4. Hinrichtungsbefehl gegen Troy Davis

Der Afroamerikaner Troy Davis hat zum vierten Mal einen Hinrichtungsbefehl erhalten. Bereits dreimal zuvor haben große öffentliche Proteste seine Hinrichtung verhindern können. Der Fall ist sehr umstritten. Troy Davis ist für einen Polizistenmord zum Tode verurteilt worden, obwohl es dafür keine stichhaltigen Beweise gibt.

Vor 21 Jahren wurde der Polizist Mark MacPhail in Savannah erschossen, als er auf einem Parkplatz außer Dienst einem Obdachlosen half, der von einer Menschenmenge bedroht wurde. Der von mehreren Zeugen als Täter bezeichnete Sylvester Cole machte noch in der Tatnacht eine Aussage gegen den damals noch jugendlichen Troy Davis, der sich daraufhin der Polizei stellte, um die Anschuldigungen auszuräumen.

Es gab keinerlei forensische Beweise oder eine Tatwaffe, die Troy Davis hätten belasten können. Unter Druck der Polizei sagten jedoch mehrere Freunde von Davis gegen ihn aus. Sie wurden z.T. mit gezogener Waffe vor die Wahl gestellt, entweder selbst mit dem Mord beschuldigt zu werden oder ihren Freund zu opfern.

In den folgenden Jahren haben sieben der neun Belastungszeugen ihre Aussagen z.T. unter Beschreibung der Polizeimethoden zurückgezogen. Lediglich Cole und ein mental als „verwirrt“ geltender Zeuge blieben bei ihren Aussagen.

Seit 2007 versucht der US Bundesstaat Georgia bereits, Troy Davis trotzdem hinzurichten. Bei allen drei Anläufen kam es bisher zu massiven Protesten sowohl der Anti-Todesstrafen Bewegung als auch von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens (1). Selbst eine Gruppe von Staatsanwält_innen und Richter_innen sowie ein ehemaliger FBI Chef setzten sich gegen die in ihre Augen „rechtswidrige Hinrichtung“ ein.

Dreimal stoppten verschiedene juristische Instanzen in letzter Minute die Hinrichtung. Der öffentlichen Kritik wurde insofern immer Rechnung getragen, als dass gerichtliche Prüfungen angesetzt wurden, die dann aber im Sande verliefen bzw. nicht die Unschuld von Troy Davis feststellen wollten. Den traurigen Höhepunkt stellte eine Anhörung vor Richter Moore im August 2010 dar (2). Er verlangte unter Vorgabe vom US Supreme Court, dass Troy Davis seine Unschuld selbst „über jeden Zweifel“ zu beweisen sollte. Die Verteidigung wiederholte alle seit langem bekannten Tatsachen, nur um dann zu erfahren, dass sie „keinerlei Neuigkeiten“ aufgeboten habe. Die Unschuld sei nicht über „jeden Zweifel hinaus“ bewiesen worden, so Richter Moore. Folglich sei das Todesurteil nicht angefochten und hätte weiterhin Bestand.

Das kommentierte u.a. der Anti-Todesstrafen Aktivist Anton Mestin: „Eine Umkehrung der Beweislast zu ungunsten des Angeklagten – das ist nun Rechtsstaatlichkeit unter der Todesstrafe.“

Am vergangenen Dienstag unterzeichnete Richter Penny Freesemann aus dem Chatham County Superior Court den Hinrichtungsbefehl gegen Troy Davis. Darin wird für die Hinrichtung der Zeitraum vom 21. bis zum 28. September angesetzt. Den genauen Termin soll die Gefängnisbehörde des Bundesstaates festlegen.

Troy Davis ist genau wie Mumia Abu-Jamal (4), Kenneth Foster oder Hank Skinner (5) nur deshalb noch am Leben, weil sich viele Menschen über Jahre hinweg für ihn eingesetzt haben. Dabei gehen viele Aktivist_innen davon aus, dass es unerheblich ist, ob Gefangene schuldig oder unschuldig im Sinne der Gesetzbücher seien. Kein Staat habe das Recht, Gefangene zu ermorden, ist eine oft gehörte Aussage. Von der Justiz war und ist keinerlei Fairness oder auch nur Einhaltung der eigenen Gesetze zu erwarten. „Jedes Mal, wenn es gelingt, dem System der Todesmaschine eine_n Gefangene_n zu entreißen, will es sich sie/ihn zurück holen“ beschrieb der Journalist Linn Washington Jr. die Praxis der Todesstrafe in den USA.

In den nächsten Tagen wird in den USA als auch in anderen Ländern zu Protesten gegen den drohenden Justizmord mobilisiert. Gleichzeitig wird der Begnadigungsausschuß von Georgia angerufen. Er könnte theoretisch dem Gouverneur empfehlen, die Hinrichtung nicht durchzuführen. Genau das hatte der Ausschuss aufgrund starker öffentlicher Bedenken bereits 2007 bei dem ersten Versuch des Staates getan.

Bei dem 2. Hinrichtungsversuch 2008 hatte eine zeitgleich koordinierte E-Mail Kampagne für einige Stunden den Webserver der Bundesstaatsregierung von Georgia lahmgelegt, was u.a. in öffentlichen Einrichtungen und der Gefängnisindustrie Millionenschäden verursacht haben soll. Aktuell hat Amnesty International eine Online Petition eingerichtet:  http://takeaction.amnestyusa.org/siteapps/advocacy/Error.aspx?c=6oJCLQPAJiJUG&b=6645049&e=12

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http://de.indymedia.org/2008/09/227936.shtml
http://de.indymedia.org/2010/08/288503.shtml

E-mail: Webmaster@pap.state.ga.us
http://www.mumia-hoerbuch.de
http://www.hankskinner.org/

http://www.nodeathpenalty.org/news-and-updates/troy-anthony-davis-execution-set-sept-21