Im Prozess gegen Faruk Ereren, welcher mit der Vorwurf der Mitgliedschaft in der DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) nach §129b begonnen hatte und mittlerweile „nur noch“ wegen „Mordes in mittelbarer Täterschaft“ fortgesetzt wird, fordert die Bundesanwaltschaft lebenslängliche Haft. Am 2. März war Ahmet Düzgün Yüksel, der nach §129b vergangenes Jahr in Stuttgart-Stammheim zu 5 Jahren und 4 Monaten Haft verurteilt wurde, als Zeuge vorgeladen.
Der Prozesstag ging wie gewohnt in den Morgenstunden los und dauerte aufgrund der Fülle an Fragen seitens des Gerichts, der Staatsanwaltschaft, der VerteidigerInnen und Faruk Ereren bis ca. 18.00 Uhr. Ahmet Düzgün Yüksel, der in der Türkei als Anwalt tätig war und vielen politischen Prozessen beiwohnte, wurde vom Gericht und von der Staatsanwaltschaft nach Semih Genc befragt. Semih Genc ist ein ehemaliges DHKP-C-Mitglied und Kronzeuge, der in Düsseldorf erklärte, er habe von einer anderen Person »gehört«, daß Faruk Ereren den Anschlag vom April 1993 befohlen habe. Auf die Frage, ob er Semih Genc kenne, woher er ihn kenne, wann er ihn kennengelernt habe und was er zu Semih Genc’s Äußerung, er sei nie gefoltert worden, zu sagen habe, antwortete Ahmet Düzgün Yüksel: „Ich kenne nicht eine einzige Person, die insbesondere in den 90ern festgenommen und nicht gefoltert wurde. Sogar ich selbst war davon betroffen, obwohl ich als Anwalt tätig war. Ich habe Semih Genc nach seiner Verhaftung 1992 gesehen, als ich meine KlientInnen im Bayrampasa Gefängnis besuchte. Dort habe ich erfahren, dass er gefoltert wurde und daraufhin wurde eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft eingereicht. Wenn das Gericht diese Dokumente sehen möchte, so kann ich sie einreichen. Und wenn Semih Genc behauptet, nicht gefoltert worden zu sein, so nur deshalb, weil er mit der Polizei zusammenarbeitet.“
Anschließend stellten Faruk Ereren und die Verteidigung Fragen an Ahmet Düzgün Yüksel hinsichtlich der Kronzeugen und wie diese in der Türkei instrumentalisiert werden. Darauf gab Ahmet Düzgün Yüksel eine umfangreiche Antwort, die er mit mehreren Beispielen belegte. Dabei wies er darauf hin, dass die türkische Polizei vor Repressionsschlägen Dokumente vorbereitete, welche auf Lügen basierten. Nach Festnahmen seien die Betroffenen unter Folter dazu gezwungen worden, diese Dokumente zu unterschreiben. Meist handelte es sich dabei um Dokumente, die im Nachhinein gegen RevolutionärInnen eingesetzt wurden, welche zuvor auf die Zielscheibe gesetzt worden waren.
Hierzu erklärte Faruk Ereren, dass auch er durch die türkische Polizei zur Zielscheibe gemacht worden war. Vielen Menschen, die festgenommen worden waren, wurde sein Foto gezeigt und sie wurden zu Aussagen gezwungen. Zudem sei sein Foto an die Presse verteilt worden, wo dann unwahre Nachrichten zu seiner Person veröffentlicht wurden. Er besitze noch Zeitungsartikel, die dieses belegen würden. Auch Semih Genc sei in diesem Sinne gegen ihn eingesetzt worden.
Das Gericht erklärte, dass sie diese Zeitungsartikel sehen wolle und am nächsten Prozesstag über Anträge entscheiden werde.
Nächster Prozesstag:
Mittwoch, 9. März 2011 um 9.15 Uhr
OLG Düsseldorf, Kappelweg 36