JXK und der Ortsgruppe von Women Defend Rojava und mit knapp sechzig Teilnehmer:innen sehr gut besucht.

Der Briefwechsel zwischen der RAF-Gefangenen Christa Eckes und dem kurdischen Revolutionär Hüseyin Çelebi ist im vergangenen Jahr als Buch mit einem Beitrag des PKK-Mitbegründers Duran Kalkan, einer ausführlichen Chronologie und zahlreichen Fotos in der Edition Cimarron erschienen. Gisela Dutzi, Sieglinde Hofmann und Brigitte Mohnhaupt, die Christa Eckes zu unterschiedlichen Zeiten im Gefängnis und in der Illegalität kennengelernt und intensive Jahre mit ihr zusammen erlebt haben, haben eine gemeinsame Einleitung geschrieben.

Die Veranstaltung in Frankfurt wurde eröffnet mit der Nachricht, dass das Buch auch im Gefängnis gelesen wird: In Stuttgart-Stammheim hat Merdan K., ein kurdischer politischer Gefangener, sich sehr darüber gefreut und dafür bedankt.

Lesung mit anschließender Diskussion in Frankfurt

Am Anschluss an die Lesung gab es Fragen zur Entstehung des Buches und zur Überlieferung von politischer Geschichte, die die Wurzel des Widerstandes heute ist. Es wurde festgestellt, dass die Überlieferung der politischen Texte und Briefe derer, die nicht mehr am Leben sind, und die Fortsetzung ihres Kampfes heute Formen des Gedenkens an sie und der Würdigung sind.

Der Briefwechsel zwischen Hüseyin Çelebi und Christa Eckes war in den 1980er Jahren kein Einzelfall. Viele Gefangene aus verschiedenen Ländern haben sich in jener Zeit geschrieben, wenn eine sprachliche Verständigung möglich war. Internationalismus war die Grundlage dieses Bedürfnisses nach Austausch und Diskussion.

Auf der Veranstaltung in Frankfurt ging es auch um das PKK-Verbot, das bis heute in Deutschland besteht. Die strafrechtliche Verfolgung kurdischer Aktivist:innen begann Ende der 1980er Jahre mit dem Düsseldorfer Prozess, in dem auch Hüseyin Çelebi angeklagt war. 1993 wurde das umstrittene Betätigungsverbot der PKK erlassen, dessen Aufhebung im Mai beim Bundesinnenministerium beantragt wurde.

Der Schwerpunkt der Diskussion nach der Lesung drehte sich dann um die aktuelle Lage in Kurdistan, die Angriffe in den Bergen, den Kampf der Guerilla, die Drohung einer erneuten Invasion der türkischen Armee in Rojava, die Rolle Deutschlands und der NATO dabei und die Repression hier in Deutschland. Betont wurde die Bedeutung von Solidarität, aber es wurde am Ende auch festgestellt, dass es sich um einen gemeinsamen Kampf handelt.

Die Veranstaltung endete mit dem Aufruf, die Gefangenen nicht allein zu lassen und die Prozesse, die zur Zeit gegen kurdische Aktivisten stattfinden, zu besuchen. „Gegen die Isolierung im Knast, die den Willen und die politische Identität der Gefangenen brechen soll: Schreibt ihnen!“, so der Appell auf der Lesung.

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