Freitag reagiert auch meine Anwältin auf mein Schreiben, indem sie den stellvertretenden Anstaltsleiter der JVA Torgau anrief, um zu erreichen, dass mir zumindest meine Verteidigungsunterlagen von der Kammer herausgegeben werden.
Dies gelang! Mir wurden am Vormittag auch jede Menge andere wichtige Sachen, ….. herausgegeben. Ich erhielt sämtliche Aktenordner, 3 Bücher, alle schriftlichen Unterlagen wie Briefe aus meiner Anklagebox.
Aber das Radio, Schreibmaschine, Poster (z.B. zur Abschaffung der §§ 129 und für die Freilassung aller politischen Gefangenen) erhielt ich nicht. Auch keine Zeitschriften, wie z. B. die „Entfesselt“ oder die „Rote Hilfe“ – Zeitung. Die Plakate sahen sich die Beamten aber an und meinten, das brauche ich auf der Zugangsstation nicht. Eine Leiste zum Anbringen über dem Bett ist aber vorhanden.
Zur Sicherheit, als Rückversicherung und Beleg steht mir auch wieder das Blaupapier zur Verfügung, z. B. beim Schreiben von Briefen oder Anträgen.
Es ist ganz gut, nicht alleine zu liegen, sondern hier 2 Mitgefangene zu haben. Der eine sei zwar ausdrücklich nicht rechts, gibt aber immer wieder faschistische Äußerungen von sich. Mit einem Lächeln meint er ab und zu, aus dem und dem hätte man Lampenschirme machen sollen, wie dies mit der Haut von Juden in der Zeit des Holocaust geschehen sei. Das sind bei ihm anscheinend solche ganz „blöde Angewohnheiten“. Wir sprachen darüber. Er lässt es aber trotzdem nicht sein.
Auf Dauer mit solchen Gefangenen zusammen zu sein, wäre für mich nicht denkbar.
In der Hauptverhandlung (HV) geht es um die Anklage wegen:
Schaufensterscheibe eines Werbeateliers einwerfen, versuchter Einbruch in einen Computerladen, Widerstand (blaue Flecke am Arm des Beamten, weil der mich grob anfasste, also mich fixieren wollte), die wollten aufs Revier fahren, weil ich nur einen Schülerausweis der Berufsschule bei mir trug (was denen nicht genügte) und wegen Grafitti`s an Baumarkt, Lidl und Wohnungshauswand mit dem Inhalt „Naziaufmarsch am 17. 10. 2009 in Leipzig verhindern“.
Die TAZ erhielt ich hier erstmalig am Freitag. Heute übergab mir der Beamte die vorausgegangenen Ausgaben, die noch nach Leipzig zugestellt wurden.
Zum Mittag las ich meinen Mitgefangenen den TAZ-Artikel vom 24. 2. über Finni vor. Sie waren auch sehr verwundert über seine Haltung im Isolationskäfig in Celle.
Der Schluss des Artikels gefällt mir.
Für Finni wünsche ich mir, dass er Hilfe erhält, dass sich dort Menschen melden, wie Pflegepersonal, Reha-Fachkräfte, Therapeuten, um ihn bei der sogenannten „Wiedereingliederung“ zu helfen. Ich stelle mir vor, er wird kaum hundert Meter laufen können oder er wäre überfordert mit den vielen Reizen von draußen, wie die Gesellschaft funktioniert, das Bahnfahren, Einkaufen, das Führen eines Haushaltes.
Er wird es meiner Erfahrung sehr schwer haben, wenn er im November 2011 plötzlich aus der JVA rausgeschmissen wird. Hier hat das gesamte Justizsystem trotz der eindeutigen Regelung im Gesetz von vorn bis hinten wieder mal versagt!
Ich hoffe jedenfalls sehr, dass er nun nach dem Artikel die benötigten Hilfen und vielleicht auch Freiheiten erhält, bis er endlich in die ihm seit 16 Jahren unbekannte Freiheit entlassen wird.
Liebe Grüße, Dein Tommy