ABSCHLUSSERKLÄRUNG der 6. Internationalen Konferenz gegen das Verschwindenlassen unter Haft
An der 6. Internationalen Konferenz gegen das Verschwindenlassen unter Haft, die vom 9.-12. Dezember 2010 unter dem Titel “Kriege, nationale Bewegungen und Verschwindenlassen unter Haft” in London tagte, nahmen insgesamt 123 Delegierte verschiedener Nationen, darunter auch Familienangehörige von Verschwundenen, aus insgesamt 27 folgenden Ländern/Nationen teil:
Belutschistan, Tamil Eelam, Sri Lanka, Philippinen, Punjab, Kaschmir, Nepal, Indien, Nordkurdistan, Türkei, Mexiko, Argentinien, Chile, Kolumbien, USA, Äthiopien, Marokko, Baskenland, Schweiz, Italien, Frankreich, Deutschland, Holland, Belgien, Norwegen, England und Irland.
Während der Konferenz berichteten die Teilnehmer von der Unterdrückung, den Angriffen, von den Verschwundenen, den Schmerz, den sie durchlitten, und ihren Kampferfahrungen. Sie diskutierten, wie sie den Kampf gemeinsam gegen das Verschwindenlassen unter Haft und Menschenrechtsverletzungen in Zukunft führen können.
Die 6. Internationale Konferenz gegen das Verschwindenlassen hat das schmerzliche Ausmaß des Verschwindenlassens und Menschenrechtsverletzungen in Ländern wie im Irak und Afghanistan, die imperialistischen Kriege und Besetzungen durchlebten, zum Ausdruck gebracht. Die Konferenz war eine Plattform für die einzelnen nationalen Bewegungen, mittels derer diese sich ausdrücken und sich durch die Menschenrechtsverletzungen und den Verschwundenen näherkamen. Die Konferenz entschied ebenfalls, dass der Kampf gegen die Menschenrechtsverletzungen und das Verschwindenlassen gemeinsam gestärkt werden muss.
Die 6. Internationale Konferenz gegen das Verschwindenlassen ist zu den folgenden Schlussfolgerungen gekommen:
Der Haupttrend der “Neuen Weltordnung”, die von den imperialistischen Staaten 1990 ins Leben gerufen wurde, liegt in der Beseitigung aller Hindernisse für das freier Umlauf des Kapitals, das als „neue Liberalismus“ bezeichnet wird, und in den verstärkt durchgeführten Angriffen gegen die Rechte der unterdrückten Völker.
In dieser Zeit, in der die weltweit wichtigsten strategischen Gebiete wieder aufgeteilt und diese Gebiete für das imperialistische Kapital bereit stehen, sind die Imperialisten in das 21. Jahrhundert mit Besetzungen in Afghanistan und dem Irak gestartet.
Es liegt auf der Hand, dass Kriege und Besetzungen vor allem das Recht auf Leben und alle anderen Menschenrechtsverletzungen und eine riesige Anzahl von Verschwundenen mit sich bringen. Das zeigt sich ganz deutlich am Beispiel vom Irak und Afghanistan, wo neben allen Menschenrechtsverletzungen hundert Tausende Menschen verschwunden sind. Aus diesem Grund verurteilt die 6. Internationale Konferenz gegen das Verschwindenlassen die Besetzungen im Irak und in Afghanistan, verlangt ein sofortiges Ende der Besetzungen und Rechenschaft für die Menschenrechtsverletzungen und Verschwundenen während der Zeit der Besetzungen und erklärt, dass sie den Kampf gegen imperialistische Besetzung und Kriege unterstützt.
Kolonialismus ist gleichzeitig auch der Name für das Verletzen von grundlegenden nationalen /gesellschaftlichen Rechten von anderen Nationen/ Gemeinschaften. Im 1. Quartal des 21. Jahrhunderts herrschen immer noch koloniale Beziehungen in vielen Teilen der Welt. Viele Nationen haben keine grundlegenden Rechte, mit inbegriffen ist das Recht, Staaten zu bilden. Die Forderungen nach Rechten werden blutig unterdrückt. Zu diesen Ländern können Tamil Eelam, Belutschistan, Kurdistan, Westsahara, Palästina und den europäischen Ländern wie Nordirland und den baskischen Ländern etc., wobei Europa als die Wiege der Demokratie betrachtet wir. Die Probleme der Ureinwohner in vielen Ländern der Lateinamerika und die der Oromo und Berber sowie die Unterdrückung und Ausbeutung, die sie erfuhren, muss man in diesem Zusammenhang betrachten.
Die Völker der unterdrückten Kolonialnationen, die nationale Befreiungskämpfe führen, sind jene, die am meisten von den Angriffen der “Neuen Weltordnung” der Imperialisten betroffen sind. So nennen sie ihr neues System, in dem es keine Widerstandskraft mehr gegen sie geben soll. Massaker in Nordkurdistan, in Belutschistan, Tamil Ealam, in der West-Sahara und Lateinamerika und an anderen Orten, Verbannungen und Verschwundene unter Haft, deren Zahl sich auf Tausende beläuft, sind nun an der Tagesordnung.
Die 6. Internationale Konferenz gegen das Verschwindenlassen verurteilt das Massaker gegen das tamilische Volk im Jahre 2009. Die Konferenz hat erklärt, dass sie hinter dem Schmerz und dem Kampf des tamilischen Volkes steht. Die 6. Internationale Konferenz gegen das Verschwindenlassen verkündet, dass sie zu den gerechtfertigten Kämpfen der Belutschi, der Völker in Kaschmir und Punjab, des kurdischen Volkes, des palästinensischen Volkes, des baskischen Volkes, des irischen und der einheimischen Völker in Lateinamerika steht. Die 6. Internationale Konferenz gegen das Verschwindenlassen betrachtet den Widerstand der unterdrückten Nationen gegen den Kolonialismus, ihren Kampf jeglicher Art und Weise für grundlegende nationale Rechte, darunter auch das Recht auf Gründung eines eigenen Staates, das Recht auf Religion und Kultur, als den legitimierten Kampf dieser Nation, der einem Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts der Völker gleichkommt. Die Konferenz ruft die Arbeiter und Werktätigen eines Staates, der andere Nationen unterdrückt, die Völker der Welt, die demokratischen Massenorganisationen und Menschenrechtsorganisationen dazu auf, diesen legitimierten nationalen Befreiungskampf der unterdrückten Kolonialnationen zu respektieren und zu verteidigen.
Die 6. Internationale Konferenz gegen das Verschwindenlassen betrachtet das Verbot der gegen die imperialistischen Staaten Widerstand leistenden nationalen Bewegungsorganisationen, die als “Terrororganisationen” eingestuft werden, als offene Unterstützung der Kolonialstaaten und unterstützt den Kampf gegen die Politik der “Listen von Terrororganisationen” und “Schwarzen Listen”.
Die 6. Internationale Konferenz gegen das Verschwindenlassen stellt fest, dass die Angriffe auf die demokratischen Rechte und Freiheiten der Flüchtlinge und Migranten, die nach Europa, der sogenannten Wiege der Demokratie, aufgrund von imperialistischen Kriegen, Besetzungen und Angriffen auf nationale Befreiungskämpfe kamen, verstärkt fortgesetzt werden. Die Konferenz verurteilt das Verbrennen von Migranten auf Polizeistationen, das Ermorden auf offener Straße und den Zustand in den Flüchtlingsheimen, in denen die Menschen wie Geiseln festgehalten werden. Sie verurteilt das Verschwindenlassen und die Ermordung des ETA-Militant, Jon Anza, durch den französischen Imperialismus und verlangt die Bestrafung der Verantwortlichen. Die 6. Internationale Konferenz gegen das Verschwindenlassen gibt bekannt, dass sie sich mit allen revolutionären politischen Gefangenen, die während der Klassenkämpfe und nationalen Befreiungskämpfe ins Gefängnis geworfen wurden, solidarisch zeigt.
Die 6. Internationale Konferenz gegen das Verschwindenlassen stellt fest, dass Frauen am meisten von Menschenrechtsverletzungen und Verschwindenlassen unter Haft betroffen sind.Hier gibt die Konferenz bekannt, dass sie sich am Kampf gegen jegliche Gewalt an Frauen und ihren Körpern in imperialistischen Kriegen und bei Angriffen gegen die Völker von unterdrückten Nationen beteiligen wird.
Die 6. Internationale Konferenz gegen das Verschwindenlassen unterstützt mit voller Kraft die Kämpfe in Nordkurdistan und Kolumbien zur Aushebung der Massengräber, die ein Resultat der Politik des Verschwindenlassens sind. Die Konferenz findet es wichtig, dass dieser Kampf auch in jenen Ländern geführt wird, in denen es Massen an Verschwundenen gibt.
Die 6. Internationale Konferenz gegen das Verschwindenlassen entscheidet, dass die Angehörigen von Verschwundenen, die Menschenrechtsorganisationen und Konferenzteilnehmer, die den Kampf gegen das Verschwindenlassen führen, eine engere Beziehung und geregelteren Kontakt pflegen und somit den Kampf gegen das Verschwindenlassen unter Haft gemeinsam gezielt stärken. Die 6. Internationale Konferenz gegen das Verschwindenlassen erkennt jede Forderung nach Recht und Gerechtigkeit wie am Beispiel der Opfer von Menschenrechtsverletzungen und Angehörigen von Verschwundenen in Argentinien an. Die Konferenz glaubt, dass der Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen und das Verschwindenlassen unter Haft nur auf einer legitimen-praktischen Kampflinie zum Erfolg geführt werden kann.
Die 6. Internationale Konferenz gegen das Verschwindenlassen verweist auf die Wichtigkeit, dass die Aktionen zu den Internationalen Wochen gegen das Verschwindenlassen vom 17.-31. Mai als Hebel für den Kampf gegen das Verschwindenlassen unter Haft organisiert werden müssen. Die 6. Internationale Konferenz gegen das Verschwindenlassen betont die Wichtigkeit, dass der Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen und das Verschwindenlassen unter Haft aus mehr als nur Bericht Erstatten und Protestieren besteht und dass die Beispiele Madres de la Plaza de Mayo in Argentinien und die Samstagsmütter in der Türkei vermehrt werden müssen, um wirkliche Resultate zu erzielen. Die Konferenz glaubt daran, dass der Kampf gestärkt werden muss, damit es ein Ende aller Menschenrechtsverletzungen und des Verschwindenlassens unter Haft geben kann und alle Verantwortlichen Rechenschaften ablegen. Die Konferenz ruft jeden dazu auf, sich am Kampf dafür zu beteiligen!
Die 6. Internationale Konferenz gegen das Verschwindenlassen war eine Gelegenheit des Zusammentreffens für die Angehörigen der Verschwundenen verschiedener Nationen, deren Sprachen und Hintergründe verschieden sind, aber deren Schmerzen und Wut dieselbe Quelle tragen. Die Konferenz sendet allen Menschenrechtsverteidigern und Angehörigen von Verschwundenen weltweit, die Hauptglied des Kampfes gegen Menschenrechtsverletzungen und Verschwindenlassens unter Haft sind, herzlichste Grüße.
6. Internationale Konferenz gegen das Verschwindenlassen
9.-12. Dezember 2010, London
www.icad-int.org