Erniedrigend und menschenunwürdig sind die Bedingungen der Gefangenen in Kolumbien. Mehr als 100.000 Gefangene gibt es in den kolumbianischen Gefängnissen, darunter 9500 aus politischen und sozialen Gründen. Hier werden sie ihrer Freiheit beraubt, für derer sie gekämpft haben. Angeklagt durch die kolumbianische Oligarchie, warten sie hier seit Jahren auf einen Gerichtsprozess, oftmals ohne Chance auf rechtsstaatlichen Umgang. Das repressive System zeigt hier sein wahres Gesicht und versucht alle zu kriminalisieren, die sich der ungerechten, unsozialen und neoliberalen Politik des Landes in den Weg stellen.
In einigen Gefängnissen gibt es eine Überbelegung von mehr als 400 Prozent. Täglich müssen hier die Toiletten und Kochnischen gereinigt werden, damit die inhaftierten diese Bereiche in der Nacht als Schlafplätze nutzen können. Unter solchen unmenschlichen Bedingungen und Zuständen breiten sich Infektionskrankheiten rasant aus. Bei schlechter Ernährung, keiner medizinischen Begleitung und psychischer Belastung aufgrund der Haftbedingungen werden auch scheinbar ungefährliche Krankheiten zu einer Bedrohung. Fließendes und sauberes Wasser gibt es nur wenige Stunden am Tag und viele Gefängnisse haben nur ungenügenden Schutz vor den Witterungsbedingungen und Temperaturen.
Tausende Häftlinge werden bewusst aus ihrem sozialen Umfeld gerissen und somit von der Außenwelt abgeschnitten. Es ist die klare Absicht des repressiven Justizsystems, sie an ihren sozialen Beziehungen zu hindern. Es ist eine Art der psychologischen Kriegsführung, die bis zu Selbstmordversuchen oder Selbstmorden führt. Die Familien und Angehörigen haben aufgrund der Distanz und der geringen finanziellen Ressourcen häufig keine Möglichkeit für Besuche. Und auch Besuche können abgelehnt oder nur an wenigen Stunden in der Woche genehmigt werden. Die gesetzlich verankerte Besuchszeit wird regelmäßig unterschritten.
Durch diese Haftbedingungen und dem Fehlen von sozialen Dienstleistungen und Mindestanforderungen werden die Gefangenen von den staatlichen Behörden systematisch erniedrigt und gefoltert. Die staatliche Behörde Inpec setzt dabei das um, was schon die Regierung gegen die aufständischen Bewegungen vollzieht, politische Verfolgung, Unterdrückung und einen Vernichtungskrieg. Das Schlachtfeld verlagert sich hierbei nur von den Schützengräben in die Gefängniszellen. Was die Gefangenen Tag für Tag erleiden müssen sind unvorstellbare Schmerzen und Qualen.
Während die FARC-EP ihre Kriegsgefangenen regelmäßig in die Hände der staatlichen Sicherheitsbehörden übergibt, haben die Kriegsgefangenen aus der FARC-EP in den Gefängnissen keine Möglichkeiten für Haftverschonung oder Freilassung. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Werden Soldaten oder Polizisten von der FARC-EP im Kampf festgenommen, dann spricht man bei den offiziellen Stellen und in den Medien von „Entführten“, die Kämpfer der aufständischen Bewegung werden als „Terroristen“ gebrandmarkt. Die im Kampf festgenommenen Guerilleros der FARC-EP sind genauso Kriegsgefangene, wie diejenigen der staatlichen Sicherheitskräfte. Entführte sind jene Tausende Zivilisten, die in falschen Anschuldigungen, Massenverhaftungen und inszenierten Gerichtsprozessen ihrer Freiheit beraubt werden.
Es zeigt sich deutlich, dass politische Gefangene und Kriegsgefangene als Menschen zweiter Klasse behandelt werden, die weniger Rechte haben als jene, die an der Seite der kolumbianischen Regierung stehen. Aber was soll der Unterschied zwischen Polizisten und Soldaten sein, die von den Aufständischen im Kampf gefangengenommen werden und den Guerilleros, die festgenommen werden und in den Gefängnissen sitzen? Sie würden sich genauso über ein freies und würdiges Leben ohne Überbelegung, mit adäquater medizinischer Versorgung und ausgewogener Ernährung freuen, wie die permanent von der Guerilla freigelassenen staatlichen Sicherheitskräfte.
Zwei Beispiele, wie repressiv und unmenschlich die kolumbianische Regierung handelt, sollen hier kurz beschrieben werden. Zum einen handelt es sich um den Kriegsgefangenen Rolando Albeiro Acevedo Muñoz, Mitglied der städtischen und ländlichen Kriegsfront „Jacobo Arenas“, der wegen Rebellion neun Jahre im Gefängnis „La Tramacúa“ in Valledupar verbrachte. In dem Augenblick, als er nach seiner verbüßten Strafe das Gefängnis verließt, wurde er wieder von der Polizei als „gefährlicher Terrorist“ festgenommen und den Medien als ein wichtiger Schlag gegen die urbanen Strukturen der FARC-EP präsentiert. Er wurde somit erneutes Opfer der korrupten Justiz, obwohl er seine Strafe bereits abgesessen hatte.
Zum anderen ist der Kriegsgefangene Gustavo Hernán Giraldo Amaya ein Beispiel der unmenschlichen Haftbedingungen. Er ist Mitglied der Fünften Kriegsfront des Militärblocks Iván Ríos der FARC-EP. Seit 2006 ist er wegen dem Delikt der Rebellion im achten Trakt im Gefängnis Bellavista in Medellín inhaftiert. Im Jahr 2011 erkrankte Gustavo Hernán aufgrund der unhygienischen Zustände im Gefängnis an Tuberkulose. Seine Krankheit verschlimmerte sich so sehr, dass er wegen fehlender medizinischer Behandlung und Ernährung mehr als 50% seines Körpergewichtes in nur sechs Monaten verlor. Dem Tod nahe, wurde er sich selbst überlassen.