feuer flamme

Athen: Dreitägige Veranstaltungsreihe Widerstand und Solidarität

1. Tag – Typ-C Gefängnisse, Antiterrorgesetzgebung, die Kämpfe, die sich entwickelt haben und die derzeitigen Ziele der Bewegung. 2. Tag – Veranstaltung zum Thema Antiterrorgesetzgebung und Sonderhaftbedingungen in Europa. Der Kampf in- und außerhalb der Gefängnisse. 3. Tag – Solidaritätsdemo mit den politischen Gefangenen.

Die derzeitige Epoche hat viele wichtige Besonderheiten. Man könnte sagen, wir durchleben eine historische Zeit-Wende, sowohl was den Kampf, als auch was die Gesellschaft als Ganzes betrifft. Diese historische Epoche ist von intensiven Veränderungen und Wandlungen auf jeder Ebene charakterisiert: politisch, ökonomisch, gesellschaftlich. Der Grund für diese Veränderungen liegt in der Krise des Systems, ihre Auswirkungen zeigen sich in jeder sozialen Aktion und den Versuchen des Systems, damit fertig zu werden.
Griechenland befindet sich unter der Aufsicht der Troika (aus IWF, Europäischer Kommission und Europäischer Zentralbank), die in Zusammenarbeit mit den griechischen Regierungen das Memorandum aufgezwungen hat. Dies wird als die einzige Lösung für das Schuldenproblem des griechischen Staats und für die Vermeidung eines Zusammenbruchs der griechischen Wirtschaft dargestellt. Eine endlose Kette an neoliberalen Maßnahmen wird umgesetzt, die die sozialen und die Klassen betreffenden Ungleichheiten vergrößern. Die sich herausbildende Situation im Land ist die schlechteste der letzten Jahrzehnte.
Die Intensivierung der Ausbeutung durch die Bosse, der dramatische Anstieg der Arbeitslosen, die Ausbreitung der Armut reflektieren eine ernste Verschlechterung der sozialen Bedingungen auf allen Ebenen.
Die gesellschaftliche Situation hat, so wie sie sich entwickelt hat, mit der Zuspitzung der sozialen und die Klassen betreffenden Ungleichheiten, die Glaubwürdigkeit des Systems untergraben. Das ist auch dem System selbst bewusst, und deswegen zeigt es sich mehr und mehr totalitär. Es greift alle an, die kämpfen, unterdrückt, sperrt ein. Ein neuer Totalitarismus hat sich herausgebildet. Das System steht nicht mehr einem geschwächten „inneren Feind“ in einem Umfeld der kapitalistischen Entwicklung mit schnellem Geld und Konsumwohlstand gegenüber. Heute ist die Bedrohung unmittelbar und sichtbar. Das System hat den Aufstand vom Dezember 2008 nicht vergessen, auch nicht den militanten Widerstand zehntausender Demonstranten im Februar 2012, es lebt ständig mit der Furcht vor der bewaffneten systemfeindlichen Gewalt, auch jetzt noch, wo die sozialen Kämpfe auf dem Rückzug sind und es so aussieht, dass sie sich dem Defätismus und den Wahlillusionen ergeben haben. Wahlillusionen, die sich klar in den jüngsten Wahlen gezeigt haben, die SYRIZA an die Macht gebracht haben, wo sie in einer Koalition mit den Nationalisten von der ANEL eine Regierung mit „Antimemorandums“-Charakter gebildet hat. Eine Regierung, die von ihren ersten Schritten an von einem Rückzug von ihren im Wahlkampf gemachten Ankündigungen gezeichnet ist. So ging sie z.B. von der Annullierung der Memoranden innerhalb weniger Tage zur „Neuverhandlung“ über; anstelle des sofortigen Stopps der Privatisierungen reden wir jetzt von Einhaltung der bestehenden Verträge und einer Neuuntersuchung der ganzen Thematik auf lange Sicht, derselben langen Sicht, in die auch der Mindestlohn verschoben wurde. Bei fast der Gesamtheit der Wahlkampfankündigungen hat sich der „Realismus“ und die „Anpassung“ an die neuen Gegebenheiten durchgesetzt. Die neue Regierung ist wankelmütig, verstrickt sich in Widersprüche, bewegt sich „im Trüben“. Wir machen uns keine Illusionen über eine „Humanisierung“ des herrschenden Systems und das historische Dilemma Kapitalismus oder Revolution haben wir bereits beantwortet.
Dem System ist bewusst, dass die „ objektiven Bedingungen“ bleiben und die Instabilität des Systems und die soziale Hybridität vertiefen. Deswegen hat der bürgerliche Staat in den letzten Jahren die Bekämpfung seines politischen Feindes mit strafrechtlichen und strafvollzugsrechtlichen Methoden intensiviert. Ein Antiterrorgesetz folgt dem anderen in einem offensichtlichen Versuch, die politischen Gegner des Systems zu treffen, die eine Gefahr für die Implementierung von „Recht und Ordnung“ darstellen, die in Zeiten wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Krisen so wichtig ist. Das Schweigen der ansonsten so gesprächigen Regierung zum Thema der Antiterrorgesetze zeigt uns klar ihre Vorstellungen beim Umgang mit der bewaffneten revolutionären Praxis.
Die Tatsache, dass die Fälle bewaffnet kämpfender Organisationen vor Sondergerichten verhandelt werden, mit Sondergesetzen und Sonderbedingungen im Prozess beweist, dass die bürgerliche Justiz gegenüber dem System, dem sie dient, alles andere als blind ist. Kaltblütig akzeptieren die Behörden, dass es eine besondere Kategorie von Angeklagten gibt, die auf besondere Art behandelt werden, denn dies dient dem „Gemeinwohl“, mit anderen Worten der „Terrorbekämpfung“. Und das, weil man Kämpfer, die das Wesen des Systems selbst und seine Strukturen bekämpfen und in Frage stellen, nicht als politischen Gegner anerkennen will. Deswegen zeigt man die eiserne Faust des Ausnahmezustands, die Faust, mit der man die Projekte des Widerstands, der Solidarität und der Selbstorganisation zerschlagen will.
Unter Bedingungen einer tiefen Systemkrise ist die Repression das zentrale Mittel des Systems. Damit soll die Gesellschaft diszipliniert und die Interessen des Kapitals und der herrschenden Klasse gesichert werden. Die Reorganisation der Gefängnisse ist keine isolierte Aktion des griechischen Staates, sie geht vollständig konform mit den Vorgaben der EU und gehört in einen Rahmen allgemeiner Umgestaltung des Kapitals und der sozialen Beziehungen, sie ist ein weiterer Bestandteil des modernen Ausnahmezustands. Ergebnis dieser Reorganisation ist auch die Einrichtung von Hochsicherheitsgefängnissen. Obwohl die neue Regierung unter dem Druck des Kampfes sowohl der Gefangenen als auch der Solidaritätsbewegung ihre Abschaffung angekündigt hat, sind sie auch heute Realität und wir begegnen ihnen als solche. Wir setzen unseren Kampf bis zur vollständigen Abschaffung des Gesetzes über die Typ-C Gefängnisse fort.
Konkret sind im Gesetz „Athanasiou“ (Name des ehemaligen Justizministers) über die Typ-C Gefängnisse die Einrichtung von 3 Typen von Gefängnissen für eine Repression in Stufen vorgesehen. Ziel sind die Anarchisten und Kommunisten, die für ihre politische Praxis eingesperrt werden, die undisziplinierten Gefangenen, die sich der unmenschlichen Realität des Eingesperrtseins widersetzen und die Gefangenen aus der sogenannten organisierten Kriminalität.
Die Gefangenen in den Typ-C Gefängnissen leben in einem Gefängnis im Gefängnis: vollständiger Entzug von Urlaub und Errungenschaften wie dem Recht auf Arbeit, damit sich die abzuleistende Haftstrafe reduziert, Verschärfung bei den Bedingungen für die Entlassung, 4 Jahre Mindestzeit für den Verbleib im Typ-C Gefängnis und die Herbeiführung von Bedingungen für eine Totalüberwachung. Willkür wird institutionalisiert, durch die Verleihung von Zuständigkeiten an die Gefängnisdirektoren und die Übergabe der Bewachung an Sondereinheiten der griechischen Polizei.
Auf die gleiche gewaltsame Art werden Errungenschaften der Unterdrückten zurück genommen, für die Ströme von Blut auch in den Gefängnissen vergossen wurden, Errungenschaften, die in jahrelangen Kämpfen, mit Aufständen und unter Folter, Erniedrigung und Disziplinarstrafen gewonnen wurden, werden nun im Schnellverfahren abgeschafft.
Als Antwort auf die Pläne des Staates haben die Gefangenen verschiedene Aktionen durchgeführt, deren Höhepunkt der Massenhungerstreik in allen Gefängnissen mit einer Beteiligung von 4500 Gefangenen war. Trotzdem wurde das Gesetz im Sommer verabschiedet und die ersten Verlegungen von Gefangenen wurden bereits durchgeführt.
Unser Vorschlag ist es, eine dreitägige Veranstaltungsreihe am 26., 27. und 28. März in Athen durchzuführen, wo am ersten Tag eine Veranstaltung – Diskussion zum Thema Typ-C Gefängnisse, Antiterrorgesetzgebung, die Kämpfe, die sich entwickelt haben und die derzeitigen Ziele der Bewegung stattfindet. Am zweiten Tag eine Veranstaltung – Diskussion mit dem Thema Antiterrorgesetzgebung und Sonderhaftbedingungen in Europa. Der Kampf in- und außerhalb der Gefängnisse. Und am dritten Tag soll es eine „Solidaritätsdemo mit den politischen Gefangenen“ geben.
Entscheidende Rolle bei unserem Vorschlag, eine solche Veranstaltungsreihe durchzuführen, ist eine Diskussion, die in unseren Reihen begonnen hat, darüber, wie die Solidarität mit den politischen Gefangenen erfolgreicher sein kann, immer in Zusammenarbeit mit unseren gefangenen Genossen. Im Rahmen dieser Diskussion haben wir uns auch über etwas anderes Fragen gestellt. Darüber, wie man Fragen und Erfahrungen mit Kämpfern aus anderen Ländern Europas austauschen kann, die selbst Sonderhaftbedingungen erlebt haben und in vergangenen Jahrzehnten aber auch heute an den Kämpfen teilnehmen, die sich in einer Reihe von Ländern in den Gefängnissen entwickelt haben. Auf dieser Basis ist es unser Ziel, das Genossen aus Deutschland, Italien, Spanien und der Türkei auf der Veranstaltung sprechen. Darüber hinaus soll es telefonische Interventionen von Gefangenen in den griechischen Gefängnissen geben und schriftliche Beiträge von europäischen Genossen, die entweder im Gefängnis sind oder ihr Land nicht verlassen dürfen und deswegen nicht persönlich an der Veranstaltung teilnehmen können. Wir stellen uns vor, dass im Rahmen der Veranstaltung Fragestellung und Thematiken diskutiert werden wie:
Sonderhaftbedingungen und „Antiterrorgesetze“
Die Situation in den Gefängnissen, wie sie in den vergangenen Jahrzehnten in Europa und in Griechenland war, um die Veränderungen zu sehen, die in all diesen Jahren vorgenommen wurden und die Situation, wie sie heute ist.
Konkrete Elemente und Erfahrungen aus dem Kampf gegen die „Sondergefängnisse“ (Kampfformen, Forderungen, Errungenschaften etc.)
Die Verbindung des Kampfes der politischen Gefangenen mit der Solidaritätsbewegung und mit den Kämpfen der breiteren Bewegung. Die Rolle der internationalen Solidarität.
Was sollten die Ziele der Bewegung unter den heutigen Bedingungen sein.
Es ist unsere Absicht, dass diese Veranstaltungen – Diskussionen in dem ihnen angemessenen Maß das historische Gedächtnis abtasten, die Erfahrungen aus den Kämpfen der vergangenen Jahrzehnte, und den roten Faden aufspüren, der das Gestern mit dem Heute des Kampfes verbindet.
Es ist heute mehr den je dringend erforderlich, die Solidarität unter dem Blick nicht unserer Verteidigung gegen den Angriff des Staates aber als unseren eigenen Gegenangriff zu sehen, mit dem Ziel, den Kampf für eine gesellschaftliche Befreiung zuzuspitzen, wobei die jeweiligen „speziellen“ Aspekte mit dem „allgemeinen“ Anliegen des Projekts zu Befreiung verbunden werden.

Solidaritätsversammlung für die politischen Gefangenen, die gefangenen und verfolgten Kämpfer