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Ausbeutung hinter Gittern

Peter Nowak über Millionengewinne aus Knastarbeit und den neuen Häftlingsstreik in Hessen nd 4.3.

Am 1. März haben Gefangene der Justizvollzugsanstalt (JVA) Butzbach ihren Hunger- und Bummelstreik wieder aufgenommen. In einem Brief an die Linksfraktion im hessischen Landtag betonte Jörg Rößner, dass sie sich nicht als Gefängnisinsassen, sondern »inhaftierte Gewerkschafter« verstehen.

Rößner ist der Butzbacher Sprecher der bundesweiten Gefangenengewerkschaft. Sie war im Frühjahr 2014 in der JVA Tegel gegründet worden. Mittlerweile zählt sie 800 Mitglieder in ca. zwölf Gefängnissen bundesweit. Die zentralen Forderungen sind ein Mindestlohn für Beschäftigte im Gefängnis sowie ihre Einbeziehung in die Rentenversicherung. In Butzbach waren dafür bereits im Herbst 2015 Gefangene in einen kombinierten Hunger- und Bummelstreik getreten. Sie forderten auch direkte Verhandlungen mit den politisch Verantwortlichen im grün-schwarz regierten Hessen. Mitte Dezember setzten sie ihre Aktion aus. Weil die Politiker nicht reagierten, wurde der Protest nun wieder aufgenommen.

In einer Petition, die von 128 der knapp 300 Gefangenen in Butzbach unterzeichnet wurde, bekräftigen sie ihre gewerkschaftlichen Forderungen. Neben dem Mindestlohn und der Einbeziehung in die Sozialversicherung streiten sie auch für die Aufhebung der Arbeitspflicht im Gefängnis und die grundgesetzlich geschützte Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit hinter Gittern. Die hessische Landesregierung lehnt diese Forderungen jedoch ebenso wie Politiker anderer Bundesländer ab und erklärt, es gäbe keine regulären Arbeitsverhältnisse im Gefängnis. Außerdem wird von Seiten der Politik oft bestritten, dass aus der Arbeit im Knast Gewinne erzielt werden.

Doch dieses Argument will die Gefangenengewerkschaft mit der Veröffentlichung der Jahresbilanz 2015 der JVA Butzbach entkräften. Demnach betrug der Gewinn allein in der Gefängnisschlosserei im letzten Jahr fast drei Millionen Euro, geht aus dem »nd« vorliegenden Dokument hervor. In der Werkstatt sind acht Gefangene mit der Herstellung von Hängematten für hessische Spielplätze beschäftigt.

Oliver Rast, Sprecher der Gefangenengewerkschaft, rechnet nicht mit einer schnellen Einigung. »Die Kollegen hinter Gittern stellen sich auf eine längere Auseinandersetzung ein und werden ihre Aktion nicht so schnell beenden.« Die Aktion könnte sich sogar ausweiten, kündigt er an. So werde in der JVA Kassel »sehr interessiert« beobachtet, was in Butzbach geschieht. Unterstützung kommt auch von außen. »Es ist im besten Interesse aller Lohnarbeitenden, die gegenseitige Konkurrenz zu minimieren«, erklärte Gregor Zattler vom »Netzwerk für die Rechte gefangener Arbeiterinnen und Arbeiter« gegenüber »nd«. Das Netzwerk hat sich im Herbst 2015 gegründet.