Bei der Free-Hanna-Demonstration und anschließender Blockade gegen Fachist:innen in Nürnberg rückte die Polizei mit Reiterstaffel und Schlagstöcken an. Mehrere Menschen kamen ins Krankenhaus. Wir haben mit Daniel K.* vom Solidaritätsnetzwerk Nürnberg über Polizeigewalt gesprochen.
Hallo Daniel, was war da Samstag los in Nürnberg?
Dieser Samstag war großer Demotag. Erst die Free-Hanna-Demo gegen das politische Urteil gegen Hanna bezüglich des Budapest-Komplexes (mit den Organisatoren vom Solikreis arbeiten wir vom Solidaritätsnetzwerk hier in Nürnberg da auch zusammen). Und danach war die monatlich bundesweit stattfindende Demo von Gemeinsam für Deutschland (GfD), die bei uns aber auch vom sogenannten Team Menschenrechte organisiert wird – beides je nach Sichtweise rechtsextreme bis faschistische Gruppen im bürgerlichen Kleid auf AfD Stimmenfang.
Am Schluss des Protesttags bist du im Krankenhaus gelandet. Was ist passiert?
Also, die erste Demo verlief zunächst sehr gut und war ausdrucksstark, laut und die Straße einnehmend. Es gab da keinerlei Zwischenfälle und die Polizei war nur mit einfacher kleiner Mannschaft angerückt, trotz überregionaler Mobilisierung und ungefähr 1.500 Demonstrant:innen. Von der Endkundgebung in der Innenstadt aus habe ich mich einer kleinen Gruppe angeschlossen, um mit dieser dann die faschistische Demo zu stören.
Ich beteiligte mich bei einer kleinen Blockade, welche der Demozug umlaufen musste. Danach wollten wir noch ein weiteres Mal deren Route kreuzen, was aber durch eine Vierer-Reiterstaffel verhindert wurde. Dabei wurde eine Genossin von einem Pferd umgestoßen und von diesem dann auf den Arm getreten. Wir wollten da helfen und die Reiterstaffel von der Verletzten fernhalten.
Dann wurde alles sehr unübersichtlich: Ich wurde von drei Pferden umringt. Es kam ein großer USK-Trupp angerannt mit gezogenen Schlagstöckern und hat sofort auf alle eingeschlagen und heftig weggestoßen. Ich suchte Schutz hinter einem Verkehrsschild, hielt mich da mit der rechten Hand fest, auf die ein USKler dann direkt mit dem Schlagstock zielte. Da war ich zum Glück schneller weg mit meiner Hand, es gab einen sehr lauten Schlag.
Beim Zurückgehen visierte der USKler dann die linke Hand an und traf mit voller Geschwindigkeit oben auf den Knöchel vom Ringfinger. Das war sehr schmerzhaft. Es hat stark geblutet und der Ringfinger hing schlaff herunter. Da war mir klar, der ist hinüber. Ich schaute noch kurz nach der Genossin mit dem Pferdetritt, sie stand unter Schock und man versuchte einen Rettungswagen für sie zu bekommen. Genossen haben mir einen Verband mit Kompresse gemacht und ich wurde dann ins Krankenhaus begleitet, wo mir mitgeteilt wurde, dass ich operiert werden muss, da es sich um eine offene Fraktur mit Sehnenriss handele und ich Antibiotika per Infusion bekomme und daher im Krankenhaus bleiben müsse.
Wie geht es dir jetzt?
Die OP ist wohl gut verlaufen. Das Krankenhauspersonal war entsetzt über die Polizeibrutalität, da dort die Genossin mit der Armverletzung und noch ein Genosse mit einem vom Pferd zertrampelten Zeh da war. Ich wurde am Dienstag entlassen, mit einem Draht im Finger und einer riesigen Narbe auf dem Handrücken. Der Arm ist geschient und darf jetzt 6 Wochen nicht belastet werden.
Ich bin stark eingeschränkt in allem. Man vergisst doch schnell, wofür zwei Hände so gut sind. Dank Bürojob und verständnisvollen Chefs kann ich auch mit einer Hand langsam tippen und meiner Arbeit irgendwie weiter nachgehen. Schmerzen gehen so, ich nehme am Tag zwölf Tabletten – gegen Schmerzen, Antibiotika und Enzyme. Dies ist meine erste große Verletzung. Ich hoffe, die Hand wird wieder fit.
Wie schätzt du das Vorgehen der Polizei ein?
Die Polizei hat den Auftrag, auf jeden Fall mit allen Mitteln die Versammlungsfreiheit der Faschist:innen zu gewährleisten. Man merkt durchaus, wie die Polizei auch auf Seiten der Faschist:innen ist. Sei es, weil sie eben selbst so denken oder weil sie von dem bürgerlichen Kleid mit Deutschlandfahne so angetan sind.
Es ist auch scheinbar das Ziel der Polizei, abschreckend auf den Gegenprotest zu wirken, damit dieser so klein wie möglich gehalten wird und die Faschistendemo so schnell wie möglich durch die Innenstadt durch ist und man schnell selbst Feierabend hat und die Geschäfte und Tourist:innen in der Stadt nicht groß eingeschränkt werden. Also es werden dadurch eher unsere Gegenproteste als störend empfunden anstelle der faschistischen Aufmärsche.
Was sind die weiteren Schritte, die die antifaschistische Bewegung jetzt gehen muss?
Ich war heute sogar mal auf einer Stadtratssitzung, da einzelne Organisationen über Kommunalpolitiker einen Antrag eingereicht haben. Auch sehr interessant, aber da sehe ich keinen echten Hebel, schon gar nicht bei einer CSU-Regierung. Man muss solche Geschehnisse überall thematisieren, auf der Arbeit, beim Bäcker, beim Friseur, und darauf hinweisen, was die Polizei gerade hier in der sogenannten Stadt der Menschenrechte so veranstaltet, nur weil man sich antifaschistisch engagiert.
Man muss weiter die bürgerliche Zivilgesellschaft animieren, sich in einem breiten Bündnis mit uns Antifaschist:innen zu beteiligen und auch mit zivilem Ungehorsam diese faschistischen Strukturen zu bekämpfen. Die Polizei versucht da immer eine Trennung herbeizuführen und nur die schwarz gekleidete „Antifa“ zu kriminalisieren. Wir vom Solinetz organisieren zum Beispiel gemeinsame sichere Anreisen zu den Demos oder demnächst auch eine Zubringerdemo aus unserem Stadtteil, der Südstadt, zu den Gegenprotesten.
Auch die Aufklärung unserer Nachbar:innnen ist nötig, sei es im Erkennen von Fascho-Strukturen und Symboliken, wie auch in der Frage, wie der Faschismus mit unserem kapitalistischen System verzahnt ist. Die nächste Demo-Ankündigung von GfD kam schon rein und ich werde da auf jeden Fall wieder dabei sein.
*Der Name wurde redaktionell geändert und liegt der Redaktion vor.