Ihre Erklärung zu der Kundgebung:
Am 15.August haben wir um 18 Uhr eine Protestkundgebung vor dem Hauptgebäude der Uniklinik Köln durchgeführt. Dort wollten wir zum einen dagegen protestieren, dass Ihsan Cibelik trotz seiner monatelangen Prostatebeschwerden und seiner möglichen Krebserkrankung in Hand- und Fußfesseln behandelt werden sollte.
Ihsan Cibelik befand sich aufgrund von Prostatabeschwerden in medizinischer Behandlung, als er im Mai 2022 verhaftet wurde und seine Behandlung somit unterbrochen wurde. Er unterrichtete sowohl den Haftrichter, als auch die JVA Köln-Ossendorf, wo er seitdem inhaftiert ist, von diesem Umstand und fordert seitdem eine Fortführung seiner Behandlung. Monatelang geschah jedoch gar nichts, sodass Ihsan Cibelik am 5.Prozesstag vor dem OLG Düsseldorf das Gericht auf seinen Zustand aufmerksam machte und dem vorsitzenden Richter sagte, dass er „eine Biopsie, und keine Autopsie“ fordere. Im Gerichtssaal sagte man, die JVA Köln-Ossendorf hätte die Behandlung von Ihsan Cibelik „vergessen“. Die JVA und die Staatsanwaltschaft, die bei jedem Gefangenenbesuch, bei jedem Brief, bei jeder Postkarte an Ihsan penibel auf jedes noch so kleinste Detail achtet, kann uns nicht erzählen, dass man die Behandlung einfach so „vergessen hätte“. Vielmehr handelt es sich hier um aktive politische Schikane.
Nach 15 Monaten konnte Ihsan Cibelik dann zum ersten Mal in eine Klinik. An Händen und Füßen an einen Rollstuhl gefesselt wurde Ihsan in die Urologie der Uniklinik Köln verbracht. Dort forderte er, dass die Fesselungen während der Behandlung abgemacht werden sollen. Als die Sicherheitsbeamten dies ablehnten, wandte sich Ihsan an den behandelnden Arzt und forderte ihn auf, einzuschreiten. Doch auch der Arzt lehnte ab, sodass Ihsan gezwungen war, zwischen seiner Menschenwürde und seiner Gesundheit zu entscheiden. Ihsan verweigerte diese Erniedrigung und wurde ohne weitere Behandlung in die JVA zurückgebracht.
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Um zu fragen, wie die Uniklinik diesen Vorfall bewertet, haben wir die Uniklinik Köln angerufen und haben uns mit der Urologie verbinden lassen. Dort sagte man uns am Telefon, dass man den Patienten zwar kenne, es aber keine Fesseln gegeben habe. Auf die Nachfrage, warum er denn dann die Behandlung abgelehnt habe, die er so sehr gefordert hat, antwortete man uns mit: „Das müssen Sie ihn fragen.“ Die Uniklinik hat uns schamlos ins Gesicht gelogen, um ihre menschenverachtende Medizinerpraxis auf irgendeine Weise zu verteidigen. Denn während Staatsanwaltschaft und OLG Düsseldorf diese Maßnahme als notwendig verteidigten, hielt es die Uniklinik Köln für richtig, diese Maßnahme zu verleugnen.
Gestern antwortete die Klinik auf Social Media. Sie sagten, dass dies eine richterliche Anweisung sei und man deshalb den Anweisungen gefolgt sei. Man hätte den Patienten jedoch über die Risiken einer Nichtbehandlung aufgeklärt. Bei unserer Kundgebung haben wir auf diese Schamlosigkeit geantwortet. Auch vor 1945 haben Ärzte und Folterknechte „auf Anweisung“ gehandelt. Auch für die Henker in der KZ’s war dies eine gängige Form der Legitimierung ihrer Taten. Ein Mediziner ist jedoch eine Person, die den hippokratischen Eid leistet. Mediziner haben eine ethische Verantwortung gegenüber ihren Patienten. Sie haben eine Verantwortung in der Beziehung Arzt-Patient. Und auch ihre Verpflichtung als Mensch besagt, sich gegen Unrecht und Willkür zur Wehr zu setzen, selbst wenn es eine Anordnung ist. Die behandelnden Ärzte hätten sich dagegen wehren müssen, einen schwerkranken Menschen, für den zudem die Unschuldsvermutung gilt, an Händen und Füßen gefesselt zu „behandeln.“ Dies gebietet die Medizinerethik.
Deutschland hat eine dunkle Geschichte wenn es darum geht, Befehle zu befolgen. Mediziner wie Mengele haben in Deutschland ihr Unwesen getrieben. Umso wichtiger ist es, dass Mediziner in diesem geschichtlichen Bewusstsein handeln und sich weigern, solch menschenverachtenden Befehle auszuführen!
Viele Menschen vor der Klinik, darunter auch viele Angestellte, haben uns aufmerksam zugehört und teilweise ihre Zustimmung bekundet. Unsere Forderungen sind legitim und für jeden Verständlich: Die Ärzte, die diese menschenverachtende Praxis verteidigt haben, müssen sich öffentlich erklären. Ihsan Cibelik muss eine menschenwürdige Behandlung ermöglicht werden!
FREIHEIT FÜR DEN SCHWERKRANKEN IHSAN CIBELIK!
NIEDER MIT ALLEN RELIKTEN DER NAZIZEIT!
HOCH DIE INTERNATIONALE SOLIDARITÄT!